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Den Sanktionen getrotzt – so entwickeln sich Messen in Russland

Hinter Putins Prachtschlitten lässt sich eine Menge verstecken: Auf dem Internationalen Moskauer Autosalon im Sommer 2018 war der gut sechseinhalb Meter lange Aurus Senat Publikumsmagnet. Die Weltpremiere der Luxuslimousine konnte jedoch die enttäuschende Performance der Automesse kaum kaschieren.

Die deutschen Premium-Marken Mercedes, BMW und Audi hatten ihre Teilnahme ebenso abgesagt wie Toyota, Mitsubishi und Nissan. Um die Bezeichnung „international“ zu rechtfertigen, mussten Chinesen, Aserbaidschaner und Iraner aushelfen. Das Publikum quittierte das Fernbleiben der Topaussteller mit mäßigem Interesse.

Der Moskauer Autosalon gehörte einst zur A-Kategorie der großen Automobilmessen weltweit. Mehrere Krisen auf dem russischen Pkw-Markt haben den Standort schwer getroffen. Befeuert wurden diese auch von den Sanktionen – obwohl diese den Autosektor nicht direkt betrafen. So gab es von westlicher Seite Einschränkungen in der Finanzbranche und im Hochtechnologieexport, von russischer Seite ein Lebensmittelembargo. Lebensstandard und Konsum in Russland sind seither gesunken.

Zu Beginn 2016 zogen sich viele westliche Aussteller von russischen Messen zurück, Veranstalter notierten damals einen Rückgang von 20 bis 30 Prozent bei Besuchern und Ausstellern. Besonders betroffen waren Messen für Lebensmittel oder Hightech, aber auch Textilmessen, wo das zeitweilige russisch-türkische Zerwürfnis für Probleme sorgte. Beim Autosalon kommt eine gewisse Ermüdung mit dem Messeformat insgesamt hinzu. Die vom Branchenriesen ITE Group im Zweijahresrhythmus organisierte Messe hat seit einiger Zeit mit Problemen zu kämpfen. Nun bekommt der Autosalon auch noch Konkurrenz aus Sotschi.

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Dort startet in diesem Sommer das „Festival of Motoring“. Für die Messe Frankfurt als Organisator ist das durchaus ein Abenteuer, wie Russlandchef Eugen Alles gesteht: „Das ist eine reine B2C-Veranstaltung, ein Bereich, in dem wir uns weltweit neu positionieren.“ Statische Veranstaltungen verlieren gerade bei Automobilmessen an Popularität. In Sotschi, wo es die Formel-1-Strecke gibt, sollen Unterhaltung und Festivalcharakter in den Vordergrund rücken, um mehr Teilnehmer zu locken.

Eugen Alles ist zuversichtlich, dass das neue Konzept aufgeht. So haben für Sotschi bereits eine Reihe hochkarätiger Marken, die in Moskau vor einem Jahr fehlten, zugesagt: Mercedes, BMW, die VW-Premiummarken Audi und Porsche oder Land Rovers Aushängeschild Jaguar. Die Ausstellung wird zudem durch Testfahrten und Rennen im Tourismusgebiet am Schwarzen Meer aufgelockert.

Ansonsten ist das Messegeschäft in Russland weiter sehr moskaulastig – und fragmentiert. 950 Messen für Geschäftskunden gibt es in Russland, organisiert von 250 Messegesellschaften, über 140 davon haben ihren Sitz in Moskau. Der Gesamtumsatz beläuft sich laut Sergej Bednow, Generaldirektor des Moskauer Messegeländes Expozentr, auf jährlich 800 Millionen Dollar, das entspricht weltweit Platz sieben. Bednow beklagt, es gebe zu wenige Ausstellungsflächen in Russland. Es sind nur zwei Prozent der Geländefläche weltweit.

Die meisten modernen Messezentren liegen in Moskau, die Regionen haben noch Nachholbedarf – mit Ausnahme von St. Petersburg, wo für das von Wladimir Putin protegierte Internationale Petersburger Wirtschaftsforum ein nagelneues Messezentrum aus dem Boden gestampft wurde.

Auch deutsche Messefirmen sind in Russland seit Langem aktiv. Den Anfang machte die Messe Düsseldorf, die bereits zu Sowjetzeiten eine Vertretung in Moskau eröffnete. Bis heute ist Russland einer der wichtigsten Auslandsmärkte für die Düsseldorfer Messe, vier der größten Auslandsmessen veranstaltet sie in Moskau. Insgesamt sind es in Russland bis zu 20 Messen im Jahr, etwa die führende Bergbaumesse Ugol Rossii & Mining im sibirischen Nowokusnezk.

Deutsche Messen aktiv

Thomas Stenzel, Russlandchef der Messe Düsseldorf, sieht in den Regionen noch großes Wachstumspotenzial, auch wenn Messeorganisatoren etwa in Sibirien längere Transportwege und höhere Transportkosten einkalkulieren müssten. Das wiederum erhöhe die Preise für Aussteller. Für die Firmen sei es daher in Russland wichtiger, genau zu kalkulieren und die richtige Messe auszuwählen, um Erfolg zu haben, meint Stenzel.

Seit 2001 ist die Messe Frankfurt in Russland. Als erste internationale Messegesellschaft zog sie 2004 in das neue Messezentrum Krokus am Moskauer Autobahnring. „Das war am Anfang schwierig, denn die hatten zwar ein modernes Messegelände, aber keine Anbindung.

So mussten wir Zubringer von Metro-Stationen in der Stadt organisieren“, erinnert sich Alles. Mittlerweile hat die Messe Frankfurt in Russland mehr als 100 Mitarbeiter und veranstaltet jährlich 13 Messen. Gleichzeitig haben die Frankfurter seit 2007 stets Gewinne erwirtschaftet, 2018 lagen die Einnahmen bei zwölf Millionen Euro.

Die Deutsche Messe aus Hannover ist erst seit 2011 in Russland, hat sich aber trotz Sanktionen seither stetig weiterentwickelt – etwa mit der Organisation regionaler Messen im Ural. Internationale Veranstalter müssen in Russland generell mit einer größeren Spontaneität und weniger Konstanz bei den Ausstellern fertigwerden. Trotzdem gilt das Messegeschäft in Russland als sehr lukrativ.

Auch wenn die Sanktionen für alle Veranstalter einen Einschnitt bedeuteten: Inzwischen geht es wieder aufwärts. Gerade Aussteller aus Asien drängen nun verstärkt nach Moskau.