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ROUNDUP: Erdogan reist ins Katastrophengebiet - 9300 Tote

ISTANBUL/DAMASKUS (dpa-AFX) -Die steigenden Todeszahlen machen es überdeutlich: Die türkisch-syrische Grenzregion ist von einem der schlimmsten Erdbeben der vergangenen Jahrzehnte heimgesucht worden. Mehr als 9300 Menschen starben, über 45 000 wurden verletzt. Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan will sich zwei Tage nach dem Beben vor Ort ein Bild der Lage machen. Am Mittwoch wurde er in den Provinzen Hatay und Kahramanmaras erwartet.

Derweil dürften die Schreckensmeldungen neuer Opferzahlen nicht abreißen. Fieberhaft suchen Helfer weiter nach Menschen unter den Trümmern. Ein Kampf gegen die Zeit - und gegen eisige Temperaturen.

Vor Ort erschwert auch die politische Lage die Hilfen - so etwa am einzigen offenen Grenzübergang Bab al-Hawa zwischen der Türkei und Syrien. Wegen Straßenschäden verzögere sich dort die Lieferung humanitärer Hilfe, sagten UN-Quellen der Deutschen Presse-Agentur. Aus der Gegend des Grenzübergangs hieß es, einige Hauptstraßen auf dem Weg zur Grenze hätten durch die Beben Risse oder andere Schäden erlitten.

Bab al-Hawa ist der letzte von einst vier Grenzübergängen, über den Hilfen auch in die Teile Syriens gelangen können, die nicht von der Regierung kontrolliert werden. Hilfsgüter, die über die Hauptstadt Damaskus ins Land kommen, werden von der Regierung von Präsident Baschar al-Assad verteilt. Es gab mehrfach Berichte darüber, dass die Regierung sich daran selbst bereichert etwa durch den Verkauf ans eigene Volk - oder dass bei der Verteilung Gebiete übergangen werden, die die Regierung als verfeindet betrachtet. Der Grenzübergang gilt deshalb als Lebensader für die Menschen im Nordwesten des Landes.

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In der Türkei rückt aus dem Ausland immer mehr Unterstützung an. So brach etwa am Flughafen Köln/Bonn am frühen Mittwochmorgen ein 50-köpfiges Team des Technischen Hilfswerks (THW) ins Katastrophengebiet auf.

Der türkische Vizepräsident Fuat Oktay teilte am späten Dienstagabend mit, in der zweiten Nacht liefen die Bergungsaktivitäten immer noch auf Hochtouren.

Der türkische Oppositionsführer warf Präsident Erdogan indes Versagen beim Krisen-Management vor. Der Präsident habe es versäumt, das Land in seiner 20-jährigen Regierungszeit auf solch ein Beben vorzubereiten, sagte Kemal Kilicdaroglu, Chef der größten Oppositionspartei CHP.

Die Türkei ist wegen ihrer geografischen Lage besonders erdbebengefährdet. Vielerorts wird jedoch auch die dürftige Bausubstanz als ein Grund für die vielen eingestürzten Häuser diskutiert. Betroffene klagen auch über fehlende oder nur schleppende Hilfe bei der Bergung Verschütteter.

Nach Angaben von Vizepräsident Oktay sind rund 16 150 Rettungs- und Suchteams im Einsatz - sie seien in alle betroffenen Provinzen und Bezirke entsandt worden. Insgesamt seien rund 60 000 Helfer vor Ort. Der Regierungspolitiker sagte, dass in der Nacht zu Mittwoch internationale und lokale Teams vor allem in die Provinzen Adiyaman, Hatay und Kahramanmaras gebracht würden.

Mit einer Stärke von 7,7 bis 7,8 hatte das Beben am frühen Montagmorgen das Gebiet an der Grenze zwischen der Türkei und Syrien erschüttert. Am Montagmittag folgte dann ein weiteres Beben der Stärke 7,5 in derselben Region. Tausende Gebäude stürzten ein.

Alleine in der Türkei gab es nach Angaben der Katastrophenschutzbehörde Afad vom Mittwoch 7108 Tote und 40 910 Verletzte zu beklagen. In Syrien starben laut dem dortigen Gesundheitsministerium sowie der Rettungsorganisation Weißhelme 2270 Menschen.

Die Bergungsarbeiten sind ein Rennen gegen die Zeit: Die kritische Überlebensgrenze für Verschüttete liegt normalerweise bei 72 Stunden. Temperaturen um den Gefrierpunkt machten den Überlebenden zusätzlich zu schaffen, viele haben kein Dach mehr über dem Kopf.

Zu den Überlebenschancen generell erklärt Henri Paletta, Vizepräsident des Bundesverbands Rettungshunde: "Man sagt, dass nur wenige Tage eigentlich bleiben." Allerdings seien in der Vergangenheit auch Menschen nach vier oder fünf Tagen gerettet worden. "Wir hoffen natürlich immer auf Wunder."

Von einem solches "Wunder" konnte am Mittwoch ein Krankenhaus im Norden Syriens berichten. Dort war den Angaben zufolge ein Baby in den Trümmern zur Welt gekommen und hat überlebt. Dem kleinen Mädchen gehe es gut, sagte der behandelnde Arzt Hani Maruf im Krankenhaus Afrin der Deutschen Presse-Agentur. Das Heimatdorf der Familie nahe der türkischen Grenze wurde von den Erdbeben schwer getroffen. Die gesamte Familie des Babys kam bei der Katastrophe ums Leben.

Retter in Syrien vermuten, dass noch immer Hunderte Familien unter den Trümmern begraben sind. Eines der am schwersten betroffenen Gebiete in dem Land ist die von Rebellen kontrollierte Region Idlib.

In Syrien war nach Protesten gegen die Regierung 2011 ein Bürgerkrieg ausgebrochen, in dem viele ausländische Staaten eingriffen und in dem über ein Jahrzehnt mehr als 350 000 Menschen getötet wurden. Die Assad-Regierung beherrscht inzwischen wieder rund zwei Drittel des zersplitterten Landes. Die Erdbebenkatastrophe traf im Norden Gebiete unter verschiedener Kontrolle, was Helfern die Arbeit zusätzlich erschwert.