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Russlands Elektro-Hoffnung entpuppt sich als Luftnummer

Mit dem Zetta wollte Russland ein einheimisches E-Auto auf den Markt bringen. Doch die Prototypen erinnern bisher eher an Eigenbau-Kisten statt an ausgereifte Autos. Nun verweigert der Staat die weitere Finanzierung.

Russlands Automobil-Industrie ist das wirtschaftliche Lieblingsbaby von Wladimir Putin. Über Jahre hat die Regierung mit einem Mix aus Protektionismus und staatlichen Vergünstigungen dafür gesorgt, dass ein knappes Dutzend neuer Werke ausländischer Hersteller im Land entstanden sind, von Volkswagen in Kaluga bis Mazda in Wladiwostok. Auch der Niedergang der einst sowjetischen Autoriesen wie Lada und GAZ konnte nach der Jahrtausendwende zunächst gestoppt werden. Derzeit produzieren russische Hersteller wie Lada, GAZ und UAZ günstige Autos für das Volk, robuste Geländewagen, Lkw, Busse und Nutzfahrzeuge. Zuletzt hatte der Staat Geld in die Produktion einer ganze Serie von Luxusautos unter der Marke Aurus gepumpt. Nur auf dem Gebiet der Elektroautos klaffte bisher eine auffällige Lücke.

Mit dem neuen Zetta sollte auch in Russland die automobile Zukunft anbrechen. Ein Mini-Auto mit vier Sitzen, bewegt von einem Elektroantrieb, der in den Rädern steckt. Mit einer Länge von gut drei Metern ist das Auto vergleichbar mit dem Smart Fortwo und soll mit einem Lithium-Mangan-Akku aus chinesischen Bauteilen je nach installierter Kapazität zwischen 200 und 560 Kilometern Reichweite besitzen. Doch nicht nur technisch klingt das Projekt ambitioniert. Für den wirtschaftlichen Erfolg sollte vor allem der Preis sorgen. Mit umgerechnet 7000 Euro wäre der Zetta eines der günstigsten E-Autos der Welt. Zettas Versprechen lautete zudem, dass das Auto dank der Asynchron-Antriebe 10 bis 40 Prozent weniger Energie für die erbrachte Leistung verbrauche als die Konkurrenz.

Der Gründer des Unternehmens, Denis Schurowskij holte Russlands Industrieministerium als Partner an Bord. Der Regierung dürfte besonders gut gefallen haben, dass die Produktion im russischen Togliatti aufgebaut werden sollte. Dort hat auch der heimische Autoproduzent Lada sein Stammwerk. In Sachen Elektroautos tat sich bei dem russischen Hersteller bisher so gut wie nichts. Stattdessen erklärte der russische Industrieminister Denis Manturow bereits im vergangenen Dezember, dass die Zetta-Produktion in wenigen Wochen starten solle. Schurowski hatte Erfahrungen in der Automobil-Industrie. Zuvor hatte er bei einem Joint Venture von Lada und General Motors als Einkaufsleiter gearbeitet.

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Doch die russische Elektro-Hoffnung, die weltweit in Fachmedien und Foren für Aufsehen gesorgt hat, entpuppt sich immer deutlicher als eine Luftnummer. Zuletzt haben sich die Fristen für den Produktionsbeginn immer weiter nach hinten verschoben. Intern war zunächst die Rede von „Verzögerungen wegen der Corona-Pandemie“. Gleichzeitig hatte es bisher noch keine Präsentation eines serienreifen Modells gegeben.

Doch nun scheint das Projekt endgültig vor dem Aus zu stehen. Anfang September wurde bekannt, dass die Experten-Jury einer staatlichen Förderstiftung des Industrieministeriums dem Möchtegern-Hersteller des Elektroautos Zetta einen dringend notwendigen Zuschuss in Höhe von knapp 1,3 Millionen Euro verweigerte. „Wir glauben, dass die Mittel des Unternehmens auch mit dem Förderkredit momentan nicht ausreichen, um eine Produktion zu starten. Das Projekt braucht einen Investor, der an die wirtschaftlichen Perspektiven des Zetta glaubt“, sagt ein Vertreter der Förderstiftung.

Eben die wirtschaftlichen Perspektiven des Projekts haben zuletzt immer mehr Fragen aufgeworfen. "Ein Vorsprung beim Stromverbrauch sogar von fünf Prozent gegenüber anderen Herstellern ist eigentlich unmöglich", kritisiert Rodion Surkow, Geschäftsführer von Ruselprom, Russlands größtem Hersteller von Elektroantrieben. Bisher sei kein unabhängiger Nachweis für die versprochene Leistungsfähigkeit erbracht worden.

Alles andere als rosig sehen auch die Perspektiven auf dem russischen Markt für E-Fahrzeuge aus. Nach Angaben des Branchendienstes Autostat kauften die Russen in den ersten sieben Monaten des Jahres gerade ein Mal 169 Neuwagen mit Elektroantrieb. Branchenexperten betonen einstimmig, dass die Stromer in Russland nichts mehr als ein Spielzeug für reiche Großstädter sind. Von einem auch nur halbwegs flächendeckenden Netz von Ladestation könne in Russland angesichts der Minigröße des Absatzmarktes derzeit keine Rede sein.

Wenig hoffnungsvoll sind auch die wenigen russischen Autojournalisten, die einen Zetta-Prototyp bisher tatsächlich zu sehen bekommen haben. Die Versuchsmodelle wurden in einer Werkhalle in Togliatti gebaut, in der Schurowskij eigentlich Motoren für Boote herstellt. Auf Fotos wirken die Vorserien-Zettas eher wie ein Eigenbau-Auto eines besessenen Enthusiasten. Unter der groben Plastikhülle versteckt sich ein schludrig zusammengeschweißtes Gerüst aus Metallröhren.

Für das Interieur wurden bisher zudem einige Teile des benachbarten Lada-Werks. Den Boden des Innenraums bedeckt schmuckloses Bus-Linoleum. Laut Schurowskij mussten zudem zuletzt einzelne Teile über den Versandhändler AliExpress gekauft werden, weil chinesische Industriezulieferer wegen der Pandemie in Verzug geraten sind. Dass ein solcher Prototyp bei den staatlichen Förderern wenig Begeisterung auslöste, wirkt mehr als verständlich.

Auf die Einwände erwidert Schurowski, er habe nie die Absicht gehabt, mit den Prototypen sich und sein Auto besser darzustellen, als es sei. Zudem will er auch trotz fehlender staatlicher Hilfe nicht aufgeben. Nach seinen Worten will er einen weitern Versuch starten. Insgesamt sind bisher nach seinen Angaben knapp sechs Millionen Euro in die Entwicklung geflossen, davon etwa die Hälfte staatliche Zuschüsse und Kredite. Wenn es mit dem staatlichen Zuschuss für die letzte Phase nicht klappt, möchte er notfalls private Mittel investieren.

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