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ROUNDUP 2: Nawalny droht Geldstrafe wegen Diffamierung eines Veteranen

(durchgehend aktualisiert)

MOSKAU (dpa-AFX) - Dem Kremlgegner Alexej Nawalny droht nach seiner Verurteilung zu Straflager nun auch noch eine Geldstrafe wegen Diffamierung eines Veteranen des Zweiten Weltkriegs. Die Staatsanwaltschaft forderte am Dienstag in Moskau eine Strafe von 950 000 Rubel (10 675 Euro) - mehr als das Doppelte eines durchschnittlichen Jahresgehalts in Russland. Staatsanwältin Jekateria Frolowa sagte in ihrem Plädoyer, es sei erwiesen, dass Nawalny einen 94-Jährigen als "Verräter" verunglimpft habe.

Das Urteil soll an diesem Samstag gesprochen werden. Am selben Tag wird auch die international kritisierte Verurteilung zu Straflager in einer Berufungsverhandlung geprüft. Frolowa sagte, Nawalny habe die Haft verdient. Kremlsprecher Dmitri Peskow betonte, dass Veteranen nicht beleidigt werden dürften. Ein Sprecher des EU-Außenbeauftragten Josep Borrell forderte hingegen abermals die sofortige und bedingungslose Freilassung des Oppositionspolitikers.

Nawalny bestreitet die Vorwürfe. Der 44-Jährige sieht den Prozess als Teil einer politischen Hetzjagd, um ihn öffentlich als Verbrecher darzustellen und mundtot zu machen. Er hatte im vorigen Jahr Protagonisten eines Propagandavideos zur umstrittenen Verfassungsänderung als "Verräter" bezeichnet. In dem Clip machten mehrere Menschen, darunter der Veteran, Werbung für die neue Verfassung. Sie steht in der Kritik, vor allem Präsident Wladimir Putin dauerhaft Macht und Straffreiheit zu sichern.

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Nawalny beruft sich auf das Recht auf freie Meinungsäußerung. "Schaut sie euch an: Sie sind die Schande des Landes", schrieb der Putin-Gegner Anfang Juni auf Twitter über die Menschen in dem Video und beschimpfte sie als "Verräter". Der Weltkriegsteilnehmer soll sich davon beleidigt gefühlt haben. Deshalb ist Nawalny nun wegen übler Nachrede angeklagt.

Unklar ist aber bisher, wer genau die Anzeige unterzeichnet hat. Nawalnys Anwälte bezweifeln, dass es der Veteran selbst war. Sie werfen der Familie vor, Unterschriften gefälscht zu haben. Nawalny fordert deshalb eine Überprüfung. Der Veteran wurde in dem Gerichtsverfahren nur einmal kurz in einem Video gezeigt.

Nawalny hielt dem Enkel des 94-Jährigen vor, seinen Großvater als "Marionette" in einem politischen Spiel gegen ihn zu benutzen und sich dafür von kremltreuen Kräften bezahlen zu lassen. Zugleich nutzte er den Prozess als Bühne, um die russische Justiz als "Schande" und Machtinstrument des Kreml zu kritisieren.

Der Oppositionsführer bezeichnete die Richterin Vera Akimowa als "gewissenloseste Richterin der Welt", die dringend eine Weiterbildung in Strafprozessrecht brauche. Staatsanwältin Frolowa forderte daraufhin ein neues Strafverfahren wegen Beleidigung der Justiz. "Nawalny verbreitet bewusst eine antipatriotische Ideologie." Es gebe keine Strafe, die den Schmerz des Veteranen wieder gut machen könne.

Gutachter hatten vor Gericht ausgesagt, dass das Wort "Verräter" allgemein geäußert und nicht konkret auf den Veteranen bezogen sei. Der Sprachwissenschaftler Anatoli Baranow von der Russischen Akademie der Wissenschaften betonte, dass es hier nicht um eine nachprüfbare Tatsachenbehauptung gehe, sondern um eine persönliche Meinung. Das Wort Verräter sei "im übertragenen Sinne" zu verstehen.

Frolowa bat darum, die Expertenmeinung nicht zu berücksichtigen. In der Verhandlung versuchte sie immer wieder, Nawalny als Staatsfeind hinzustellen, der den Sieg der Sowjetunion über Hitler-Deutschland beschmutzen wolle und selbst vor Veteranen nicht haltmache. Sie erinnerte zudem daran, dass Nawalny früher an Märschen russischer Nationalisten teilgenommen habe. Russlands Staatsmedien stellen ihn als geschichtsvergessenen Schwerverbrecher hin.

Nawalny sagte zu solchen Vorwürfen: "Ich bin der Autor eines Gesetzesprojekts, wonach ein Veteran in Russland nicht weniger bekommen sollte als ein Soldat der Wehrmacht." Viele Veteranen leben bis heute in ärmlichsten Verhältnissen.

Der Kremlkritiker war Anfang Februar verurteilt worden, weil er gegen Bewährungsauflagen in einem früheren Strafverfahren verstoßen haben soll, während er sich nach einem Giftanschlag zur Behandlung in Deutschland aufhielt. Von dreieinhalb Jahren Straflager soll er nach Anrechnung von Hausarrest und Haftzeiten noch zwei Jahre und acht Monate absitzen. Ihm droht noch eine Vielzahl an Verfahren.