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ROUNDUP 3: US-Geheimdienste sollen Pandemie-Ursprung aufklären - China empört

WASHINGTON/PEKING (dpa-AFX) - Mit neuen Untersuchungen amerikanischer Geheimdienste zum Ursprung der Corona-Pandemie hat die US-Regierung den Zorn Chinas auf sich gezogen. US-Präsident Joe Biden hatte die Geheimdienste des Landes damit beauftragt, dem Ursprung der Corona-Pandemie auf den Grund zu gehen - und dabei die mögliche Schlussfolgerung im Raum stehen lassen, dass das Virus aus einem Labor im chinesischen Wuhan stammen könnte. Das Außenministerium in Peking warf den USA daraufhin am Donnerstag vor, von eigenem Versagen bei der Bekämpfung der Pandemie ablenken zu wollen, die Hunderttausende Amerikaner das Leben gekostet habe.

Die bisherigen Untersuchungen zum Ursprung des Coronavirus hätten unterschiedliche Einschätzungen ohne finale Schlussfolgerungen geliefert, hatte Biden am Mittwoch in einer schriftlichen Stellungnahme erklärt. Daher habe er die Geheimdienste angewiesen, ihre Bemühungen zu verstärken und binnen 90 Tagen einen weiteren Bericht dazu vorzulegen.

Biden offenbarte, dass das Szenario eines möglichen Laborunfalls in China zumindest in Teilen des US-Geheimdienstapparates für möglich gehalten wird. Schon sein Vorgänger Donald Trump hatte wiederholt behauptet, Hinweise zu haben, dass das Virus aus einem Labor in Wuhan stamme. Trump hatte gesagt, womöglich sei ein "schrecklicher Fehler" geschehen: "Wahrscheinlich war es Inkompetenz, jemand war dumm." Weder er noch Mitglieder seiner Regierung legten aber Belege vor.

Das Coronavirus war im Dezember 2019 erstmals in Wuhan nachgewiesen worden. In der zentralchinesischen Stadt gibt es das Institut für Virologie (WIV), das auch an Coronaviren forscht - was den Verdacht nährte, es könnte eine undichte Stelle gegeben haben. Vergangene Woche dementierte China einen Bericht des "Wall Street Journal", wonach drei Wissenschaftler des Instituts im November 2019 corona-ähnliche Symptome gezeigt hätten und so schwer erkrankt seien, dass sie im Krankenhaus behandelt werden mussten.

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Mit der Ankündigungen neuer Untersuchungen gibt Biden der These vom Laborunfall nun neuen Raum und forciert die Suche nach Antworten, was in Peking nicht gut ankommt. Der Sprecher des chinesischen Außenministeriums, Zhao Lijian, verwies am Donnerstag vor der Presse darauf, dass Experten der Weltgesundheitsorganisation (WHO) nach Ermittlungen in Wuhan im Februar festgestellt hätten, dass ein Laborunfall "extrem unwahrscheinlich" sei. Überhaupt hätten sie Chinas Offenheit gelobt.

Er warf den USA vor, von ihrer eigenen "inkompetenten Antwort" auf die Pandemie ablenken zu wollen. Unter Hinweis auf 33 Millionen Infektionen und fast 600 000 Tote allein in den USA sagte der Diplomat: "Die USA reflektieren nicht über ihre eigenen Probleme, sondern versuchen vielmehr, die Schuld China zuzuschieben." Er machte auch wieder Andeutungen, dass das Virus aus einem US-Militärlabor in Fort Detrick oder anderswo entsprungen und durch infizierte Teilnehmer der Militärweltspiele im Oktober nach Wuhan gelangt sein könnte.

"Es gibt viele Zweifel über Fort Detrick - und die USA haben mehr als 200 biologische Labore in der Welt", sagte Zhao Lijian. "Wie viele Geheimnisse halten die USA zurück?" Wenn die USA China aufforderten, sich an einer umfassenden Untersuchung zu beteiligen, fordere China seinerseits die USA auf, dem chinesischen Beispiel zu folgen und internationale Ermittlungen zuzulassen. Die Mutmaßungen über Fort Detrick zählen nach einer mehrmonatigen Analyse des Digital Forensic Research Lab der US-Denkfabrik Atlantic Council und der Nachrichtenagentur AP zu den vielen Falschinformationen, mit denen China versucht, sich selbst als mögliches Opfer darzustellen.

Biden erklärte, er habe schon im März einen Geheimdienstbericht in Auftrag gegeben - inklusive der Frage, ob das Virus durch menschlichen Kontakt mit einem infizierten Tier oder einen Laborunfall aufgekommen sein könnte. Diesen Bericht habe er inzwischen vorliegen. Innerhalb des Geheimdienstapparates gebe es unterschiedliche Einschätzungen. Die Dienste sollten nun weitere Informationen sammeln, "die uns einer endgültigen Schlussfolgerung näherbringen könnten".

Diese vorsichtige Formulierung lässt auch die Möglichkeit offen, dass es definitive Antworten womöglich nie geben wird. Biden beklagte, dass in den ersten Monaten der Pandemie - also noch unter Trump - US-Inspektoren keinen Zugang zu wichtigen Orten in China bekommen hätten. Dies werde "immer jede Untersuchung" behindern.

Die US-Geheimdienste hatten im April vergangenen Jahres mitgeteilt, sie stimmten "mit dem breiten wissenschaftlichen Konsens überein, dass das Covid-19-Virus nicht von Menschen gemacht oder genetisch verändert wurde". Sie kündigten aber auch an, neue Erkenntnisse zu prüfen, wenn es solche gebe.

Die vom Demokraten Biden angeordnete Untersuchung birgt politischen Sprengstoff für das ohnehin angespannte Verhältnis zwischen den USA und China. Der einflussreiche republikanische Senator Lindsey Graham forderte bereits, sollte das Virus tatsächlich aus einem chinesischen Labor stammen, "müssen wir China zur Rechenschaft ziehen". Die Vizesprecherin des Weißen Hauses, Karine Jean-Pierre, antwortete ausweichend auf Fragen nach möglichen Strafen für China in einem solchen Fall. Erst nach Ablauf der 90-Tage-Frist werde man in der Lage sein, eine neue Bewertung vorzunehmen, sagte sie.

Jean-Pierre betonte zugleich: "Wir werden weiterhin darauf dringen, dass China an einer vollständigen, transparenten, evidenzbasierten internationalen Untersuchung teilnimmt, mit dem nötigen Zugang, um einem Virus auf den Grund zu gehen, das weltweit mehr als drei Millionen Menschenleben gefordert hat." Es sei auch im Interesse Chinas, für Aufklärung zu sorgen. "China ist nicht transparent gewesen. Sie müssen mehr tun."

International gibt es große Bemühungen, den Anfängen der Pandemie auf die Spur zu kommen. Die WHO vermutet, dass das Virus außer in Fledermäusen auch in Schuppentieren seinen Ursprung gehabt haben könnte, wie es in dem Abschlussbericht des Untersuchungsteams aus je 17 chinesischen und ausländischen Wissenschaftlern stand, die in Wuhan ermittelt hatten. Die USA zogen aber die Qualität der Untersuchung in Zweifel. Auch gab es aus dem WHO-Team selbst Klagen über unzureichenden Zugang und unvollständige chinesische Daten.