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„Ein Sammelsurium von Airlines nützt uns nichts“

Die Aktionäre der größten europäischen Fluggesellschaft sehen Handlungsbedarf bei dem Billigableger Eurowings und kritisieren weitere Zukäufe.

Auf große Lobeshymnen wartete Carsten Spohr vergeblich. Hatten die Aktionäre den Lufthansa-Chef noch vor gut einem Jahr bei ihrem Jahrestreffen in der Jahrhunderthalle in Frankfurt-Hoechst fast uneingeschränkt beklatscht, musste sich der oberste Lufthanseat am Dienstag im World Conference Center in Bonn Kritik und bohrende Fragen anhören. Vor allem die Dauerbaustelle Eurowings sorgt für Unmut.

„Eurowings war eine Katastrophe, es ist ein Sanierungsfall“, wetterte Michael Gierse, Portfoliomanager bei Union Investment. Vanessa Golz von Deka Investment sagte: „Was es braucht, ist eine klare Strategie und einen konkreten Zeitplan, um die Eurowings langfristig profitabel und wettbewerbsfähig aufzustellen.“ Und Marc Tüngler von der Aktionärsvereinigung DSW stellte gar die rhetorische Frage: „Wäre es besser gewesen, hätten wir Air Berlin nicht übernommen?“

Die Zweifel an der Idee mit dem eigenen Billigableger überraschen nicht. Eurowings flog im abgelaufenen Geschäftsjahr einen bereinigten operativen Verlust von 231 Millionen Euro ein. Konzernchef Spohr begründete das vor den Aktionären zwar mit außergewöhnlichen Gründen, etwa dem hohen Aufwand für die Integration von Teilen der insolventen Air Berlin. „Wir mussten das in Kauf nehmen. Wir haben diese einmalige Chance in der europäischen Konsolidierung genutzt und in Marktpräsenz investiert.“

Doch das erste Quartal des laufenden Jahres, in dem die Tochter ein operatives Minus von 257 Millionen Euro erwirtschaftete, zeigt in den Augen der Aktionäre, dass Eurowings auch ein hausgemachtes Problem hat. „Eurowings ist viel zu komplex“, sagte Gierse von Union Investment.

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Die reinen Billiganbieter wie Ryanair, Easyjet oder Wizz Air könnten sich komplett auf ihr Kerngeschäft konzentrieren, das könne Lufthansa nicht, kritisierte er: „Wir Aktionäre wissen gar nicht, warum Lufthansa unbedingt die Nummer drei im europäischen Billigflugsegment werden muss.“

Für die Anteilseigner ist das Thema Eurowings auch deshalb so frustrierend, weil die Verluste dort die Profitabilität im Premiumsegment mit den Marken Lufthansa, Swiss und Aua aufzehren. „Die Lufthansa hat es 2018 geschafft, mehr umzusetzen und weniger daran zu verdienen“, fasste Hendrik Schmidt von der DWS Investment GmbH das aus Investorensicht eher ernüchternde Geschäftsjahr 2018 zusammen.

Das wiederum lastet auf der Lufthansa-Aktie. Sie verlor 2018 rund ein Drittel ihres Wertes. „Sie schreiben zwar auf Seite 9 im Geschäftsbericht, dass auch die Wettbewerber der Lufthansa um bis zu 20 Prozent an Wert verloren haben. ‚Striving for Excellence‘ heißt für uns Aktionäre aber nicht, in diesem Vergleich an der Spitze zu stehen“, sagte Schmidt.

Die Probleme bei Eurowings sind für einige Anteilseigner zugleich eine dringende Mahnung, bei künftigen Übernahmen behutsam zu sein. „Es nützt uns nichts, ein Sammelsurium von Airlines zu haben“, sagte Gierse von Union Investment. Lufthansa dürfe nicht an ihrer eigenen Komplexität zugrunde gehen. Auch die geplante Übernahme von Condor lehnte er ab. „Deren Flotte ist 18 Jahre alt, Herr Spohr.“

Der Aufsichtsrat von Lufthansa hatte am Montagnachmittag den Vorstand ermächtigt, für die komplette Ferienfluggesellschaft Condor zu bieten. „Wir haben entschieden, ein Angebot abzugeben. Teil unseres Interesses ist auch die theoretische Option, für alle Airlines von Thomas Cook zu bieten“, sagte Spohr am Rande der Hauptversammlung. Der Reisekonzern Thomas Cook hatte zu Jahresbeginn seine Fluggesellschaften ins Schaufenster gestellt.

Die Skepsis gegenüber weiteren Zukäufen mag bei dem einen oder anderen Investor die Entscheidung forciert haben, dem Lufthansa-Management nicht zu viel finanziellen Spielraum geben, um an der Konsolidierung der Branche teilzunehmen.

Jedenfalls kündigten die Deka, Union Investment sowie die DWS an, dem von Lufthansa gewünschten Vorratsbeschluss für Kapitalmaßnahmen nicht zustimmen zu wollen. Das Management will ein genehmigtes Kapital mit einem nominalen Volumen von 450 Millionen Euro. Das wären immerhin 37 Prozent des Grundkapitals. „Den vorliegenden Beschluss von 37 Prozent lehnen wir ab“, stellte Golz von Deka klar.

Unter dem Strich blieb der Ton auf der Hauptversammlung der „Hansa“ bis zum Mittag allerdings sachlich. Das lag vielleicht auch daran, dass sich Konzernchef Spohr durchaus selbstkritisch zeigte.

„Wir sind mit der Entwicklung der Lufthansa-Aktie im Jahr 2018 nicht zufrieden“, sagte er. Auch aus seiner Unzufriedenheit über die Unzuverlässigkeit des Flugbetriebs im vergangenen Jahr machte er keinen Hehl. Deshalb hat der Vorstand den Ausbau des Flugangebots vorerst deutlich verlangsamt und bei Eurowings sogar ganz gestoppt: „Wir brauchen Wachstum, aber kein blindes Wachstum“, so Spohr.

Doch wie schon andere Unternehmensführungen wird auch die Lufthansa-Spitze von der diesjährigen Hauptversammlung eine Botschaft mitnehmen: Die Aktionäre schauen ihrem Management künftig genauer auf die Finger. Das zeigte sich vor allem bei dem zur Abstimmung gestellten neuen Vergütungssystem für den Vorstand, das wohl die geringste Zustimmung bekommen dürfte.

Es ist laut Lufthansa zwar transparenter und berücksichtigt beim Bonus auch Themen wie Nachhaltigkeit. Doch mit einem maximalen Bonus von 200 Prozent des Zielwertes ist es Aktionärsvertretern wie Daniel Vos von der Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger (SdK) schlicht zu üppig: „Wie man mit einem solchen Vorschlag den Mitarbeitern noch in die Augen sehen kann, weiß ich nicht.“

„Wir werden nicht in irgendwelche Höhen gehen, die nicht für Lufthansa angemessen sind“, verteidigte Aufsichtsratschef Karl Ludwig Kley den Vorschlag. Wenn es optimal laufe, werde Vorstandschef Spohr 9,5 Millionen Euro bekommen, die anderen Vorstandsmitglieder fünf Millionen Euro.

Doch auch die fehlende sogenannte Clawback-Regel stößt einigen Anteilseignern übel auf. Sie besagt, dass zum Beispiel Boni zeitlich unter Vorbehalt ausgezahlt werden und etwa bei Rechtsverstößen zurückerstattet werden müssen. Lufthansa hat zugesagt, die Aufnahme einer solchen Regel zu prüfen, sofern diese Eingang in den neuen Corporate Governance Kodex finden sollte.

„Wir haben entschieden abzuwarten“, sagte Kley. Doch einigen Aktionären ist das nicht genug. „In der Vergangenheit haben bereits einige Dax-Unternehmen in die überarbeiteten Vergütungssysteme solche Regelungen aufgenommen“, forderte Schmidt von der DWS hier mehr Engagement von Aufsichtsrat und Vorstand.

Thema Klimaschutz immer wichtiger

Und noch etwas fällt auf: Für die Aktionärsvertreter wird das Thema Klimaschutz immer wichtiger. Kaum ein Redner, der bis zum Mittag an das Pult im World Conference Center trat, ließ das Thema außen vor. Intensiv wurden Lufthansa-Chef Spohr und sein Team nach ihrer Nachhaltigkeitsstrategie gefragt.

Gierse von Union Investment etwa kritisierte mit harschen Worten, dass Lufthansa innerdeutsche Flüge von Nürnberg nach München anbietet. Und Golz von Deka fürchtet, dass Lufthansa bei einer CO2-Steuer, die derzeit politisch diskutiert wird, erhebliche Nachteile hat. „Das Flottenalter ist im Vergleich zu anderen Airlines relativ hoch, und gerade die alten Maschinen stoßen zu viel CO2 aus.“

Konzernchef Spohr ahnte wohl, dass das Thema eine größere Rolle spielen würde, und hatte es schon in seiner Auftaktrede angesprochen. Lufthansa investiere seit vielen Jahren mehr als zwei Milliarden Euro in sparsame und leise Jets, sagte er.

„Das bleibt auf absehbare Zeit unser größter Hebel, um möglichst umweltschonend zu fliegen“, so Spohr. Gleichzeitig kritisierte er die Konkurrenten für Ticketangebote ab 4,99 Euro. „So einen ökonomischen und ökologischen Unsinn macht Ihre Lufthansa nicht mit.“