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ROUNDUP: Merkel und Ministerpräsidenten beraten über Corona-Strategie

BERLIN (dpa-AFX) - Erstmals seit Juni beraten am Donnerstag (11.00 Uhr) die Ministerpräsidenten der Länder wieder mit Kanzlerin Angela Merkel über eine Neuausrichtung der Corona-Strategie. Grundsätzlich steht die Frage im Raum, ob man wieder zu einheitlichen Regeln gelangen kann, nachdem die Länder in den vergangenen Wochen je eigene Maßnahmen ergriffen hatten. Ein zentraler Streitpunkt dürfte dabei sein, wie man mit Corona-Tests für Reisende umgeht und ob man hier zu einer einheitlichen Linie findet. Bislang gibt es hier aber Streit.

Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) will Rückkehrern nach der Sommerreisesaison keine kostenlosen Tests mehr anbieten, die Testpflicht für Rückkehrer aus Risikogebieten wieder abschaffen und stattdessen stärker auf die Quarantäneregel setzen. Die Laborkapazitäten seien endlich. Auch Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) betonte in der "Rheinischen Post" (Donnerstag): "Die Kapazitäten sind begrenzt. Wir dürfen sie nicht verschwenden, indem wir wahllos Menschen durchtesten."

Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU), der Vorsitzender der Ministerpräsidentenkonferenz ist, argumentiert, man könne nicht verpflichtende Tests einführen, "und nach zwei Wochen schaffen wir sie wieder ab". Die von Spahn und der Mehrheit der Landesgesundheitsminister statt der Testpflicht präferierte Quarantäneregelung nach der Sommerpause sei nicht sinnvoll umsetzbar, sagte Söder am Dienstagabend in der ARD-Talkshow "Maischberger". Bis eine "sinnvolle und nachvollziehbare Quarantäneregelung" umsetzbar sei, sollte an den Pflichttests festgehalten werden. Ansonsten gehe Deutschland eine sehr hohe Gefährdung ein, was die Infektionen angehe, warnte Söder. Auch die Reisebranche warnte vor einer Änderung der geltenden Regelung. Ein weiteres strittiges Thema dürfte die einheitliche Ahndung von Maskengegnern in Bussen und Bahnen sein.

Bei ihrer letzten Konferenz hatten Merkel und die Ministerpräsidenten angesichts sinkender Ansteckungszahlen noch über Lockerungen geredet. Merkel hatte sich fortan aus den regionalen Regelungen der Länder herausgehalten. Jetzt wird wegen steigender Zahlen darüber diskutiert, ob die Corona-Maßnahmen streng genug sind. Grundsätzlich stellt sich die Frage, ob die Bundesländer überhaupt eine einheitliche Strategie im Kampf gegen Corona anstreben. Insbesondere die Länder im Osten mit niedrigen Infektionszahlen setzen weiter auf länderspezifische Regelungen.

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Der SPD-Gesundheitspolitiker Karl Lauterbach begrüßt Überlegungen zu einer Quarantänepflicht für Reiserückkehrer, plädiert aber für eine Dauer von nur einer Woche. "Grundsätzlich ist das eine wichtige Idee und auch dringend notwendig", sagte er der Deutschen Presse-Agentur. Nach seiner Ansicht ist das Vorhaben notwendig, da man in den nächsten 14 Tagen die noch vorhandenen Corona-Tests zu einem großen Teil aufbrauchen werde. "Wenn die Quarantäne auf sieben Tage begrenzt würde, dann wäre wahrscheinlich ein größerer Teil der Reisenden, der Bürger bereit, die Quarantäne auch einzuhalten. Die 14 Tage sind einfach zu lange."

Im Moment gilt für Reisende noch, dass sie die Quarantäne mit Vorlage eines maximal 48 Stunden alten Tests bei der Einreise oder durch einen in Deutschland auf Anordnung der Behörden gemachten Test umgehen können. Dafür gilt seit 8. August eine entsprechende Verordnung zur "Testpflicht". In einzelnen Bundesländern, etwa Schleswig-Holstein, gilt allerdings bereits jetzt die Pflicht, einen zweiten negativen Test frühestens fünf Tage nach Einreise aus einem Risikogebiet vorzuweisen, um die dortige Quarantänepflicht verkürzen zu können. Ein Test kurz vor oder direkt nach der Einreise sagt wegen der Inkubationszeit möglicherweise noch nicht viel über eine tatsächliche Infektion aus.

Söder sagte in der ARD, die Regeln zur Maskenpflicht, Bußgeldern und Genehmigungen für Großveranstaltungen sollten in Deutschland regional vom jeweiligen Infektionsgeschehen abhängen. Industriepräsident Dieter Kempf forderte Bund und Länder zu einer einheitlichen Linie in der Corona-Krise sowie zur Ausweitung von Testkapazitäten auf. Kempf sagte der dpa: "Es muss eine Einigung auf einheitliche Standardmaßnahmen in den Test- und Schutzstrategien geben." Kempf fügte hinzu: "Weniger Tests und mehr Quarantänepflichten wären die falsche Strategie für die deutsche Wirtschaft. Testkapazitäten lassen sich durch die Einbindung privater Dienstleister und neue Testmethoden deutlich ausweiten."

Wie andere Wirtschaftsvertreter warnte der Präsident des Bundesverbands der Deutschen Industrie vor einem erneuten Lockdown. Dies würde die Unternehmen "unkalkulierbaren Risiken" aussetzen und Wertschöpfungsketten sprengen, sagte Kempf. Der Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), Marcel Fratzscher, sagte hingegen der "Augsburger Allgemeinen" (Donnerstag): "Ein zweiter Lockdown wäre aus wirtschaftspolitischer Sicht nicht unbedingt ein Fehler." Fratzscher argumentierte: "Denn zum langfristigen Schutz vieler Unternehmen ist eine schnelle Bekämpfung der zweiten Welle sinnvoll, um sie möglichst klein zu halten, als wie in den USA langfristig große Probleme zu haben."

Söder betonte, grundsätzlich sollte gelten, dass in Städten und Gebieten mit hohem Infektionsgeschehen die Zügel angezogen werden müssten. Man müsse jedenfalls einen Weg finden, einen zweiten kompletten Lockdown zu vermeiden, gerade in der Wirtschaft sowie bei Kitas und Schulen. Und es müsse mehr Stringenz bei Verstößen gegen Masken- und Quarantänepflicht geben: Verstöße müssten konsequent geahndet, Bußgelder angehoben werden. Bei privaten Feiern müsste man eine Nachverfolgbarkeit gewährleisten, indem etwa Anwesenheit dokumentiert werde.

Fraglich ist, ob es nicht doch schon Lockerungen beim Fußball und bei Großkonzerten gegen wird. Bisher sollen Großveranstaltungen, bei denen eine Kontaktverfolgung und Einhaltung von Hygieneregeln nicht möglich ist, bis mindestens Ende Oktober nicht stattfinden dürfen. Die Gesundheitsminister der Länder hatten in einer Schalte mit Spahn am 10. August diese Frist bestätigt, nachdem die Fußballligen Vorstöße unternommen hatten, doch mit einer bestimmten Anzahl Zuschauer spielen zu können.

Der Deutsche Landkreistag warnt vor einer übermäßigen Vereinheitlichung der Corona-Regelungen in Deutschland. "Wenn wir im vergangenen halben Jahr eines lernen konnten, dann dies: Die Pandemie kann dezentral gut eingedämmt werden", sagte Landkreistags-Präsident Reinhard Sager der Deutschen Presse-Agentur. Der Präsident des Deutschen Städtetages, Burkhard Jung, forderte in den Zeitungen der Funke Mediengruppe (Donnerstag) zumindest bundesweit einheitliche Bußgelder bei Verstößen gegen Corona-Vorschriften. Das mahnte auch die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer an. "Das sorgt für mehr Klarheit in der Bevölkerung und damit auch für ein größeres Verständnis und für mehr Akzeptanz", sagte die SPD-Politikerin der "Rheinischen Post" (Donnerstag).

Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD) forderte bei zentralen Punkten "wie Abstand, Maskenpflicht, Quarantäne und Auslandsreisen einheitliche Regeln". Es gebe aber auch "viele Entscheidungen, die je nach Infektionslage sehr gut in den Bundesländern getroffen werden können", sagte sie dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (Donnerstag).