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Saudi-Arabien überrascht die Ölmärkte mit Zugeständnissen an Russland – WTI steigt über die 50-Dollar-Marke

Das Königreich nimmt eigenmächtig erhebliche Mengen an Öl vom Markt und erlaubt Russland, mehr zu fördern. Die Ölpreise steigen auf ein Zehn-Monats-Hoch.

Für Russlands Präsident Wladimir Putin ist es ein Erfolg: Sein Land kann ab Februar mehr Öl fördern – und die Kosten für die Stabilisierung des heimischen Ölmarkts trägt Saudi-Arabien. So lassen sich die Beschlüsse des Opec-plus-Gipfels zusammenfassen, auf die sich die Ölminister der 23 Mitgliedstaaten am Dienstagabend nach zwei Tagen zäher Verhandlungen verständigt haben.

Für Saudi-Arabien ist das Ergebnis des Opec-Gipfels eine Kehrtwende: Der saudische Ölminister Prinz Abdulaziz bin Salman hatte in der Vergangenheit stets betont, dass sein Land nicht länger bereit sei, die Ölpreise im Alleingang zu stützen. Diese Aussagen sind nun Makulatur.

Konkret haben die Opec-plus-Staaten beschlossen, im Februar und März rund sieben Prozent des weltweiten Ölangebots vom Markt zu nehmen – damit ändert sich im Vergleich zu einem im Dezember geschlossenen Deal auf den ersten Blick nichts. Doch bei einer Pressekonferenz am Dienstagabend kündigte bin Salman an, dass Saudi-Arabien zusätzlich eine Million Barrel pro Tag im Zeitraum von Februar und März im Boden lässt. Ein Barrel entspricht circa 159 Litern. Gleichzeitig gesteht die erweiterte Opec-plus-Allianz Russland und Kasachstan zu, etwas mehr Öl zu fördern.

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Die Märkte reagierten am Mittwoch positiv: Der Preis für Öl der Nordseesorte Brent stieg um rund ein Prozent auf über 54 Dollar pro Barrel. Die US-Sorte WTI verteuerte sich auf rund 50 Dollar. Die Entscheidung der Saudis für eine zusätzliche freiwillige Förderkürzung werde den Ölpreis weiter stützen, sagt etwa Giovanni Staunovo, Rohstoffexperte bei der Schweizer Großbank UBS: „Wir werden eine Bewegung von Brent-Öl in Richtung 60 Dollar pro Barrel noch in diesem Jahr sehen“, ist er überzeugt.

„Geschenk für die Ölmärkte“

Bin Salman pries die eigenmächtige Produktionskürzung als Geschenk der Saudis an die Ölmärkte. „Wir haben uns mit niemandem abgesprochen. Es war unsere Idee“, sagte er zu der Entscheidung. Es sei nötig, präventiv zu agieren: So will das Königreich vorbereitet sein, falls steigende Corona-Fallzahlen nochmals die Ölnachfrage einbrechen lassen.

Der russische Ölminister Alexander Novak bezeichnete die Entscheidung als „großartiges Neujahrsgeschenk für die gesamte Ölindustrie“. Hinter verschlossenen Türen soll Novak seinen saudischen Amtskollegen gebeten haben, keinen Alleingang zu riskieren, berichtet etwa die Nachrichtenagentur Bloomberg. Denn Russland befürchtet, dass die Produktionskürzungen auch der brachliegenden US-Schieferölindustrie zu einem aus Sicht der Opec plus unerwünscht schnellen Comeback verhelfen. Zudem könnten die Zugeständnisse an Russland neuen Zwist innerhalb des Ölkartells säen.

Helima Croft, Opec-Expertin bei der Investmentbank RBC Capital Markets, sagte zum Alleingang der Saudis: „Der Schritt hat viele Marktteilnehmer auf dem falschen Fuß erwischt.“ Die meisten seien im Vorfeld des Opec-plus-Gipfels davon ausgegangen, dass die im Dezember festgelegten Förderkürzungen einfach weitergeführt würden.

Die Überraschung war wohl kalkuliert: Der saudische Ölminister dürfte damit vor allem Investoren im Blick gehabt haben, die angesichts weltweit steigender Corona-Fallzahlen und neuer Lockdowns auf fallende Ölpreise gesetzt hatten. Bin Salman pflegt eine ähnliche starke Abneigung gegenüber Shortsellern wie Tesla-Chef Elon Musk: Im September 2020 warnte bin Salman, er werde Investoren, die auf fallende Preise setzen, „höllisch wehtun“.

Doch am Ölmarkt wird der Strategieschwenk der Saudis bei Weitem nicht von allen als Signal der Stärke gesehen. So sagt UBS-Stratege Staunovo: „Die Zugeständnisse an Russland zeigen, dass es sich die Opec nicht erlauben kann, dass Russland ausschert.“ Russland hatte gefordert, dass die Opec-plus-Allianz die Produktion um 500.000 Barrel pro Tag anhebt. Damit hat sich der russische Energieminister Novak zwar nicht durchgesetzt. Doch für sein Land sowie Kasachstan hat er höhere Fördermengen durchgeboxt, mit denen die beiden Länder ihre Marktanteile verteidigen können.

Strategieschwenk könnte zum Bumerang werden

Bei den übrigen Opec-Mitgliedern dürfte dieser Kompromiss jedoch auf Unverständnis stoßen, meint Staunovo. „Es werden ausgerechnet zwei Länder belohnt, die sich in der Vergangenheit nicht an die Förderquoten gehalten haben.“ Das könnte dazu führen, dass bei anderen Mitgliedern des Kartells die Disziplin nachlässt, sich an die Förderquoten zu halten.

Carsten Fritsch, Ölmarktexperte bei der Commerzbank, erwartet ebenfalls, dass sich der Alleingang der Saudis „zum Bumerang entwickeln“ könnte. „Dadurch wird das Bohren nach Schieferöl in den USA wieder attraktiv.“ UBS-Analyst Staunovo ergänzt: „Das war sicher ein freudiger Tag in Texas.“

Die Verantwortlichen riskierten, die gleichen Fehler aus der Vergangenheit zu wiederholen. Einseitige Produktionskürzungen der Saudis galten in den vergangenen Jahren vielfach als Überlebenshilfe für die hochverschuldete US-Schieferölindustrie. Die Strategie der Russen, das Angebot etwas zu erhöhen, um den Druck auf die US-Konkurrenz hoch zu halten und Marktanteile zu sichern, lässt sich so nur noch schwer umsetzen.

Zumal ein neues Überangebot droht, sollte die US-Schieferölindustrie wieder wachsen und gleichzeitig der Iran – von Sanktionen befreit – an den Ölmarkt zurückkehren. Dann drohe spätestens im Frühjahr ein Überangebot, warnt Fritsch.

Allein: Auf fallende Ölpreise zu setzen ist extrem riskant. Saudi-Arabien, das hat der jüngste Opec-plus-Gipfel gezeigt, ist immer für eine Überraschung gut.