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Russische Wettanbieter sind die großen WM-Gewinner

Sex und Gewalt verkaufen sich immer: Und so ließ der russische Wettanbieter Leon in einem seiner Werbespots zuerst die Pornodarstellerin Alina Henessy und dann den seit jüngstem mit russischer Staatsbürgerschaft ausgestatteten Mixed-Martial-Arts-Kämpfer Jeff Monson auftreten. Henessy versprach dem Zuschauer Sex, „wenn du das Spiel kaputt machst“. Monson schlug sie mit einer Bratpfanne und dem in gebrochenen Russisch hervorgebrachten Werbespruch: „Wir sind für ein ehrliches Spiel.“

Der Spot wurde nur im Netz verbreitet, für das russische Fernsehen waren die zur Schau gestellten Brüste am Ende zu frivol. Doch nicht nur das Internet, auch Russlands TV-Landschaft wurde während der Fußball-Weltmeisterschaft quasi von den Wettanbietern okkupiert. Ob vor dem Spiel, in der Halbzeitpause oder nach dem Match: Stets mussten die Zuschauer gleich mehrere Spots oft konkurrierender Wettanbieter über sich ergehen lassen.

Der staatliche Sportsender Match TV strahlte im Rahmen der WM-Berichterstattung sogar Sendungen aus, in denen Prominente vor und während der Begegnungen Wetten zum Spielausgang abschlossen. Da lässt sich nur noch schwer von versteckter Reklame reden.

Dabei ist TV-Werbung für die Wetten überhaupt erst seit April 2017 möglich. Einen entsprechenden Erlass unterzeichnete Staatspräsident Wladimir Putin. Die Liberalisierung hat nur einen Haken für die Firmen: Fünf Prozent des Gewinns müssen die Wettanbieter für die Entwicklung des Kinder- und Jugendsports abgeben.

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Ein zweistelliges Plus gegenüber normalen Zeiten

Es lohnt sich trotzdem, für die Wettbüros geht es um Milliarden. Im vergangenen Jahr erzielten die Konzerne rund zehn Milliarden Euro Umsatz, wobei allerdings nur 60 Prozent auf in Russland lizenzierte Firmen entfielen. Im Markt sind immer noch viele so genannte graue Anbieter tätig, also halblegale Unternehmen.

Das Resultat wird in diesem Jahr locker übertroffen: Allein die Weltmeisterschaft hat den Wettfirmen einer Schätzung von Branchenführer Liga Stavok zufolge Umsätze von 3 bis 3,5 Milliarden Euro eingebracht. Gegenüber gewöhnlichen Monaten ist die Anzahl der Wetten um die Hälfte gestiegen, die Anzahl der Kunden sogar um 140 Prozent, die Einnahmen auf das Doppelte. Die WM ist dabei nur der Turbobeschleuniger einer ohnehin rasanten Entwicklung.

Der Umsatz von Liga Stavok während der Europameisterschaft vor zwei Jahren lag bei weniger als einem Viertel des jetzigen Niveaus, bei der WM 2014 gerade mal bei einem Achtel. Bei Konkurrent Fonbet gab es gegenüber den letzten Fußball-Großereignissen eine Verdopplung und Verdreifachung während der Heim-WM.

100.000 Euro für einen TV-Spot während der WM

Die Gewinne der Wettbüros schienen zunächst wegen einiger Überraschungen, wie das unerwartete Ausscheiden der deutschen Nationalmannschaft schon in der Vorrunde, durch die Decke zu gehen. Angesichts der Favoritensiege in den späteren Runden haben sie sich nach Einschätzung von Baltbet am Ende allerdings auf dem Durchschnittslevel von acht bis neun Prozent eingependelt.

Das bedeutet aber immer noch dreistellige Millionengewinne für die Unternehmen. Da lassen sich TV-Werbeausgaben von 100.000 Euro pro Minute leicht verschmerzen.

Russland gilt als einer der Wachstumsmärkte für Sportwetten. Daher versuchen auch ausländische Buchmacher in dem riesigen Land Fuß zu fassen. Die einst in Österreich gegründete und nun in der Steueroase Gibraltar beheimatete Bwin hat so 2017 den offiziellen Markteintritt erklärt. Sie ist seither mit der Internetholding Rambler des Dollarmilliardärs Alexander Mamut als Partner in Russland auf Wachstumskurs. Inzwischen zählt die Plattform bwin.ru zu einer der populärsten der Branche.

Der Aufwärtstrend setzte sich Unternehmensangaben zufolge während der WM fort: Laut dem Russlandchef des Unternehmens, Dmitri Sergejew, stiegen die durchschnittlichen Kundenzahlen im Verlauf des Turniers auf das Drei- bis Vierfache verglichen mit der Zeit vor dem Spektakel.

Die Branche hofft nun, dass diese Entwicklung so weiter geht. Natürlich werde es nach dem Event erst einmal einen Knick geben, meint Konstantin Gusew vom Wettanbieter Olymp. Aber „alle Buchmacher haben eine Masse neuer Kunden bekommen, was sich auf längere Zeit dann auch auf die Finanzen der Unternehmen auswirken wird“, ist er überzeugt. Nun gelte es die bisher „versteckten Hasardeure“ bei der Stange zu halten.

Die Glücksspielzonen sind bisher ein Flop

Das Glücksspielfieber in Russland ist gewaltig. Die Krise der letzten Jahre, die die Einkommen vieler Leute geschmälert hat, hat dieses Fieber nur noch angeheizt. Damit ist auch die – zumindest offizielle – Intention der Glücksspielreform, die Kremlchef Putin vor gut zehn Jahren angestoßen hat, gescheitert. Putin ließ damals „wegen der verheerenden sozialen Folgen der Spielsucht“ landesweit Casinos und Glücksspielautomaten verbieten.

Lediglich in vier Glücksspielzonen – Kaliningrad, Sotschi, im Altai und im Fernen Osten – dürfen diese betrieben werden. Außer Sotschi befinden sie größtenteils bis heute im Aufbau, weil sie zu abgelegen sind, um Investoren anzulocken. Die Russen haben sich derweil umorientiert. Von den 5,5 Milliarden Dollar, auf die der Umsatz der Glücksspielindustrie damals geschätzt wurde, ist ein Großteil zu den Wettanbietern geflossen. Die Spielsucht hat ein anderes Ventil gefunden.