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San Francisco riegelt sich ab – Report aus einer Geisterstadt

Rund um das Silicon Valley trifft die Ausgangssperre fast sieben Millionen Menschen. Sie dürfen nur in Ausnahmefällen vor die Tür, selbst für Spaziergänge gibt es Auflagen.

Die einschränkenden Effekte der Coronakrise sind mittlerweile auch im sonnigen Kalifornien, dem US-Bundesstaat mit florierender Sport- und auch Start-up-Kultur, angekommen. Die Anordnung heißt: Zuhause bleiben!

Die Menschen in San Francisco, Alameda und Contra Costa, in Marin, Santa Clara, San Mateo und Santa Cruz werden aufgefordert, ihre Wohnungen oder Häusern nur aus unaufschiebbaren Gründen verlassen. Dazu gehören Arztbesuche, aber auch Lebensmittelkäufe, Bankbesuche oder Pflegebesuche bei Angehörigen.

Spaziergänge im Freien sind erlaubt, aber nur allein oder mit einem Partner, der mindestens 1,80 Meter Abstand halten muss. Die Ausgangssperre gilt bis zum 7. April – und kann jederzeit verlängert oder verkürzt werden.

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Die Anweisungen sind ähnlich wie bereits in Italien und Frankreich: Geschäfte werden zwangsweise geschlossen oder müssen ihre Abläufe ändern. In Restaurants sind nur noch Bestellungen zur Essensauslieferung oder Abholung gestattet.

Platz nehmen darf niemand mehr. Lebensmittelläden, Apotheken oder Banken müssen hingegen geöffnet bleiben. Cafés können öffnen, wenn sie nur noch Kaffee zum Mitnehmen verkaufen. Verstöße können „strafrechtlich geahndet werden“, auch wenn San Francisco Bürgermeisterin London Breed betonte, das sei nur „das letzte Mittel“, um Uneinsichtige zur Vernunft zu bringen.

Breeds Anordnungen gehen weit über das hinaus, was im Rest der USA, und bislang auch im Silicon Valley, als „social distancing“ bezeichnet wird. Große Ansammlungen von Menschen sollen gemieden werden, man soll niemandem zu nahekommen. Das drastische Durchgreifen hat einen Grund: In ganz Kalifornien gibt bereits mehr als 335 bestätigte Infektionen. Ein Drittel der Infektionen zählt allein Santa Clara County, das Herz des Silicon Valley.

„In meinem Leben habe ich noch nichts erlebt, was dem auch nur irgendwie nahekommt“, so Robert Siegel, Professor für Mikrobiologie und Immunologie an der Stanford-Universität, in der „Mercury News“. Sara Cody vom Santa Clara Gesundheitsdienst stimmt dem zu: „Das ist beispiellos. Ich dachte, die am Freitag getroffenen Maßnahmen seien schon hart. Das das ist noch einmal um Klassen schärfer“. Am Freitag waren alle Universitäten und Schulen geschlossen und Versammlungen von mehr als 100 Menschen verboten worden.

Start-ups müssen haushalten

Die verwöhnten High-Tech- und Start-Up-Beschäftigten bekommen Panik. Nach einem schwarzen Montag an Wall Street ist klar, dass Börsengänge bis auf weiteres undenkbar sind. Es heißt, den Gürtel enger schnallen, lassen die Investoren ihre Gründer wissen. Kommt mit eurem Geld aus, mehr gibt es erstmal nicht.

Die Westküstenmetropole San Francisco ist zur Geisterstadt mutiert. Die weltberühmten und sonst von Touristenschlangen umlagerten Cable Cars verlassen die Powell Street-Station leer, auf der Einkaufsstraße ist die Hälfte der Geschäfte geschlossen.

Am Union Square, dem Herzen von Downtown, haben schon am Montag vorauseilend die Kundenmagneten Apple und Nike geschlossen. Von den mondänen Modegeschäften auf der Post Street sind ebenfalls die meisten verrammelt mit Schildern, man habe „bis auf Weiteres“ nicht mehr geöffnet.

Es fehlen die Touristen und auch die Angestellten, die sonst aus den Bürotürmen der Stadt mittags in die Restaurants und Bars strömen. Viele von ihnen arbeiten von Zuhause. Auch das Veranstaltungscenter Moscone Center liegt still und verwaist. Alle Kongresse und Messen sind abgesagt, was die Geschäfte und Hotels der Stadt nach Schätzungen der Touristikbehörde bis Jahresende mindestens 128 Millionen Dollar Umsatz kosten wird.

Hinzu kommt das Fernbleiben der Touristen. Es gibt ja nichts mehr zu sehen. Selbst Alcatraz ist geschlossen. Die sonst unbezahlbaren Hotels in der Innenstadt sehen aus wie riesige Gespensterhäuser, mit einem einsamen Licht irgendwo in der Fassade.

Öffentliche Begegnungsstätten und Büchereien sind für den Publikumsverkehr geschlossen. Hier werden kostenlose Kindertagesstätten für den Nachwuchs von medizinischem Personal oder Menschen mit unverzichtbaren Berufen eingerichtet, so wie etwa Feuerwehr und Polizei.

Der Supermarktriese Safeway hat angekündigt, er wolle alleine 2.000 Mitarbeiter nur in Nordkalifornien einstellen. Bei Bedienungen, an den Kassen, als Lieferfahrer und zum Wiederauffüllen der Regale würden dringend Mitarbeiter gesucht. Es ist ja nicht so, als ob keine Ware mehr da sei. Die Läger seien voll, so Safeway. Es kommt alles nur nicht schnell genug dahin, wo es gebraucht wird.

Niemand will mehr bestellen

Bei McDonalds auf der Poststraße in San Francisco ist derweilen schon am Mittag bleierne Ruhe eingekehrt. Mitarbeiter wischen nach jedem Kunden, der an einem der Digitalkioske seinen Big Mac bestellt hat, das gesamte Gerät sorgfältig mit Desinfektionsmittel ab. Aber niemand will mehr bestellen. Wer weiß, wer da schon draufgetatscht hat.

Das Curran Theater auf der Musical-Meile Geary Street hatte eigentlich gehofft, mit „Harry Potter and the Cursed Child“ einen Riesenerfolg zu landen. Nun ist es verwaist, Schilder weisen darauf hin, dass alle Inhaber der Karten, die ab 150 Dollar zu haben sind, demnächst benachrichtigt würden. In Hollywood in Los Angeles stellen immer mehr Studios ihre Produktionen für Disney, Netflix und Co. ein. Wo soll man die Filme zeigen? Kinos sind alle zu und niemand weiß, wann sie wieder aufmachen werden.

Noch gibt es theoretisch einen Ausweg: Wer nicht von der Polizei angehalten wird, weil er die Stadt verlassen will, könnte es bis ins 60 Minuten entfernte Napa Valley schaffen, wo die strengen Regeln so noch nicht gelten. Hier, in der Weinhauptstadt Kaliforniens, gibt es bislang keinen einzigen bestätigten Coronavirus-Fall. Dafür locken Weinverkostungen und Feinschmeckerrestaurants. Zumindest jetzt noch. Oder man wird eingeladen zu kleinen Hauspartys – mit dem Gefühl: Let's party wie auf der Titanic.