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ROUNDUP: EU will wegen Nawalny Sanktionen diskutieren, Russland bleibt hart

BRÜSSEL (dpa-AFX) - Die EU-Staaten wollen nach der Verurteilung des Kremlkritikers Alexej Nawalny über mögliche neue Sanktionen gegen Russland beraten. Bei einem Außenministertreffen am 22. Februar werde man die Auswirkungen der jüngsten Entwicklungen und mögliche weitere Maßnahmen erörtern, heißt es in einer am Mittwoch in Brüssel veröffentlichten Erklärung. Die Entscheidung der russischen Behörden, den 44-Jährigen zu verurteilen, sei politisch motiviert und stehe im Widerspruch zu den internationalen Menschenrechtsverpflichtungen Russlands. Die EU verurteile die Entscheidung und halte sie für inakzeptabel.

Russland zeigte sich von der internationalen Kritik indes unbeeindruckt und sieht keinen Grund zum Handeln. "Diese Hysterie über den Nawalny-Prozess ist völlig übertrieben", sagte Außenminister Sergej Lawrow vor Journalisten in Moskau. "In Bezug auf Russland - und nicht nur, was Nawalny angeht - ist die westliche Berichterstattung selektiv und einseitig."

Nawalny war am Dienstag zu dreieinhalb Jahren Haft verurteilt worden, weil er aus Sicht der Richterin mehrfach gegen Bewährungsauflagen in einem früheren Strafverfahren von 2014 wegen Betrugs und Veruntreuung von Geldern verstoßen hat. Ihm werden aber ein mehrmonatiger Hausarrest und Haftzeiten angerechnet, so dass seine Anwälte von zwei Jahren und acht Monaten im Straflager ausgehen. Er käme damit im Oktober 2023 wieder frei.

Der Oppositionspolitiker hatte sich im Januar zur Rückkehr in seine Heimat entschieden, obwohl er dort im vergangenen August Opfer eines Anschlags mit dem als Chemiewaffe verbotenen Nervengift Nowitschok geworden war. Er war dann bei seiner Ankunft festgenommen worden.

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Die EU verwies darauf, dass der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte bereits 2017 festgestellt hatte, dass die Verurteilung Nawalnys 2014 willkürlich und offensichtlich unangemessen war. "Die EU wiederholt ihre Forderung nach der sofortigen und bedingungslosen Freilassung von Herrn Nawalny sowie all jener Bürger und Journalisten, die festgenommen wurden, weil sie von ihrem Recht auf friedliche Versammlung und freie Meinungsäußerung Gebrauch gemacht haben", heißt es in der Erklärung.

Wegen der Inhaftierung Nawalnys gibt es in der EU bereits seit dem vergangenen Monat Forderungen nach weiteren EU-Sanktionen gegen Russland. Wegen des Anschlags auf den russischen Oppositionsführer, der danach in Deutschland behandelt wurde, hatte die EU bereits im vergangenen Jahr Einreise- und Vermögenssperren gegen mutmaßliche Verantwortliche aus dem Umfeld von Präsident Wladimir Putin verhängt. In Brüssel wird davon ausgegangen, dass staatliche Stellen in Russland hinter dem Attentat stehen.

Auch die Bundesregierung zeigte sich offen für neue Strafmaßnahmen der EU gegen Moskau. "Weitere Sanktionen sind nicht ausgeschlossen", sagte Regierungssprecher Steffen Seibert in Berlin. Er kritisierte das Urteil eines Moskauer Gerichts gegen Nawalny als "fernab rechtsstaatlicher Prinzipien". Die gesamte Bundesregierung fordere die Freilassung des Oppositionellen. Außerdem verurteile sie die "systematische Gewaltanwendung gegen friedliche Demonstranten" in ganz Russland. Seibert sprach von "empörenden Beispielen von Polizeibrutalität" bei den Protesten gegen die Inhaftierung Nawalnys.

Nach dem Richterspruch hatte es vor allem in der Hauptstadt Moskau und in St. Petersburg am Dienstagabend spontane Massenproteste mit teils massiver Polizeigewalt und Verletzten gegeben. Bürgerrechtler sprachen von mehr als 1400 Festnahmen. Bereits am vergangenen Sonntag waren demnach landesweit rund 5700 Menschen in Polizeigewahrsam gekommen - das sind innerhalb von nur zwei Tagen 7000 Festnahmen.

Der Kreml verteidigte den Einsatz gegen die ungenehmigten Proteste erneut. Sprecher Dmitri Peskow nannte die Demonstranten der Agentur Interfax zufolge "Provokateure". Putin hatte sie mit "Terroristen" verglichen.

Nach Einschätzung Peskows hat die Inhaftierung Nawalnys keine größeren Auswirkungen auf die politische Lage in Russland. In westlichen Ländern aber steht Moskau in der Kritik: Neben Deutschland hatten etwa die USA, Frankreich und Großbritannien die sofortige Freilassung von Nawalny gefordert.

Diskutiert wird nun erneut auch ein möglicher Baustopp der fast fertiggestellten deutsch-russischen Ostsee-Pipeline Nord Stream 2. Der Grünen-Politiker Reinhard Bütikofer meinte im Südwestrundfunk (SWR): "Es ist längst der Zeitpunkt überschritten, an dem man noch in den Spiegel gucken kann als deutsche Bundeskanzlerin, ohne zu sagen: Ich entziehe dem politischen Projekt Nord Stream 2 die politische Unterstützung, die ich ihm so viele Jahre gewährt habe."

Die Bundesregierung steht aber offiziell weiter zu dem Projekt. "Da ist die Haltung der Bundesregierung bekannt und hat sich nicht verändert", sagte Sprecher Seibert. Die Bundesregierung sieht in der fast fertiggebauten Gasleitung zwischen Russland und Deutschland ein wirtschaftliches Projekt, bei dem sie nicht intervenieren will.