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DÜSSELDORF/FRANKFURT (dpa-AFX) -In der Krise am Immobilienmarkt reißt die Pleitewelle unter Projektentwicklern nicht ab. Der auf Büroimmobilien und Wohnquartiere spezialisierte Projektentwickler Gerch mit Vorhaben in Milliardenhöhe hat für vier Gesellschaften Insolvenz angemeldet. Damit erfordern die Turbulenzen in der Branche das nächste Opfer: Binnen weniger Wochen haben bereits mehrere Projektentwickler Insolvenz angemeldet, betroffen sind unter anderem der Luxus-Immobilienentwickler Euroboden sowie die Nürnberger Project-Immobilien-Gruppe mit geplanten Vorhaben von 3,2 Milliarden Euro. Die Fälle haben weitreichende Folgen: Mehr Wohnungskäufer bangen um ihre Eigenheime, Sparer um Fondsinvestments und Handwerker wegen offener Rechnungen.
Wegen drohender Zahlungsunfähigkeit habe man beim Amtsgericht Düsseldorf Antrag auf ein gerichtliches Sanierungsverfahren in Eigenverwaltung gestellt, teilte Gerch mit. Das Gericht habe dem Antrag entsprochen und vorläufige Eigenverwaltung angeordnet.
Gerch aus Düsseldorf entwickelt nach eigenen Angaben neun Projekte mit einer Fläche von 790 000 Quadratmetern und einem Gesamtvolumen von rund vier Milliarden Euro. Darunter ist demnach das Laurenz Carré aus Wohn- und Gewerbeobjekten am Kölner Dom und ein Gebäudeensemble auf dem Gelände des alten Polizeipräsidiums in Frankfurt.
"Der Geschäftsbetrieb bei Gerch läuft uneingeschränkt weiter", teilte das Unternehmen am Donnerstag mit. "Unser primäres Ziel ist es, trotz der derzeitigen Krise in der Baubranche alle Immobilienprojekte umzusetzen und am Markt zu platzieren", erklärte Vorstandschef Mathias Düsterdick. Dazu sei ein umfassendes Sanierungs- und Restrukturierungsprogramm geplant. Von dem Antrag auf Eigenverwaltung seien zunächst die Dachgesellschaften Gerchgroup, Gerch Development, Marathon Beteiligungsgesellschaft und Gerch Beteiligungen, nicht aber die einzelnen Immobilien-Projektgesellschaften von Gerch betroffen.
Projektentwickler vermarkten ganze Quartiere aus Wohnungen oder Gewerbeimmobilien - vom Kauf eines Grundstücks bis zum Verkauf oder zur Vermietung der fertigen Objekte. Das Geschäft ist komplex, doch im langen Immobilienboom lockten hohe Gewinne. In der Branche sind nicht nur Firmen mit milliardenschweren Projekten, sondern auch viele kleine und mittelständische Unternehmen aktiv. "Der Markt ist zersplittert", sagt Michael Voigtländer, Immobilienexperte am Institut der deutschen Wirtschaft (IW).
Halfen im Immobilienboom niedrige Zinsen und rasant steigende Preise, hat sich das Umfeld komplett gedreht. Mit höheren Materialkosten und dem Zinsanstieg für Kredite hat sich der Neubau stark verteuert, während Projektentwickler im Verkauf auf wenig Nachfrage treffen. "Teilweise verkaufen sie nur noch ein Zehntel der Objekte wie vor einigen Jahren" sagt Voigtländer. Dazu komme, dass die Krise am Immobilienmarkt länger andauere als von vielen in der Branche erhofft, die Kosten aber weiter anfielen - im Extremfall, bis die Liquidität ausgeht. "Die Zeit läuft gegen die Unternehmen."
Die Krise der Projektentwickler trifft nun zahlreiche private Wohnungskäufer. Project aus Nürnberg betreut nach Angaben des Insolvenzverwalters Schultze & Braun 118 laufende Projekte mit über 1850 Wohnungen, Käufer seien zumeist Privatpersonen. Wichtig sei jetzt, "ob und wie die nötigen Finanzmittel zum Weiterbau der Projekte aufgebracht werden können", sagte der vorläufige Insolvenzverwalter Volker Böhm. Einige hätten beträchtliche Summen investiert. Von der Insolvenz seien auch viele Handwerker betroffen.
Die Bauprojekte der insolventen Project-Immobilien-Gruppe sind über ganz Deutschland verteilt, mit Schwerpunkten in Großräumen wie Berlin, Hamburg, Düsseldorf, dem Rhein-Main-Gebiet und München. Einige Häuser stünden kurz vor der Fertigstellung, hieß es.
Wohnungskäufer, die mitten im Bau von der Insolvenz des Entwicklers betroffen sind, können hoffen, dass ein anderes Unternehmen das Projekt weiterführe, sagt IW-Experte Voigtländer. In der aktuellen Krise am Immobilienmarkt sei das aber schwierig. Müssen ein neuer Bauleiter oder neue Handwerker gefunden werden, steigen meist auch die Kosten.
Nicht nur Wohnungskäufer, auch Sparer bangen im Fall von Project aus Nürnberg, berichtete das "Handelsblatt": Rund 30 000 Privatanleger hätten den Fonds der Project-Investment-Gruppe rund 1,4 Milliarden Euro anvertraut. Doch die zur Finanzierung der Projekte aufgelegten Fonds hätten bis auf Weiteres Ausschüttungen an Investoren gestoppt.
Voigtländer vom IW glaubt, dass die Krise unter Projektentwicklern weitergeht. Die Insolvenzen seien nur Beispiele für einige große Branchenfirmen. "Zurzeit ist nur die Spitze des Eisberges zu sehen."