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ROUNDUP 2/Streit um die Justiz: EU-Kommission beantragt Sanktionen gegen Polen

BRÜSSEL (dpa-AFX) - Die EU-Kommission verschärft mit einem Antrag auf finanzielle Sanktionen gegen Polen ihr Vorgehen gegen die Justizreformen des Landes. Hintergrund ist insbesondere die fortgesetzte Tätigkeit der Disziplinarkammer zur Bestrafung von Richtern, wie die Brüsseler Behörde am Dienstag mitteilte. Sie ist nach Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs nicht mit EU-Regeln zur Unabhängigkeit und Unparteilichkeit der Justiz vereinbar.

"Die jüngsten Urteile des Europäischen Gerichtshofs (...) wurden in Polen nicht vollständig umgesetzt", erklärte die zuständige Vizekommissionspräsidentin Vera Jourova zur Beantragung der Finanzsanktionen. Deswegen gehe man nun den nächsten Schritte, um der Situation Rechnung zu tragen. "Die Justizsysteme in der gesamten Europäischen Union müssen unabhängig und fair sein", kommentierte Kommissionschefin Ursula von der Leyen.

Über den Antrag auf finanzielle Sanktionen muss nun der Europäische Gerichtshof (EuGH) entscheiden. Ihre Höhe könnte sich theoretisch auf ein tägliches Zwangsgeld in sechsstelliger Höhe belaufen. In einem anderen Fall hatte der EuGH Polen 2017 eine Strafzahlung in Höhe von mindestens 100 000 Euro pro Tag angedroht. Damals hatte das Gericht Polen angewiesen, die Abholzung des geschützten Urwalds Bialowieza einzustellen.

Die Kommission hatte der nationalkonservativen PiS-Regierung in Warschau zuletzt ein Ultimatum bis Mitte August gesetzt, um eine weitere Eskalation des Streits zu verhindern. Davor hatte der EuGH Mitte Juli geurteilt, dass Polen mit der Disziplinarkammer gegen europäisches Recht verstößt. Zudem wurde das Land mit einer einstweiligen Anordnung aufgefordert, die Bestimmungen auszusetzen, mit denen die Disziplinarkammer ermächtigt wird, über Anträge auf Aufhebung der richterlichen Immunität sowie über Fragen zur Beschäftigung und Pensionierung von Richtern zu entscheiden. Der Beschluss betraf zudem noch weitere Bestimmungen des polnischen Rechts, die die Unabhängigkeit von Richter betreffen.

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Polen hatte daraufhin angekündigt, dass die umstrittene Disziplinarkammer in ihrer derzeitigen Form abgeschafft werden soll. Sie arbeitet derzeit aber noch weiter alte Fälle ab. Nach Angaben der Nachrichtenagentur PAP gab es bei der Kammer im August 66 bereits laufende Verfahren gegen Richter, davon 19 Disziplinarverfahren und 24 Verfahren um die Aufhebung der richterlichen Immunität.

Erst am Montag stand ein solches Verfahren gegen einen Richter des Obersten Gerichtshofs auf der Agenda der Kammer. Die Sitzung wurde jedoch abgesagt, da einer der zuständigen Richter abwesend war. Wie aus der Webseite des Obersten Gerichtshofes hervorgeht, sind in den kommenden Wochen weitere Sitzungen der umstrittenen Kammer geplant.

Sie galt bislang als das Herzstück der von der PiS-Regierung initiierten Justizreformen. Die Kammer kann jeden Richter oder Staatsanwalt entlassen. Kritiker dieser Einrichtung befürchten, sie könne dazu dienen, Richter für unliebsame Entscheidungen zu maßregeln.

Erste Reaktionen aus dem Europaparlament auf die Ankündigung der Behörde von Ursula von der Leyen fielen positiv aus. Der Grünen-Abgeordnete Daniel Freund sagte: "Finanzsanktionen gegen Warschau sind der richtige Schritt." Solche Strafmaßnahmen seien schmerzhaft und das wirksamste Mittel, um den Rechtsstaat in Europa durchzusetzen. Der FDP-Politiker Moritz Körner sprach ebenfalls von einer richtigen Entscheidung. "Die polnische Regierung muss mit allen Mitteln gezwungen werden, die Demokratie im eigenen Land nicht zu zerstören", kommentierte der deutsche Europaabgeordnete.

Als ein weiteres Mittel gilt dabei das Zurückhalten von EU-Geldern. Derzeit verweigert die EU-Kommission Polen unter Verweis auf Rechtsstaatlichkeitsprobleme die Zustimmung zu Plänen zur Verwendung von EU-Corona-Hilfen. Dies führt dazu, dass dem Land bislang kein Geld ausgezahlt werden konnte. Für Polen stehen eigentlich rund 23,9 Milliarden Euro an Zuschüssen bereit.