ROUNDUP 2: Länder fordern Brückenstrompreis für Industrie

(Durchgängig aktualisiert mit weiteren Zitaten von Weil und Wüst sowie von EU-Parlaments-Vizepräsidentin Barley)

BRÜSSEL (dpa-AFX) - Die 16 Bundesländer haben sich angesichts gestiegener Energiekosten geschlossen für einen befristeten Brückenstrompreis zur Entlastung energieintensiver Unternehmen ausgesprochen. Das geht aus einer "Brüsseler Erklärung" hervor, die die Länderchefs dort am Donnerstag einstimmig angenommen haben.

In der Frage eines staatlich subventionierten Industriestrompreises erhöhen die Länder damit den Druck auf Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD). Dieser hat bisher eine klare Positionierung dazu vermieden und stattdessen zunächst eine Debatte über die Finanzierung gefordert. Ein Sprecher der EU-Kommission sagte, Brüssel könne sich zu den deutschen Plänen für einen Industriestrompreis nicht äußern, weil diese derzeit noch auf nationaler Ebene diskutiert würden.

Auch Niedersachsens Regierungschef Stephan Weil unterstrich, einen solchen Vorschlag Deutschlands gebe es bisher nicht. "Der wird aber kommen müssen", sagte der SPD-Politiker. Ansonsten drohe den betroffenen Branchen ein unabsehbarer Flurschaden. Bereits heute sei ein harter Rückgang der Investitionen in Deutschland bei gleichzeitig hohen Investitionen deutscher Unternehmen im Ausland zu beobachten.

Was die Länder vereinbart haben:

BRÜCKENSTROMPREIS: In der "Brüsseler Erklärung" heißt es, die infolge des russischen Angriffs auf die Ukraine gestiegenen Energiekosten seien ein "akutes Hemmnis für die Erholung der Konjunktur und die Rückkehr der Industrieproduktion auf Vorkrisenniveau". Den EU-Mitgliedsstaaten müsse es daher für einen Übergangszeitraum möglich sein, "einen wettbewerbsfähigen Brückenstrompreis vor allem für energieintensive und im internationalen Wettbewerb stehende Unternehmen zu etablieren, bis bezahlbare erneuerbare Energien in hinreichendem Umfang zur Verfügung stehen".

"Wir reden da über Stahl und Chemie, wir reden über Kupfer und Aluminium, über Glas, Keramik, Zement und noch etliche andere Industriezweige mehr", sagte Niedersachsens Regierungschef Weil als Vorsitzender der Ministerpräsidentenkonferenz (MPK). Diesen Branchen drohe "sehr, sehr großer Schaden". Sein MPK-Stellvertreter Hendrik Wüst (CDU) aus Nordrhein-Westfalen sagte, man müsse einen Brückenstrompreis nicht schön finden. "Aber ich höre bisher auch keine andere Antwort von all denen, die das nicht wollen."

EU-Parlaments-Vizepräsidentin Katarina Barley unterstützte die Forderung. "Die Kommission muss sich im Klaren darüber sein, dass Wettbewerb nicht nur im Binnenmarkt stattfindet", sagte die SPD-Politikerin. Standortwechsel in der EU seien bei explodierenden Energiepreisen unwahrscheinlich. "Der Blick der Industrie schweift dann nach Asien und in die USA", warnte sie.