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ROUNDUP: BGH macht genauere Vorgaben für Zinsnachzahlungen an Prämiensparer

KARLSRUHE (dpa-AFX) - Sparerinnen und Sparer mit alten Prämiensparverträgen, die wegen einer weit verbreiteten Klausel zu wenig Zinsen erhalten haben, bekommen Rückenwind für Nachforderungen. Der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe entschied am Mittwoch über eine erste Musterfeststellungsklage von Verbraucherschützern und bestätigte deren Position in wichtigen Punkten. Insbesondere machten die Richterinnen und Richter genauere Vorgaben, wie die Ansprüche zu berechnen sind. Es bleiben aber auch Fragen offen. (Az. XI ZR 234/20)

Hintergrund ist, dass viele Prämiensparverträge, die in den 1990er und 2000er Jahren zu Hunderttausenden abgeschlossen wurden, unzulässige Klauseln enthielten. Auch Volks- und Raiffeisenbanken sind betroffen, in erster Linie aber die Sparkassen. Die Klauseln berechtigten die Kreditinstitute, einseitig weitgehend frei den Zinssatz anzupassen - "nach Gutsherrenart", wie es der Vorsitzende Richter Jürgen Ellenberger bei der Urteilsverkündung nannte.

Das Problem ist seit 2004 bekannt. Schon damals entschied der BGH, dass so etwas für die Kundinnen und Kunden zumindest bei langjährigen Sparverträgen unzumutbar ist. Zwar hat nicht jeder, dessen Vertrag eine solche unzulässige Klausel enthält, automatisch weniger Zinsen bekommen, als ihm zustehen. In vielen Fällen ist das aber so.

Trotzdem haben viele Betroffene bis heute keine Nachzahlung bekommen. Verbraucherschützer werfen den Sparkassen vor, auf Zeit zu spielen, und versuchen, mit Musterfeststellungsklagen Druck zu machen. Denn viele Sparverträge sind inzwischen ausgelaufen oder wurden gekündigt. Damit drohen die Ansprüche der Kundinnen und Kunden zu verjähren.

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Michael Hummel von der klagenden Verbraucherzentrale Sachsen hatte schon nach der Verhandlung am Vormittag, in der sich der Ausgang bereits abzeichnete, von einem großen Erfolg gesprochen. Prämiensparer könnten anhand der BGH-Vorgaben nun sehr konkret ihre Forderungen berechnen. Die Entscheidung gelte zwar unmittelbar nur für die mehr als 1300 Betroffenen, die sich der Musterklage gegen die Stadt- und Kreissparkasse Leipzig angeschlossen hatten. "Aber insgesamt ist es natürlich ein Leiturteil, das für alle Prämiensparverträge aller betroffenen Institute gelten wird."

Wer sich an keiner Musterklage beteiligt hat, muss allerdings selbst bei der Bank Druck machen und die Nachzahlungen, wenn es hart auf hart kommt, erst vor Gericht durchsetzen. Auch die Musterklägerinnen und -kläger müssen möglicherweise noch Anschlussprozesse führen. Nach den Berechnungen der Verbraucherschützer hat ihnen die Leipziger Sparkasse im Durchschnitt 3100 Euro zu wenig gezahlt.

Die Verbraucherschützer werteten vor allem als Erfolg, dass mit dem BGH-Urteil feststeht, dass der genauen Berechnung der Ansprüche ein Referenzzinssatz der Bundesbank für langfristige Spareinlagen zugrundezulegen ist. Welcher Zinssatz dafür am besten geeignet ist, muss nun allerdings noch am Oberlandesgericht Dresden mit Hilfe eines Sachverständigen geklärt werden. Außerdem machten die Richterinnen und Richter Vorgaben, um Negativzinsen auszuschließen. Dafür müsse der anfängliche relative Zinsabstand beibehalten werden.

Das weiche "von der bisher allseits verwendeten Zinsberechnung" ab, teilte der Deutsche Sparkassen- und Giroverband (DSGV) mit. Der relative Abstand sei für die Verbraucher nicht immer vorteilhaft. "Wir sehen in dem Urteil deshalb nicht unbedingt eine Entscheidung im Interesse der Verbraucher." Der Dachverband der Finanzgruppe wies außerdem darauf hin, dass es um Sparverträge gehe, "die wegen einer vergleichsweise hohen Prämie für die Kunden in allen Jahren der Laufzeit außerordentlich attraktiv waren und die Rendite der meisten anderen Anlageformen deutlich übertroffen haben".

Zur wichtigen Frage, ob Ansprüche womöglich inzwischen erloschen sind, gab es keine höchstrichterliche Festlegung. Hummel sagte, die Verbraucherzentralen würden auch hier eine baldige Klärung anstreben.

Die Bürgerbewegung Finanzwende forderte die Institute auf, nun von sich aus auf alle betroffenen Kunden zuzugehen. "Es wäre unangemessen, um nicht zu sagen verwerflich, weiter auf die Trägheit der Kundschaft zu setzen", teilte die gemeinnützige Gesellschaft mit.