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Ruf nach Freiheit: Spanier protestieren gegen die Regierung

Die spanische Regierung fährt in der Coronakrise einen strengen Kurs. Ein Teil der Bevölkerung geht dagegen nun auf die Straße – und fordert den Rücktritt des Premiers.

Dutzende spanische Flaggen verwandeln die Plaza Chamberi in der Innenstadt von Madrid in ein Meer aus rot-gelb. Die Nationalfahne ist zum Symbol eines Protestes geworden, der vor gut zehn Tagen in einem wohlhabenden Viertel von Madrid begann und sich seitdem auf mehrere Städte des Landes ausdehnt.

„Spanien gleicht einer Diktatur, wir fordern Freiheit“, schimpft David Dargallo. Er hat sich eine große spanische Fahne umgebunden und steht mit drei Plastiktüten voller kleiner Flaggen auf der Plaza, die er an Passanten verschenkt. „Diese Regierung hat keinen Plan und missbraucht den Alarmzustand, um mit Dekreten zu regieren.“

Damit fasst er gut zusammen, worum es bei den Demonstrationen geht: Der Protest richtet sich vor allem gegen die in Spanien sehr strengen Restriktionen in der Corona-Epidemie. Gerade die Madrider sind besonders mürbe: Während rund 70 Prozent der Spanier inzwischen Phase eins der Lockerungen erreicht haben und wieder in Straßencafés sitzen können, gelten in der besonders virusgeplagten Hauptstadt weiter strenge Auflagen. „Die Leute haben die Einschränkungen satt“, sagt Pablo Simón, Politologe an der Universität Carlos III in Madrid.

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Protestiert wird nicht nur auf der Straße, sondern auch auf den Balkonen, täglich um 21 Uhr mit einem ohrenbetäubenden Konzert aus Schlägen gegen Kochtöpfe und Pfannen. Diese „caceroladas“ sind der klassische Ausdruck des Protests in Spanien. Demonstranten wie Anwohner rufen „Libertad“ (Freiheit) und „Sánchez dimisión“ (Sánchez Rücktritt). Sie werfen dem spanischen Ministerpräsidenten vor, zu spät auf den Ausbruch der Epidemie reagiert und dadurch die hohe Zahl der Infizierten und Toten mitverschuldet zu haben.

Die Krise verstärkt die Kluft zwischen den politischen Lagern

Während sich die Bevölkerung und Parteien in anderen Ländern in der Krise hinter ihrer Regierung vereint haben, war das in Spanien nicht der Fall. Die rechte Opposition hat die Regierungskoalition von Sánchez‘ Sozialisten und den Linkspopulisten von Unidas Podemos frontal angegriffen – vor allem für die vermeintlich übertriebene Beschränkung der Freiheitsrechte.

Nur mit Hilfe der liberalen Ciudadanos konnte Sánchez am Mittwoch eine erneute Verlängerung des Alarmzustands bis zum 7. Juni durchsetzen. Die Coronakrise – in Spanien verstärkt sie die ohnehin bestehende Kluft zwischen dem rechten und dem linken Lager noch.

„Die Demonstranten stammen aus dem rechten politischen Spektrum. Das geht auch gar nicht anders, denn die spanische Linke ist komplett in der Regierungskoalition vereint“, sagt Politologe Simón. Die rechtsradikale Partei Vox nutzt die spanische Flagge zwar auch oft als ihr Symbol und führende Parteimitglieder mischen sich unter die Demonstranten. Die Partei versichert aber, nicht zu den Protesten aufzurufen.

Umfragen zeigen, dass Vox – ähnlich wie Rechtsradikale in anderen EU-Ländern – bislang nicht von der Coronakrise profitiert. Simón geht aber davon aus, dass die Proteste sowohl ihr als auch der konservativen Partido Popular (PP) nutzen – und sogar der Regierung: „Die Demonstrationen lenken die Aufmerksamkeit vom tatsächlichen Krisenmanagement der Regierung ab und die Rechten können damit ihre Wähler mobilisieren – es profitieren also beide Seiten“, sagt er.

Zum Verdruss über die Restriktionen gesellt sich die Angst vor dem Konjunktureinbruch. In Meinungsumfragen gibt knapp ein Viertel der Spanier an, mehr Angst vor den wirtschaftlichen als vor den gesundheitlichen Folgen der Pandemie zu haben. Die spanische Wirtschaft wird wegen ihrer Struktur stärker unter der Krise leiden als andere Länder. Die Regierung rechnet in diesem Jahr mit einem Minus von 9,2 Prozent der Wirtschaftsleistung.

Anders als Deutschland, Österreich oder auch Italien hat Spanien bislang keinen Plan präsentiert, wann das Land sich für Touristen öffnen und damit seinem wichtigsten Wirtschaftszweig auf die Beine helfen will.

Im Gegenteil: Als Europa in der vergangenen Woche begann, seine Grenzen zu öffnen, verhängte die spanische Regierung eine zweiwöchige Quarantänepflicht für Einreisende aus dem Ausland. „Spanien entfernt sich von seinen europäischen Nachbarn mit den strengsten Lockerungen in der EU“, titelte die spanische Tageszeitung El País am Mittwoch.

Genau das regt auch Jesús González auf, der ebenfalls zu den Demonstranten auf der Plaza Chamberi gehört. „Ich bin wegen des wirtschaftlichen Desasters hier, das uns erwartet. Diese Regierung ist dafür sehr schlecht gerüstet und hat bereits Steuer-Erhöhungen angekündigt.“

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