Werbung
Deutsche Märkte geschlossen
  • DAX

    17.753,34
    -273,24 (-1,52%)
     
  • Euro Stoxx 50

    4.913,81
    -70,67 (-1,42%)
     
  • Dow Jones 30

    37.832,37
    +97,26 (+0,26%)
     
  • Gold

    2.395,60
    +12,60 (+0,53%)
     
  • EUR/USD

    1,0627
    +0,0001 (+0,01%)
     
  • Bitcoin EUR

    58.475,68
    -2.384,48 (-3,92%)
     
  • CMC Crypto 200

    885,54
    0,00 (0,00%)
     
  • Öl (Brent)

    85,58
    +0,17 (+0,20%)
     
  • MDAX

    25.991,16
    -455,98 (-1,72%)
     
  • TecDAX

    3.293,01
    -41,31 (-1,24%)
     
  • SDAX

    14.016,44
    -241,64 (-1,69%)
     
  • Nikkei 225

    38.471,20
    -761,60 (-1,94%)
     
  • FTSE 100

    7.816,40
    -149,13 (-1,87%)
     
  • CAC 40

    7.924,73
    -120,38 (-1,50%)
     
  • Nasdaq Compositive

    15.877,16
    -7,85 (-0,05%)
     

ROUNDUP 2: Merz entschuldigt sich nach 'Sozialtourismus'-Vorwurf gegen Ukrainer

(neu: Haßelmann, Linke und Forscherin im 6., 11. und 12. Abs.)

BERLIN (dpa-AFX) - CDU-Chef Friedrich Merz hat sich nach schweren Vorwürfen aus der Ampel-Regierung für seine Wortwahl eines "Sozialtourismus" von Ukraine-Flüchtlingen entschuldigt. "Wenn meine Wortwahl als verletzend empfunden wird, dann bitte ich dafür in aller Form um Entschuldigung", twitterte der 66-Jährige am Dienstag. Zu seiner Äußerung gebe es viel Kritik. "Ich bedaure die Verwendung des Wortes "Sozialtourismus". Das war eine unzutreffende Beschreibung eines in Einzelfällen zu beobachtenden Problems."

Die Jury einiger Sprachwissenschaftler hatte das Wort "Sozialtourismus" im Jahr 2013 zum "Unwort des Jahres" bestimmt. Es "diskriminiert Menschen, die aus purer Not in Deutschland eine bessere Zukunft suchen, und verschleiert ihr prinzipielles Recht hierzu", hieß es damals zur Begründung.

Merz schrieb, sein Hinweis "galt ausschließlich der mangelnden Registrierung der Flüchtlinge. Mir lag und liegt es fern, die Flüchtlinge aus der Ukraine, die mit einem harten Schicksal konfrontiert sind, zu kritisieren."

WERBUNG

Der CDU-Partei- und Unionsfraktionsvorsitzende hatte Bild TV am Montagabend gesagt: "Wir erleben mittlerweile einen Sozialtourismus dieser Flüchtlinge: nach Deutschland, zurück in die Ukraine, nach Deutschland, zurück in die Ukraine." Der Hintergrund laut Merz: Anfangs hatten Ukraine-Flüchtlinge Anspruch auf Versorgung nach dem Asylbewerberleistungsgesetz - seit Juni erhalten sie Grundsicherung, also die gleichen Leistungen wie etwa Hartz-IV-Empfänger, und sind damit etwas besser gestellt.

SPD: Merz wendet AfD-Taktik an

Die SPD im Bundestag warf Merz vor, die Taktik der AfD anzuwenden. "Er will bewusst einen politischen Kulturkampf vom Zaun brechen und mit immer neuen Grenzverschiebungen den Diskurs nach rechts verschieben", kritisierte die parlamentarische Geschäftsführerin Katja Mast. "Das kennen wir bislang nur von der AfD", sagte sie der Deutschen Presse-Agentur. Dass Merz sich danach aus ihrer Sicht "halbherzig" von seinen Äußerungen distanziert habe, sei "nicht mehr als die übliche Masche".

Grüne: Wie passen Merz-Äußerungen zur Ukraine-Solidarität?

Die Grünen-Vorsitzende Ricarda Lang twitterte: "Wie passt es eigentlich mit der viel beschworenen Solidarität der Union mit der Ukraine zusammen, dass Friedrich Merz im Kontext von Menschen, die vor diesem furchtbaren Angriffskrieg fliehen, von "Sozialtourismus" spricht?" Grünen-Fraktionschefin Britta Haßelmann nannte Merz' Äußerung in Berlin "anstandslos und schäbig". Seine nachgelieferte Erklärung sei "windelweich" und mache die Sache nicht besser.

FDP: Merz gefährdet gesellschaftliche Unterstützung für Ukraine

Der FDP-Fraktionsvorsitzende Christian Dürr nannte Merz' Vorwurf "absolut deplatziert". "Die Menschen aus der Ukraine kommen zu uns, weil sie vor Putins brutalem Krieg fliehen. Viele von ihnen haben alles verloren und bangen um ihre Angehörigen", sagte er der dpa. "Merz gefährdet mit solchen Narrativen die gesellschaftliche Unterstützung für die Ukraine."

Am Nachmittag (15.00 Uhr) kommt die Unionsfraktion im Bundestag zu ihren turnusgemäßen Beratungen in einer Plenarwoche zusammen. Davor dürfte Merz im üblichen Statement vor Medien erneut zu seinen Äußerungen Stellung beziehen.

Dobrindt: Mit Entschuldigung erledigt - Nicht auf Goldwaage

CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt sagte über die umstrittenen Äußerungen von Merz: "Er hat es korrigiert, und damit ist es auch erledigt." Der CSU-Politiker ergänzte: "Es kann auch mal ein Satz daneben liegen. Das muss man nicht auf die Goldwaage legen." Der CDU-Chef habe sich öffentlich und in aller Form entschuldigt.

Der Parlamentarische Geschäftsführer der Unionsfraktion im Bundestag, Thorsten Frei (CDU), sagte, Merz habe eine "sicherlich sehr zugespitzte Formulierung" verwandt, "um auf ein Problem hinzuweisen, dass hier möglicherweise besteht". Er räumte ein, man könne den Begriff falsch verstehen. Es lägen ihm keine entsprechenden Zahlen vor, die die Lage bei den Flüchtlingen abschließend bewerten könnten. Dobrindt erklärte bei einer eigenen Veranstaltung in Berlin, auch er habe keine entsprechenden Zahlen oder eigene Erkenntnisse, die die von Merz vorgenommene Herleitung begründeten.

Die Linke nannte Merz' Vorwurf "widerlich". Er widerspreche auch der Linie seiner Fraktion, die im Bundestag begrüßt habe, dass ukrainische Kriegsflüchtlinge Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch erhalten, sagte die Migrationsexpertin der Linksfraktion, Clara Bünger, der dpa. "Für seine Wortwahl hat sich Friedrich Merz inzwischen halbherzig entschuldigt", für seine Strategie "mit hetzerischen Parolen am rechten Rand Stimmen fischen zu wollen, steht diese Entschuldigung noch aus".

Die Migrationsforscherin Birgit Glorius stufte den Vorwurf eines "Sozialtourismus" gegen Ukrainer sachlich als "absurd" ein. Fluchtbewegungen seien nie eindimensional, sagte die Chemnitzer Professorin, die dem wissenschaftlichen Beirat des Bundesamts für Migration vorsteht, der dpa. Flüchtlinge hätten noch viele Verpflichtungen in ihrem Herkunftsland, etwa mit Blick auf Verwandte. "Natürlich fährt man hin und her, wenn das möglich ist."

Was bedeuten die Äußerungen für die Landtagswahl in Niedersachsen?

Zwei Wochen vor der wichtigen Landtagswahl in Niedersachsen, bei der die CDU auch um Stimmen von SPD-, Grünen- und FDP-Anhängern kämpft, dürfte Merz' "Sozialtourismus"-Klage in der CDU auch Stirnrunzeln hervorrufen. In der Union hieß es, es sei zu erwarten, dass SPD und Grüne die Äußerungen nun im Wahlkampf gegen die CDU verwenden würden.

Mit Blick auf Merz war in der Union zu hören, dieser müsse neben der Auseinandersetzung mit Kanzler Scholz nun auch jene mit Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) annehmen. Habeck sei die größte Schwachstelle in der Ampel-Regierung. Vermutungen, Merz habe die Konservativen in seiner Partei ansprechen wollen, wurden als unwahrscheinlich zurückgewiesen. Es müsse Merz klar gewesen sein, welche Reaktionen er mit seinen Worten auslösen würde.