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Samsungs digitaler Schmetterling – Apple-Konkurrent präsentiert faltbares Smartphone

Samsung stellt in San Francisco das Galaxy Fold vor – ein Smartphone, das sich zum Tablet auffalten lässt. Damit will man Huawei zuvorkommen.

DJ Koh wühlt im Inneren seines Jacketts. Dann zieht der Präsident und CEO von Samsung Electronics ein silbernes Gerät heraus, hält es hoch, wie ein Zauberer das Kaninchen, und faltet es auf. Das Smartphone verwandelt sich in ein Tablet. Raunen geht durch den vollbesetzten Saal. Koh schreitet über die Bühne. Allen Skeptikern, die immer behaupteten, die Smartphone-Ära sei vorbei, werde er das Gegenteil beweisen, sagt der Koreaner selbstbewusst. „Macht Euch bereit für den Beginn einer neuen Ära.“

Für die große Show lädt der weltgrößte Smartphone-Hersteller ausgerechnet ins Bill Graham Auditorium nach Downtown San Francisco. Hier präsentierte Apple traditionell seine iPhones, bevor es ins Steve Jobs Theatre nach Cupertino umzog. Wie kein anderer perfektionierte der iKonzern die Strategie, Märkte umzukrempeln oder neu zu erfinden.

Alles Vergangenheit, verspricht Samsung und stellt mit dem Galaxy Fold sein erstes flexibles Telefon vor, das es ab dem 26. April in den USA und Korea, ab Mitte des Jahres auch in Deutschland verkaufen will.

Die Ära der faltbaren Telefone beginnt. Das Galaxy Fold, geschlossen ein Smartphone, geöffnet ein Tablet, könnte zum „Game Changer“ für die schwächelnde Handy-Industrie werden, urteilt Werner Goertz vom US- Markforscher Gartner. Die Verkaufszahlen gaben global 2018 um vier Prozent nach, errechnete International Data Corporation (IDC), Samsung verlor sogar acht Prozent. Die Branche sehnt nach dem Ende des Booms einen neuen Aufschwung herbei.

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Noch ist unklar, wie groß der Markt für das Faltphone tatsächlich wird oder ob die Kunden nach einem kurzen Hype nicht eher das Interesse verlieren. Das Galaxy Fold dürfte zunächst nur einen limitierten Markt ansprechen, schätzt Ramon Llamas von IDC, auch angesichts des Preises von 2000 Dollar, der selbst die happige Summe von 1449 Dollar übersteigt, die Apple für das neue iPhone XS Max verlangt.

Zuletzt schreckten Kunden gerade vor den teuren Premium-Telefonen zurück. 2018 kamen Modelle über 1000 Dollar laut IHS Markit 2018 nur auf einen Marktanteil von fünf Prozent. Die Apple-Verkäufe brachen laut Gartner um mehr als 11 Prozent ein, Samsung verlor acht Prozent.

„Flexible Bildschirme stehen noch ganz am Anfang“, urteilt denn auch Kai Beckmann, CEO des Bereichs Performance Materials beim Pharma- und Chemieunternehmen Merck, das ebenfalls OLED-Materialien produziert. „Doch wir werden bald Anwendungen sehen, die einen richtigen Durchbruch darstellen.“

An Ehrgeiz mangelt es Samsung nicht. „Die Zukunft entfaltet sich“, verspricht ein schwarzweißer gebogener Schriftzug auf dem Bühnenhintergrund vor Beginn der Präsentation. Doch die Haupterlöse macht Samsung auf absehbare Zeit mit den regulären Handys. In San Francisco stellte Smartphone-Chef Koh neben dem Falt-Smartphone auch die neue, aufgehübschte Generation Galaxy S10, Galaxy S10+ und Galaxy Se vor.

Zwei Milliarden Galaxy-Modelle habe sein Unternehmen in den vergangenen zehn Jahren verkauft, so Koh. In den Bilanzen seines Unternehmens findet sich der Trend jedoch nicht wieder. Im wichtigen Kerngeschäft musste Samsung im vierten Quartal einen Umsatzrückgang von zehn Prozent und einen Minus von 31 Prozent beim Gewinn hinnehmen. „Das faltbare Telefon soll zeigen, dass der Name Samsung nach wie vor für Innovationen steht“, urteilt Gartner-Analyst Goertz.

Das Faltphone-Fieber hat die Branche erfasst

Die IT-Riesen hat ein regelrechtes Faltphone-Fieber gepackt. Sie versuchen, sich mit ihren Ankündigungen zu übertreffen. Mit dem „Unpacked”-Event in Kalifornien wollte Samsung der Konkurrenz zuvorkommen, die eigene Flex-Geräte ab Ende der Woche beim Mobile World Congress (MWC) in Barcelona vorstellt.

Der chinesische Telekommunikationsgigant Huawei kündigte bereits ein Handy mit faltbarem Display an. Xiamoni und Lenovo, ebenfalls aus China, zeigten Prototypen, LG rollbare OLED-Bildschirme und Fernseher. Apple hält sich zwar prinzipiell von Großevents fern, soll jedoch ebenfalls an flexiblen Displays arbeiten.

Branchenexperten haben die vorläufigen Gewinner des Wettrennens bereits ausgemacht. „Samsung Electronics und Huawei werden bei dieser Innovation wahrscheinlich führend sein“, prophezeit Jusy Hong, Direktor des Marktforschers IHS Markit. Die Chinesen drohen Apple als zweitgrößter Smartphone-Fabrikant abzulösen und setzt auch Samsung unter Druck. Besonders in China, Westeuropa und Lateinamerika verlor der koreanische Konzern Anteile an die Rivalen aus der Volksrepublik, die mit günstigeren Produkten in den Markt drängen.

Bei den Bildschirmen hat Samsung allerdings einen entscheidenden Wettbewerbsvorteil. Den Koreanern gehört der weltgrößte Produzenten von OLED-Bildschirmen für Smartphones. Damit kann das Unternehmen die Herstellung der neuen Geräteklasse gezielt steuern. Huawei kooperiert bei der Entwicklung mit dem chinesischen Display-Fabrikanten BOE.

Mehr Kameras, mehr Leistung

Die neuen Doppel-Displays stellen die Branche aber auch vor neue Herausforderungen. Flexible Telefone müssen es aushalten, wiederholt gefaltet und geknickt zu werden, erläutert Merck-Experte Beckmann. Statt herkömmlicher LC-Displays greifen Hersteller zu OLED-Lösungen, die von sich aus flexibel sind. Durch den Schichtaufbau des OLEDs ist die Oberfläche leichter faltbar und schafft mehr Platz für Akkus. Ein großes Problem stellt die Kunststoff-Oberfläche dar, die sich unter Wärme verändert und anfälliger für Kratzer ist.

Samsung beschichtet das Fold laut Justin Denison, Marketing-Chef von Samsungs Mobilsparte, mit knickbarem Polymer. Das Faltphone sei so um 50 Prozent dünner als herkömmliche Geräte, verspricht er. Die Koreaner rüsten es zudem mit zwei Akkus aus, was angesichts des Stromverbrauchs des 7,3 Zoll großen Tablet-Bildschirms durchaus nötig sein dürfte.

Der Prozessor des Galaxy Fold greift auf einen 12 Gigabyte großen Arbeitsspeicher zu, 512 Gigabyte stehen dem Besitzer für Fotos, Musik und andere Daten zur Verfügung.

Bislang könne der Fold-Besitzer mit sechs verschiedenen Kameras Fotos knipsen und Videos drehen: eine Kamera sitzt vorn, zwei auf der Innenseite und drei auf der Rückseite. Laut Jerry Kang von IHS Markit arbeiten Unternehmen aber auch an ganz neuen Materialien und Produktionsverfahren, die im Smartphone integrierte Kamera und Tastsensoren schützen. Er erwartet für die erste Generation der flexiblen Telefone 2019 einige Übergangstechnologien, darunter Objektivklappen aus Plastik und einen Tastsensor mit Metallgewebeplatte.

Um das neue Gerät fest im Markt zu positionieren, sei jedoch mehr als nur Hardware erforderlich, warnt Hong von IHS Markit. „Einfach nur das Smartphone-Display durch einen größeren Bildschirm zu ersetzen, wird die Kunden nicht dazu bringen, mehr Geld zu zahlen.“ Viele Kunden besäßen bereits zahlreiche mobile und preisgünstigere Geräte, darunter Tablet und Laptop. Zum Glänzen bringt das neue Faltphone erst die abgestimmte Software.

Bislang läuft das Galaxy Fold auf Googles Betriebssystem Android. Samsung zeigt auf der Bühne erste Beispiele für integrierte Apps wie WhatsApp, Microsoft Office und Youtube, die für die neuen Displays optimiert sind. So springt die Ansicht von Kartendienst Google Maps in der Präsentation auf dem äußeren Smartphone-Bildschirm beim Entfalten automatisch in die Tablet-Ansicht um. Die Straßen erscheinen größer, die Ansicht genauer.

Auf dem inneren Display starten bis zu drei Apps parallel aufrufen, Nutzer können die Anwendungen in den verschieden großen Bildschirmbereichen parallel nutzen und per Fingertipp hin und her tauschen. Das sieht dann so aus: Während das Youtube-Videos läuft, chattet der Fold-Besitzer parallel mit Freunden bei WhatsApp oder googelt sich durchs Netz. Auch die Streaming-Plattform Netflix ist integriert, weiterhin kündigt Samsung eine angepasste Versionen von Microsofts Office-Apps an.

Auf die attraktive Inhalte für das faltbares Smartphone kommt es an. Die bisherige Demonstration der App-Kontinuität und des Multitaskings sei „sehr vielversprechend“, sagt der Gartner-Analyst Goertz. Doch auch Produktivitäts-Apps wie Microsoft Office oder G Suite, ein virtueller Werkzeugkasten für Web-Entwickler, müssten künftig problemlos im dualen Modus funktionieren. „Wenn wir das Galaxy Fold nutzen können, um Inhalte zu konsumieren und zu produzieren, wird das Gerät sehr großen Wert haben und sogar bahnbrechend sein.“

Mehr: Wie Samsung von den Huawei-Problemen profitieren will.