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ROUNDUP 4/Nach erzwungener Landung: Belarus drohen neue EU-Sanktionen

(nach Beginn EU-Gipfel)

BRÜSSEL/MINSK (dpa-AFX) - Nach der erzwungenen Landung eines Passagierflugzeugs in Minsk drohen Belarus heftige EU-Sanktionen. Erwogen werde unter anderem ein Flugstopp für die belarussische Fluggesellschaft, sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) vor Beginn eines EU-Gipfels in Brüssel. Ratschef Charles Michel nannte das Vorgehen von Belarus einen "internationalen Skandal".

Die Behörden der autoritär regierten Republik hatten am Sonntag ein Ryanair-Flugzeug auf dem Weg von Griechenland nach Litauen mit Hilfe eines Kampfjets zur Landung in Minsk gebracht - angeblich wegen einer Bombendrohung. Nach EU-Angaben waren 171 Menschen an Bord. An Bord war nach Angaben des Menschenrechtszentrums Wesna auch der von Lukaschenko international gesuchte Blogger Roman Protassewitsch, der in Minsk festgenommen wurde. Die meisten übrigen Passagiere reisten nach stundenlanger Verzögerung weiter nach Vilnius.

Kanzlerin Merkel forderte die sofortige Freilassung des Bloggers und dessen Partnerin, die ebenfalls im umgelenkten Flug saß. Die CDU-Politikerin sprach von einem "beispiellosen Vorgehen der belarussischen Autoritäten". Zu den erwogenen Strafmaßnahmen gehöre, weitere Menschen auf die EU-Sanktionsliste zu setzen, auf der der belarussische Präsident Alexander Lukaschenko bereits steht. Ein Flugverbot für die belarussische Fluggesellschaft und die Forderung nach einer internationalen Untersuchung des Vorfalls seien ebenfalls denkbar, sagte Merkel.

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Diplomaten einigten sich kurz vor dem Treffen auf Vorschläge für Strafmaßnahmen gegen die Regierung in Minsk und legten sie den Staats- und Regierungschefs vor. Dazu zählten neben einem Flug- und Landeverbot für belarussische Airlines in der EU auch die Aufforderung an EU-Fluggesellschaften, Überflüge über belarussisches Gebiet zu vermeiden.

Zudem könnten weitere Personen auf eine EU-Sanktionsliste gesetzt und mit Vermögenssperren oder Einreiseverboten belegt werden. Die EU-Staaten wollten dem Entwurf zufolge eine Untersuchung der internationalen Flugbehörde ICAO fordern, ebenso die sofortige Freilassung von Protassewitsch und dessen Partnerin.

Die EU hatte wegen der anhaltenden Unterdrückung der Demokratiebewegung in Belarus bereits im vergangenen Jahr mehrere Sanktionspakete gegen Unterstützer Lukaschenkos verabschiedet.

EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen sagte, die EU werde so lange Druck "auf das Regime" Lukaschenko ausüben, "bis es die Freiheit der Meinung und die Freiheit der Medien respektiert". Sie sprach von einem himmelschreienden Verhalten, das strenge Konsequenzen nach sich ziehen werde. Sie unterstrich auch, dass in der EU ein Investitions- und Wirtschaftspaket für Belarus im Umfang von drei Milliarden Euro bereitstehe. Dies bleibe eingefroren, bis das Land demokratisch werde.

Das Schicksal und der Verbleib des festgenommenen Bloggers war auch am Montag unklar. Bestätigt war nur die Festnahme. Der junge Mann war nach Angaben seines Vaters auf der Rückreise von einem Griechenland-Urlaub in die litauische Hauptstadt Vilnius gewesen, als Lukaschenko das Flugzeug zur Landung zwingen ließ. Dmitri Protassewitsch sprach von einem staatlichen "Terrorakt".

An Bord der Maschine waren nach Einschätzung von Ryanair-Chef Michael O'Leary auch Agenten des belarussischen Geheimdienstes KGB. Er lobte die Besatzung für ihren "phänomenalen Job". Der Vorfall sei "sehr beängstigend" gewesen, für Personal und Passagiere, die stundenlang von Bewaffneten festgehalten worden seien. Die Nato will sich am Dienstag mit dem Vorfall befassen.

Belarus zeigte sich offen für eine internationale Untersuchung des Vorfalls. "Ich bin sicher, dass wir in dieser Angelegenheit in der Lage sind, volle Transparenz zu gewährleisten", sagte der Sprecher des Außenministeriums, Anatoli Glas, in Minsk. Wenn nötig sei Belarus auch bereit, "Experten zu empfangen" und Informationen offenzulegen, um Unterstellungen zu vermeiden.

Der Kreml in Moskau sprach sich ebenfalls für eine internationale Untersuchung aus. "Es gibt internationale Luftfahrtvorschriften, und es sind die internationalen Luftfahrtbehörden, die hier die Einhaltung oder Nichteinhaltung dieser internationalen Standards bewerten sollten", sagte Sprecher Dmitri Peskow der Agentur Interfax zufolge. Dem russischen Außenminister zufolge wird in Minsk wohl auch eine russische Staatsbürgerin festgehalten. Dabei soll es sich um die Freundin des festgenommenen Bloggers handeln.

Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International kritisierte die die erzwungene Landung scharf. Der Fall klinge nach einer Hollywood-Idee, sei aber keine. "Die Realität dieses offensichtlichen Aktes der Luftpiraterie ist erschreckend", sagte Marie Struthers, Osteuropa-Expertin der Menschenrechtsorganisation.