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S & K-Gründer zu Haftstrafen verurteilt

Urteil im S&K-Prozess: Die Gründer der Unternehmensgruppe wurden wegen Untreue zu achteinhalb Jahren Haft verurteilt. Die Betrugsvorwürfe wurden fallengelassen – nach der Verkündung waren sie sofort auf freiem Fuß.

Die beiden Gründer des Frankfurter Immobilienunternehmens S&K sind wie erwartet wegen Untreue zu Haftstrafen verurteilt worden. Mit je achteinhalb Jahren für Stephan Schäfer und Jonas Köller blieb das Landgericht Frankfurt am Mittwoch am unteren Ende des zuvor mit Staatsanwaltschaft und Verteidigung verabredeten Strafrahmens.

Die Anklage hatte den Vorwurf des schweren und bandenmäßigen Betrugs fallengelassen, nachdem die Angeklagten die ihnen ebenfalls zur Last gelegte Untreue gestanden hatten. Zwei Mittäter wurden ebenfalls nach Absprachen zu sechs und viereinhalb Jahren Haft verurteilt.

Das Gericht setzte auf Antrag der Staatsanwaltschaft die Angeklagten nach mehr als vier Jahren Untersuchungshaft zunächst auf freien Fuß. S. und K. müssen ihre Reststrafen später antreten. Über eine mögliche Aussetzung der Haft nach der Hälfte oder zwei Dritteln der Zeit entscheidet später ein anderes Gericht.

Die Angeklagten waren im Februar 2013 nach einer Großrazzia in Haft genommen worden. Sie sollen rund um S&K ein Firmengeflecht aufgebaut haben, mit dem rund 11.000 Anleger um 240 Millionen Euro gebracht wurden. Der Betrugsvorwurf wurde allerdings vom Gericht nicht aufgeklärt, weil das eine weitere jahrelange Beweisaufnahme bedeutet hätte.

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Seit Beginn der Hauptverhandlung im September 2015 wurde an rund 110 Tagen verhandelt. Mal dauerten die Sitzungen nur wenige Minuten, weil Verteidiger den weiteren Ablauf mit Befangenheitsgesuchen gegen die Richter und allerlei Beweisanträgen blockierten, mal dauerten sie bis weit in die Abendstunden.

„Uns allen ist es gelungen, uns auf die Situation einzustellen, gewohnte Feindbilder über Bord zu werfen und der Realität ins Auge zu schauen“, begann Staatsanwalt Noah Krüger am vergangenen Mittwoch sein Abschluss-Plädoyer und meinte damit sowohl die Staatsanwaltschaft als auch die Seite der Angeklagten. Dass es überhaupt dazu kam, ist aber vor allem sein Verdienst. Das sehen auch die Angeklagten und Verteidiger so und überboten sich geradezu mit Lob und Dankesreden.

Kurz vor Jahreswechsel hatte Krüger die Angeklagten zu Verständigungsgesprächen eingeladen. Seitdem ging alles rasend schnell: Im Eiltempo wurden die letzten Zeugen gehört, das Gericht wurde in die Verständigungen einbezogen, es wurden Deals geschlossen, die Betrugsvorwürfe wurden fallengelassen, die Angeklagten legten Geständnisse zu ihrer Untreue ab.

Krüger war erst im vergangenen Mai zu dem Verfahren gestoßen. Sein Vorgänger, Oberstaatsanwalt Andreas Hohmann, hatte gemeinsam mit Staatsanwalt Thorsten Haas eine 3150-seitige Anklageschrift verfasst, die seit Prozessbeginn für viel Streit gesorgt hatte – schon wegen ihrer Länge, aber auch wegen der Art der Formulierungen. Von einem „ausschweifenden Lebensstil“ der S&K-Gründer Stephan Schäfer (37) und Jonas Köller (35) war darin beispielsweise die Rede, ebenso von „teuren Reisen und Luxusfahrzeugen“ – auch eine Kostenauflistung der Party zu Köllers 30. Geburtstag ist enthalten, mit den Preisen für eine Dame im überdimensionalen Champagnerglas und sowie den Kosten für Zebras plus Elefant.


Anlegergelder umgeleitet

Solche Dinge erwähnte der neue Staatsanwalt am vergangenen Mittwoch nicht. Er schilderte in seinem Plädoyer lediglich, dass die S&K-Gründer in ihren Gesellschaften selbst die Hand aufgehalten hätten, sich Gewinne ausgeschüttet und bereichert hätten. Insgesamt soll Schäfer 6,5 Millionen Euro erlangt haben, bei Köller sollen es 5,7 Millionen Euro gewesen sein. Als das Geld in ihren eigenen Fonds knapp wurde, sollen sie Fonds der Firmen Midas, DCM und SHB übernommen haben. Dann hätten sie deren Anlegergelder in die S&K-Gesellschaften umgeleitet. Dabei sollen die Mitangeklagten Thomas G. und Marc-Christian S. geholfen haben, die in den jeweiligen Fonds als Geschäftsführer eingesetzt wurden.

Wegen schwerer gemeinschaftlich verübter Untreue und Anstiftung dazu hatten die Staatanwälte für Schäfer und Köller eine Freiheitsstrafe von neun Jahren und drei Monaten gefordert. „Ich persönlich war von ihren Geständnissen überrascht“, sagte Krüger, sie haben Fehler eingestanden, wollen die Verantwortung für ihr Handeln übernehmen und haben sich bei den geschädigten Anlegern entschuldigt. „Ich hatte nicht den Eindruck, dass sie es nicht ernst meinen“, so der Oberstaatsanwalt. Für Marc-Christian S. fordert er sieben Jahre Haft und für Thomas G. vier Jahre und drei Monate.

Als die Staatsanwälte ihr Plädoyer beim vergangenen Sitzungstag nach vier Stunden beendet hatten, schien es kurz als wollten die Verteidiger doch wieder zu ihrer einstigen Trotzhaltung zurückkehren. „Wir würden gerne über Teilaspekte aus dem Plädoyer nachdenken und gegebenenfalls unseren Schlussvortrag anpassen“, sagte Köllers Verteidiger Andreas Kost.

Terminlich wäre es zum Problem geworden, wenn die Plädoyers und Schlussvorträge nicht am Mittwoch vergangene Woche abgeschlossen worden wären. Am heutigen Mittwoch ist nun das Urteil gefallen: achteinhalb Jahre Gefängnis für die beiden Unternehmer.

KONTEXT

Geschäftsmodelle von S&K

Die Anfänge

Laut Mitteilung der Staatsanwaltschaft Frankfurt sollen die S&K-Gründer Stephan Schäfer und Jonas Köller zunächst minderwertige Immobilien zu überhöhten Preisen weiterverkauft haben. Dies ist jedoch nicht Gegenstand des Strafverfahrens, das am 24.9.2015 in Frankfurt begonnen hat.

Geschlossene Fonds

Offizieller Geschäftszweck soll das Einsammeln von Anlegergeldern für den An- und Verkauf von Immobilien gewesen sein. Geworben wurde mit bis zu zwölf Prozent Rendite pro Jahr. Hier sollen Hauke B. und Thomas G., Geschäftsführer des Hamburger Fondsemissionshauses United Investors, ins Spiel gekommen sein.

Lebensversicherungen

Es soll zwei Modelle gegeben haben: Mal traten Lebensversicherungskunden ihre Rückzahlungsansprüche gegen die Versicherungsgesellschaften ab, mal sollen sie zur Kündigung ihrer Versicherung bewegt worden sein. Der Unternehmer Daniel F. soll maßgeblich mitgewirkt haben.

Fremde Fonds

Von Dritten errichtete Fondsverwaltungsgesellschaften sollen gekauft worden sein, um über die eingesammelten Gelder bestimmen zu können. Betroffen: Fonds der MIDAS-, DCM- und SHB-Gruppe. In den maßgeblichen Gesellschaften soll der leitende S&K-Angestellte Marc-Christian S. mitgewirkt haben.

KONTEXT

S&K in Zahlen

240.000.000

Nach Angaben der Staatsanwaltschaft Frankfurt sollen die S&K-Gründer und ihre Komplizen Anleger um mindestens 240 Millionen Euro gebracht haben.

11.000

Die S&K-Unternehmensgruppe verfolgte unterschiedliche Geschäftsmodelle. Beispielsweise wurden geschlossene Fonds aufgelegt und Rückzahlungsansprüche von Lebensversicherungskunden erworben. Laut Staatsanwaltschaft Frankfurt sollen rund 11.000 Anleger geschädigt worden sein.

3150

Die Anklageschrift der Staatsanwaltschaft Frankfurt umfasst 3150 Seiten. Darin wurden sieben Personen angeschuldigt. Das Verfahren gegen den Rechtsanwalt und Notar Igor P. wurde vom Landgericht Frankfurt jedoch abgetrennt.

2200

Nach Angaben hat die Staatsanwaltschaft Frankfurt wurden bei den Ermittlungen 2200 Bankkonten ausgewertet.

1774

Zu Beginn der Hauptverhandlung muss ein Teil der Anklageschrift verlesen werden. Dieser sogenannte Anklagesatz umfasst rund 1774 Seiten.

1200

Am 19. Februar 2013 waren 1200 Ermittlungsbeamte und 15 Staatsanwälte zu einer deutschlandweiten Razzia gegen die S&K Unternehmensgruppe und verbundene Unternehmen ausgerückt.

150

Zur S&K-Gruppe sollen 150 verbundene Unternehmen gehört haben.

50

Bei Eröffnung der Hauptverhandlung hat die 28. Große Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts Frankfurt zunächst 50 Verhandlungstage angesetzt.

22

Laut Aushang am ersten Verhandlungstag werden die sechs Angeklagten insgesamt von 22 Anwälten vertreten.

9

An der Hauptverhandlung nehmen neun Richter teil: drei Berufsrichter - der Vorsitzende und zwei beisitzende Berufsrichterinnen - sowie zwei Schöffen (Laienrichter). Zudem sind zwei weitere Berufsrichter als sogenannte Ergänzungsrichter und zwei weitere Schöffen als Ergänzungsschöffen vor Ort.

6

Auf der Anklagebank sitzen die beiden S&K-Gründer Stephan Schäfer und Jonas Köller und vier weitere Beteiligte: Der ehemalige leitende S&K-Angestellte Marc-Christian S., der Unternehmer Daniel F. sowie Hauke B. und Thomas G., ehemals Geschäftsführer des Hamburger Fondsemissionshauses United Investors.