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Der russische Automobilmarkt schwächelt

Die anhaltende Konjunkturflaute in Russland trifft die meisten Autohersteller. Die Aussichten bleiben auch in den kommenden Monaten schlecht.

Mit Handschlag begrüßt Alexander seinen alten Kunden. „Wie geht’s, brauchen Sie vielleicht wieder einen neuen Wagen?“, fragt er. Doch der Kunde winkt ab. „Ich habe doch im letzten Jahr gerade gekauft, jetzt bin ich nur zum Tüv hier“, sagt er, und Alexander nickt verständnisvoll, aber auch ein wenig resigniert. Der Manager des Moskauer VW-Autosalons hat derzeit keinen leichten Job – wie die gesamte Branche.

Der russische Automarkt hat den Rückwärtsgang eingelegt, das Minus bei den Verkaufszahlen weitet sich immer stärker aus. Die Sorgen der Autokonzerne wachsen, zumal die Regierung der Branche mit der Erhöhung der sogenannten Abwrackprämie einen weiteren Stein in den Weg legt. Diese Prämie ist eine russische Besonderheit. Bei jeder Zulassung eines Neuwagens kassiert der russische Staat eine Gebühr für die irgendwann einmal anstehende Verschrottung des Autos.

Im Vergleich zum Vorjahr laufen die Verkäufe der Autohändler 2019 schleppend. Von Januar bis Oktober konnten sie gerade einmal 1,42 Millionen Pkw-Neuwagen absetzen. Ein Rückgang von 2,4 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Schlimmer noch: Der Abwärtstrend verstärkt sich. Im Oktober lag das Minus bei 5,2 Prozent.

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Die Hoffnungen der Branche auf eine Kehrtwende sind gering. Der Markt brauche Wachstum, stattdessen „erodiere“ er langsam, aber sicher, klagt der Leiter des Automobilkomitees bei der Assoziation des Europäischen Business (AEB) in Russland, Jörg Schreiber.

„Das ist natürlich nicht die Richtung, die die Industrie gern sehen würde. Aber derzeit ist schwer zu sagen, woher die Veränderungen zum Besseren in der nächsten Zeit überhaupt kommen sollen“, kommentiert er die aktuelle Situation. Das Vorjahresergebnis von 1,8 Millionen Neuwagen werde Russland nicht erreichen.

Vorteile für VW und andere Konzerne

Immerhin, die deutschen Autobauer konnten zumeist gegen den Trend wachsen. Die VW-Gruppe legte um 3,6 Prozent zu, wobei sich besonders die günstigeren Skoda-Modelle (plus 8,1 Prozent) verbesserten. Die BMW Group, die 2019 ihre Modellreihe in Russland völlig erneuerte, konnte gar um 15,5 Prozent zulegen.

Einzig Daimler zählt mit einem Absatzrückgang von 5,2 Prozent zu den Verlierern – und das, obwohl die Schwaben nach jahrelangem Zögern im Frühjahr im Beisein von Wirtschaftsminister Peter Altmaier und Russlands Präsident Wladimir Putin ihre erste Pkw-Fabrik in Russland eröffnet hatten. Das Plus bei den Pkws wird durch den fatalen Einbruch bei den Kleintransportern (minus 76,8 Prozent) zunichtegemacht.

Die Gründe für den allgemeinen Rückgang auf dem Automarkt sind vielfältig. Einer davon ist das politisch motivierte Vorgehen des Kremls gegen den Besitzer des größten Autohändlers in Russland, „Rolf“, Sergej Petrow. Gegen den Milliardär, der als Duma-Abgeordneter mehrfach gegen Kreml-Interessen gestimmt hatte, wurde ein Strafverfahren wegen Betrug eingeleitet. Petrow hat sich nach Österreich abgesetzt, doch seine Autohandelskette geriet in Schwierigkeiten. Nun droht möglicherweise gar der Bankrott.

Viel wichtiger noch: Das Wirtschaftswachstum Russlands stagniert praktisch seit 2013. Die Realeinkommen der Russen sind seither sogar gefallen. Auch wenn die Statistikbehörde Rosstat im Oktober trotz einer offensichtlichen Konsumflaute aus dem Nichts heraus plötzlich einen starken Aufschwung zu erkennen meinte. Mit der Erhöhung der Mehrwertsteuer zum Jahresbeginn um zwei Prozentpunkte hat die Regierung das Ihrige dazu beigetragen, die Kauflust der Russen zu bremsen.

Und weil es in Russland die Weihnachtsgeschenke zu Neujahr gibt, hat die Regierung der Autobranche schon die nächste Bescherung zum Jahreswechsel bereitet: Die Abwrackprämie für Neuwagen wird sich mehr als verdoppeln. Im Durchschnitt wächst sie um 110,7 Prozent. Am besten kommen bei der Gebührenerhöhung noch Kleinwagen mit geringer Motorgröße (plus 46,1 Prozent) davon, wovon wahrscheinlich am ehesten die russische Automarke Lada profitieren könnte.

Die Erhöhung der Abwrackgebühren sei die Reaktion auf die erzwungene Zollsenkung für die Einfuhr von Fahrzeugen. Damit werde der „Tarifschutz“ wiederhergestellt, zitierte die Tageszeitung „Kommersant“ einen anonymen Regierungsbeamten. Russland hatte sich beim WTO-Beitritt 2012 verpflichtet, die Zollschranken zumindest teilweise einzureißen.

Fatale Wirkung der Abwrackprämie

Die Abwrackgebühr, die eigentlich als Schritt zum Aufbau einer umweltverträglichen Industrie zur Aufarbeitung von Altautos gedacht ist, versickert praktisch spurlos im föderalen Haushalt und ist eigentlich nichts anderes als eine neue Handelsschranke. Denn Fabriken, die in Russland produzieren, können zumindest einen Teil der Gebühren durch staatliche Subventionen wieder zurückbekommen.

Aber in jedem Fall zwingt sie die Autokonzerne dazu, die Preise zu erhöhen. Während Industrieminister Denis Manturow den Einfluss der Gebühr für begrenzt hält und einen Preisanstieg von 1,5 bis zwei Prozent prognostiziert, sind die meisten Analysten pessimistischer. Demnach könnten die Preise um zwei bis fünf Prozent ansteigen.

Kurzfristig mag das im Dezember noch einmal einen kleinen Schub bei den Verkäufen geben, weil Autokunden die höhere Prämie umgehen wollen. Doch die Aussichten für das nächste Jahr sind dafür umso trüber. Der Druck auf den Markt wird weiter steigen – zumal auch 2020 kein gravierender Fortschritt bei den Lebensumständen der Russen und damit ihrer Kaufkraft zu erwarten ist.

Schon jetzt produzieren viele Werke an der Grenze zur Rentabilität. Der Grund sind übersteigerte Erwartungen an den russischen Automarkt in der Vergangenheit. 2008 erreichte der Markt sein Hoch mit einem Absatz von etwa drei Millionen Fahrzeugen. Viele Branchenbeobachter, darunter auch der damalige Präsident des Verbands der deutschen Automobilindustrie, Matthias Wissmann, gingen davon aus, dass der russische Automarkt bald den deutschen überholen werde. Doch erst die internationale Finanzkrise 2008/09 und dann die hausgemachte Krise mit der Krim-Annexion und den anschließenden Sanktionen nach 2014 machten diesen Erwartungen einen Strich durch die Rechnung.

Die Fabriken allerdings, die in dieser Zeit gebaut wurden, waren alle auf einen Markt mit einem Volumen von jährlich drei Millionen Fahrzeugen ausgelegt. Die Werke sind also nicht völlig ausgelastet, was sich auf deren Effizienz niederschlägt. Einige Akteure wie Ford haben Russland schon verlassen. Die meisten hoffen allerdings auf neues Wachstum.