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ROUNDUP 5/Nach erzwungener Landung: Belarus drohen Sanktionen der EU

(erweiterte Fassung)

BRÜSSEL/MINSK (dpa-AFX) - Nach der erzwungenen Landung eines Passagierflugzeugs in Minsk drohen Belarus heftige EU-Sanktionen. Erwogen werde unter anderem ein Flugstopp für die belarussische Airline, sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) am Montagabend vor Beginn eines EU-Gipfels in Brüssel. Ratschef Charles Michel nannte das Vorgehen von Belarus einen "internationalen Skandal". Dagegen verteidigte Russland als Verbündeter das Vorgehen der autoritären Führung in Minsk. Das belarussische Innenministerium bestätigte offiziell die Festnahme des Bloggers Roman Protassewitsch. Der Aktivist meldete sich auch selbst zu Wort - womöglich unter Zwang.

Die Behörden der autoritär regierten Republik hatten am Sonntag ein Ryanair-Flugzeug auf dem Weg von Griechenland nach Litauen mit Hilfe eines Kampfjets zur Landung in Minsk gebracht - angeblich wegen einer Bombendrohung. Nach EU-Angaben waren 171 Menschen an Bord, darunter Protassewitsch. Die meisten übrigen Passagiere reisten nach stundenlanger Verzögerung weiter nach Vilnius.

Kanzlerin Merkel forderte die sofortige Freilassung des Bloggers und dessen Partnerin, die ebenfalls im umgelenkten Flug saß. Merkel sprach von einem "beispiellosen Vorgehen der belarussischen Autoritäten". Zu den erwogenen Strafmaßnahmen gehöre, weitere Menschen auf die EU-Sanktionsliste zu setzen, auf der der Machthaber Alexander Lukaschenko selbst bereits steht. Ein Flugverbot für die belarussische Fluggesellschaft Belavia und die Forderung nach einer internationalen Untersuchung des Vorfalls seien ebenfalls denkbar, sagte die Kanzlerin. Die Lufthansa teilte am Sonntagabend mit, dass sie "aufgrund der aktuell dynamischen Lage" die "Operation im weißrussischen Luftraum" vorerst aussetze. Der nächste Flug zwischen Frankfurt und Minsk wäre für diesen Mittwoch geplant. Hierüber solle noch entschieden werden, sagte eine Sprecherin.

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Den EU-Staats- und Regierungschefs lag ein Textentwurf für eine gemeinsame Forderung vor. Dazu zählten neben einem Flug- und Landeverbot für belarussische Airlines in der EU auch die Aufforderung an EU-Fluggesellschaften, Überflüge über belarussisches Gebiet zu vermeiden.

Zudem könnten weitere Personen auf eine EU-Sanktionsliste gesetzt und mit Vermögenssperren oder Einreiseverboten belegt werden. Die EU-Staaten wollten dem Entwurf zufolge eine Untersuchung der internationalen Flugbehörde ICAO fordern, ebenso die sofortige Freilassung von Protassewitsch und dessen Partnerin. Die EU hatte wegen der anhaltenden Unterdrückung der Demokratiebewegung in Belarus bereits im vergangenen Jahr mehrere Sanktionspakete gegen Unterstützer Lukaschenkos verabschiedet.

EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen sagte, die EU werde so lange Druck "auf das Regime" Lukaschenko ausüben, "bis es die Freiheit der Meinung und die Freiheit der Medien respektiert". Sie sprach von einem himmelschreienden Verhalten, das strenge Konsequenzen nach sich ziehen werde.

Das Schicksal und der Verbleib des festgenommenen Bloggers waren mehr als 24 Stunden unklar. Der junge Mann war nach Angaben seines Vaters auf der Rückreise von einem Griechenland-Urlaub nach Litauen gewesen, als Lukaschenko das Flugzeug zur Landung zwingen ließ. Dmitri Protassewitsch sprach von einem staatlichen "Terrorakt".

In einem regierungsnahen Nachrichtenkanal bei Telegram bestätigte der Blogger, dass er im "Untersuchungsgefängnis Nr. 1" in der Hauptstadt Minsk sei. Zu Berichten über einen angeblichen Krankenhausaufenthalt wegen Herzproblemen sagte er: "Ich kann erklären, dass ich keine gesundheitlichen Probleme habe, auch nicht mit dem Herzen und anderen Organen." Er werde gesetzeskonform behandelt. Er arbeite mit den Ermittlern zusammen und wolle weitere Geständnisse ablegen.

Nach Einschätzung der Opposition ist das Video unter Druck zustande gekommen. "Roman hat nie freiwillig gesagt, was er jetzt in die Kamera gesagt hat", hieß es bei Telegram. Er sehe zudem "ziemlich gefoltert" aus. "Sein Gesicht ist geschminkt, Spuren von Schlägen sind sichtbar, seine Nase ist gebrochen".

An Bord der Maschine waren nach Einschätzung von Ryanair-Chef Michael O'Leary auch Agenten des belarussischen Geheimdienstes KGB. Der Vorfall sei "sehr beängstigend" gewesen, für Personal und Passagiere, die stundenlang von Bewaffneten festgehalten worden seien. Die Nato will sich am Dienstag mit dem Vorfall befassen.

Belarus zeigte sich offen für eine internationale Untersuchung des Vorfalls. "Ich bin sicher, dass wir in dieser Angelegenheit in der Lage sind, volle Transparenz zu gewährleisten", sagte der Sprecher des Außenministeriums, Anatoli Glas, in Minsk. Wenn nötig sei Belarus auch bereit, "Experten zu empfangen" und Informationen offenzulegen, um Unterstellungen zu vermeiden. Der Kreml in Moskau sprach sich ebenfalls für eine internationale Untersuchung aus.

Die Bürgerrechtlerin und frühere Präsidentschaftskandidatin in Belarus, Swetlana Tichanowskaja, zeigte sich beunruhigt: "Jetzt versteht jeder, dass nicht nur Belarussen bedroht sind. Es wurde ein Akt des Staatsterrorismus begangen. Jeder Passagier in einem Flugzeug, das über Weißrussland fliegt, ist jetzt in Gefahr. Das Regime hat unser Land zu einem Nordkorea inmitten von Europa gemacht", meinte die im Exil lebende Oppositionelle.

Einige Länder reagierten bereits: So setzte Großbritannien die Betriebserlaubnis für die staatliche belarussische Fluglinie Belavia aus. Die litauische Regierung verhängte ein Überflugverbot über den belarussischen Luftraum.