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BONN (dpa-AFX) -Bei der Aufarbeitung des Cum-Ex-Steuerskandals hat vor dem Bonner Landgericht ein Strafverfahren gegen den Hamburger Bankier Christian Olearius begonnen. Zum Prozessauftakt am Montag verlas die Staatsanwaltschaft die Anklageschrift gegen den persönlich haftenden Gesellschafter der Privatbank M.M. Warburg.
Es geht um 14 Fälle der besonders schweren Steuerhinterziehung, die sich im Kern auf den Zeitraum 2006 bis 2011 bezieht - also auf die Hochphase der sogenannten Cum-Ex-Geschäfte, bei denen gar nicht gezahlte Steuern vom Staat erstattet wurden und die Allgemeinheit um Milliarden geprellt wurde. Olearius' Taten rechnen die Ankläger einen Steuerschaden von 280 Millionen Euro zu (Aktenzeichen 63 KLs 1/229).
Der 81-Jährige hat die Vorwürfe in der Vergangenheit stets zurückgewiesen. Seine Anwälte wollen am Mittwoch im Gerichtssaal auf die Vorwürfe antworten. Bis März 2024 sind noch 27 Verhandlungstage geplant. Dem früheren Warburg-Chef drohen bis zu zehn Jahre Haft.
Bei Cum-Ex-Deals inszenierten Banken und andere Finanzakteure ein Verwirrspiel. Rund um den Dividendenstichtag wurden Aktien mit (cum) und ohne (ex) Ausschüttungsanspruch zwischen Beteiligten hin- und hergeschoben. Am Ende erstatteten Finanzämter nicht gezahlte Steuern. 2012 schloss der Staat das Schlupfloch. 2021 entschied der Bundesgerichtshof (BGH), dass Cum-Ex-Geschäfte als Steuerhinterziehung zu werten sind.
Die Staatsanwältin Stephanie Kerkering und ihr Kollege David Pagenkemper lasen am Montag die Anklagepunkte abwechselnd insgesamt drei Stunden lang vor. Dabei nannten sie die Namen der zentral beteiligten Finanzakteure, darunter den bereits zu zwei Haftstrafen verurteilten Steueranwalt und "Mister Cum-Ex" Hanno Berger. Aus Sicht der Staatsanwälte reiht sich Olearius nahtlos ein in das "Who is Who" des größten Steuerbetrugs der Bundesrepublik.
Eine zentrale Frage des Verfahrens ist, ob Olearius eine treibende Kraft war und ob ihm klar war, was er tat. Ja, sagen die Ankläger: Er sei einer der Initiatoren gewesen. "Der Angeklagte war darüber informiert und steuerte maßgeblich", sagte Staatsanwältin Kerkering. Er sei in Krisensituationen eingebunden gewesen, um Risiken abzuwenden, und ihm sei bekannt gewesen, dass das Cum-Ex-Geschäftsmodell auf der Anrechnung beziehungsweise Erstattung von Steuern beruhte, die gar nicht gezahlt worden waren: "Ihm war bewusst, dass es sich um unzutreffende Angaben handelte."
Die Staatsanwältin betonte, dass das Geschäftsmodell "auf der betrügerischen Erlangung von Steuergeldern basiert". Bedenken eines Fachmanns zur Rechtmäßigkeit im Jahr 2010 blieben bei Olearius der Anklage zufolge ohne Reaktion - er habe zugelassen, dass Bedenken vom Tisch gewischt worden seien und es weitergegangen sei.