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ROUNDUP 2/Migrationspolitik: Seehofer sieht drängende Fragen

BERLIN (dpa-AFX) - Kurz vor Ende seiner Amtszeit sieht Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) in der Flüchtlingspolitik dringenden Handlungsbedarf. Nach einer Sitzung des Bundeskabinetts am Mittwoch sagte er, wegen der hohen Zahl der in Griechenland anerkannten Flüchtlinge, die in Deutschland erneut Schutz beantragten, prüfe sein Haus nun die Möglichkeit, Grenzkontrollen für Flüge aus Griechenland einzuführen. Er sagte: "Das wäre eine sehr wirksame Maßnahme, die ich auch ergreife, wenn es nicht zu einem gemeinsamen Vorgehen mit Griechenland kommt."

Laut einem Bericht seines Ministeriums, der der Deutschen Presse-Agentur vorliegt, ist zuletzt auch die Zahl der Menschen, die versteckt in Lastwagen in die Europäische Union gebracht werden, stark angestiegen.

Das sogenannte Dublin-Verfahren, wonach ein Schutzsuchender in dem EU-Land einen Antrag stellen muss, wo er zuerst von den Behörden registriert wurde, funktioniere nicht, heißt es in dem Bericht, über dessen Inhalt Seehofer im Kabinett berichtete. Danach wurde in den ersten neun Monaten dieses Jahres lediglich ein Asylbewerber aus Deutschland in den zuständigen EU-Mitgliedstaat Griechenland überstellt - bei über 7100 Übernahme-Ersuchen. Nach Italien seien nach den Dublin-Regeln bei über 4000 Anfragen von deutscher Seite lediglich 158 Menschen gebracht worden. "Da ist ein europäisches System einfach zusammengebrochen", resümierte Seehofer.

Im Falle Griechenlands verhindern in der Regel die Lebensbedingungen für Asylbewerber eine Rücküberstellung. Denn deutsche Gerichte haben festgestellt, dass Schutzsuchenden dort Obdachlosigkeit und Not drohten. Das Bundesinnenministerium drängt wohl auch deshalb darauf, dass die griechische Regierung deutsche Unterstützung bei der Unterbringung und Versorgung von Flüchtlingen in Griechenland akzeptiert und eine entsprechende Absichtserklärung umsetzt. Dafür würde die Bundesregierung laut Seehofer 50 Millionen Euro zur Verfügung stellen.

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Zur gestiegenen Zahl unerlaubter Einreisen nach Deutschland via Belarus und Polen heißt es in dem Bericht, diese Menschen seien "vielfach unter falschen Versprechungen nach Belarus gelockt worden und werden nach gesicherten Informationen von belarussischen Amtsträgern häufig daran gehindert, sich aus dem Grenzgebiet in Sicherheit zu bringen und in ihre Heimat zurückzukehren".

Der belarussische Machthaber Alexander Lukaschenko hatte als Reaktion auf westliche Sanktionen erklärt, er werde Migranten auf dem Weg in die Europäische Union nicht mehr aufhalten. Seither nimmt die Zahl irregulärer Grenzübertritte an den EU-Außengrenzen zu Belarus sowie an der deutsch-polnischen Grenze zu. "Das ist eine Form der hybriden Bedrohung, indem man Migranten als politische Waffe einsetzt", sagte Seehofer. "Wir sind alle überzeugt, dass der Schlüssel zur Lösung des Problems wohl in Moskau liegt", erklärte er nach der Kabinettssitzung. Er könne sich nicht vorstellen, dass das belarussische Regime handle, ohne dass die russische Führung dies billige oder in Kauf nehme.

Es seien bereits acht Hundertschaften der Bundespolizei an die deutsch-polnische Grenze verlegt worden, sagte Seehofer. "Ich bin auch bereit, da noch mehr zu tun", immer in Abstimmung mit den Regierungen in Brandenburg und Polen.

Seehofer mahnte erneut europäische Zusammenarbeit in Migrationsfragen an. Allerdings können sich die EU-Staaten seit Jahren nicht auf eine gemeinsame Asylreform verständigen, vor allem, weil sie uneins sind bei der Verteilung Schutzsuchender innerhalb Europas. Solange man sich hier nicht verständigen könne, brauche es immerhin eine gemeinsame Linie im Umgang mit Herkunfts- und Transitländern, verlangte Seehofer. Mit Blick zur Migration aus Afghanistan, wo die militant-islamistischen Taliban die Macht übernommen haben, sagte der CSU-Politiker, er erwarte eine Zunahme, die er aber nicht beziffern wolle.

Der SPD-Abgeordnete Helge Lindh erklärte: "Die binneneuropäische Sekundärmigration ist auch Folge der Stillstands und ideologischer Blockaden der europäischen Asylpolitik." Tote an den Außengrenzen und ein Anstieg irregulärer Migration seien die Folge. Nötig seien "Migrationsdiplomatie" und Gespräche mit den Demokratien des Ostens. Auch FDP-Fraktionsvize Stephan Thomae beklagte den Stillstand und verlangte, die Bundesregierung müsse sich innerhalb der EU weiter für eine Reform einsetzen. "Das gilt auch für weitere Sanktionen, um das Regime in Belarus in die Schranken zu weisen."

Pro Asyl zeigte sich ernüchtert von Seehofers Auftritt. "Anstatt die Menschenrechtsverletzungen an den Grenzen anzuprangern, bezeichnet der Innenminister Geflüchtete als "hybride Bedrohung" und spricht von Unterstützung Polens bei der "Abwehr"", bemängelte der Leiter der Europa-Abteilung der Organisation, Karl Kopp.