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ROUNDUP: Lindners schweres Solo in Stuttgart

STUTTGART (dpa-AFX) - Der FDP-Vorsitzende Christian Lindner hat zu einer grundlegenden Erneuerung Deutschlands aufgerufen, um gestärkt aus der Corona-Pandemie herauszukommen. "Was hält uns davon ab, aus dieser Pandemie herauszuschauen, welche Potenziale in unserem Land bestehen, sie zu nutzen?", sagte der FDP-Chef bei der traditionellen Dreikönigskundgebung am Mittwoch in Stuttgart, die coronabedingt ohne Publikum stattfinden musste.

Zugleich bekräftigte er in seiner Rede vor Fernsehkameras das Ziel der Liberalen, nach der Bundestagswahl im September mitregieren zu wollen. "Wir sind bereit zur Übernahme von Verantwortung für unser Land", sagte Lindner. "Mehr noch: Wir haben Lust auf Gestaltung. Wir haben Lust darauf, nach dem Ende der Ära Merkel am nächsten Kapitel unseres Landes mitzuschreiben."

Der Parteichef ging mit den am Vortag beschlossenen neuen Corona-Beschränkungen ("unverhältnismäßig" und "inhuman") sowie mit der Gesamtstrategie der Bundesregierung hart ins Gericht. Forderungen der FDP - wie kostenlose FFP2-Masken für besonders gefährdete Gruppen oder Schnelltests für den Zugang zu Pflegeeinrichtungen - seien zu oft zurückgewiesen worden. "Wir wissen heute: Vieles von dem, was möglich ist, kam zu spät." Lindner kritisierte das "Impfchaos" und forderte einen "Impfgipfel", um die Verfahren zu beschleunigen.

Lindner warb für mehr Gründergeist und wies auf die Erfolgsgeschichte der Biontech-Gründer Ugur Sahin und Özlem Türeci hin. Das Unternehmen aus Mainz hatte den ersten zugelassenen Corona-Impfstoff entwickelt. Wenn man sich in Deutschland die Technologie-, Fortschritts- und Unternehmerfreundlichkeit, die Offenheit für kluge Köpfe aus aller Welt, die Bildungsgerechtigkeit oder die Teilhabe von Frauen ansehe, müsse man feststellen: "Biontech ist nicht repräsentativ für Deutschland, wie es ist. Aber diese Erfolgsgeschichte ist eine Inspiration für Deutschland, wie es sein könnte. Was hält uns davon ab, genau das nun zu verwirklichen?"

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Lindner nahm die zu Dreikönig traditionelle Standortbestimmung seiner Partei vor - doch die Kundgebung lief unter Corona-Regeln alles andere als traditionell ab. Er sprach vor leeren Rängen in der Stuttgarter Oper, in der sich sonst rund 1400 Liberale zum Start in das politische Jahr versammeln. Die Anhänger der Partei konnten die Veranstaltung diesmal nur im Livestream verfolgen. Statt wie sonst 70 Minuten sprach der FDP-Chef nur knapp 40 Minuten.

Auf keinen Fall wolle er eine Neujahrsansprache halten, hatte der Parteichef vorab gesagt. Doch er tat sich offensichtlich schwer, in diesem Format auf Betriebstemperatur für eine mitreißende Rede zu kommen. Dabei bräuchten die Liberalen angesichts der eher mageren Umfragewerte zwischen 7 und 8 Prozent unbedingt Luft unter die Flügel. Stand jetzt deutet wenig auf eine Regierungsbeteiligung hin, stattdessen könnten Union und Grüne im Bund allein koalieren. Die FDP müsste stark aufholen, um womöglich wieder zu Gesprächen für ein Jamaika-Bündnis eingeladen zu werden.

Lindner gab sich eher staatsmännisch, wechselte selten das Tempo, erhob kaum einmal die Stimme. Attacken auf den politischen Gegner überließ er seinen Vorrednern, den Baden-Württembergern Michael Theurer und Hans-Ulrich Rülke, die am 14. März bei der Landtagswahl die erste Bewährungsprobe für die Liberalen zu bestehen haben. Die beiden hatten jeweils gut 10 Minuten für ihre Reden.

Theurer piesackte die potenziellen Jamaika-Partner: "Die Grünen sind keine Partei des technologischen Fortschritts." Und: "Die CDU-geführte Bundesregierung mit Bundeskanzlerin Merkel an der Spitze zerstört die deutsche Automobilindustrie durch die einseitige Fokussierung auf batteriebetriebene Elektromobilität und durch Kaufprämien. Und die CDU-geführte EU-Kommission mit Ursula von der Leyen an der Spitze besorgt den Rest", sagte Theurer und verwies auf die geplante Euro-7-Abgasnorm.

Lindners Schlussappell richtete sich an die Wähler: "Es ist eine Grundsatzentscheidung, ob Sie eher daran glauben, dass die Zukunft unseres Landes in einer neuen Staatsfrömmigkeit besteht, bei der wir alle Entscheidungen an Regierungen abtreten; oder in der Rückbesinnung auf die Freiheitsliebe und den Gedanken der Eigenverantwortung." Für diejenigen, die auf die Freiheitsliebe vertrauten, sei die FDP der richtige "Ansprechpartner".