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ROUNDUP 2: Ifo-Experten empfehlen Anti-Stau-Gebühr - Widerstand beim Handel

(neu: ADAC, Verkehrsminsterin, Münchner OB)

MÜNCHEN (dpa-AFX) - München gehört zu den am meisten von Staus geplagten Städten Deutschlands. Abhilfe wollen die Autoren einer Studie schaffen: Mit einer simplen Gebühr von sechs Euro am Tag wollen sie "die Stauprobleme in der Innenstadt in den Griff bekommen", wie sie am Montag erklärten. Negative Auswirkungen auf Einzelhandel und Tourismus erwarten die Autoren von Ifo-Institut und der Beratungsgesellschaft Intraplan nicht. Sie gehen vielmehr von einer Steigerung der Attraktivität der Innenstadt aus. Im Bayerischen Handel und beim ADAC Südbayern sorgt der Vorschlag dagegen für massiven Widerstand. Auch die Politik ist skeptisch.

Die von den Studienautoren vorgeschlagene Gebühr von sechs Euro am Tag pro bewegtem Kraftfahrzeug - sei es Lkw, Auto oder Motorrad - soll den Verkehr innerhalb des rund 28 Kilometer langen Mittleren Rings um durchschnittlich 23 Prozent senken - in Spitzenzeiten um 33 Prozent. Bei 10 Euro Gebühr wären es den Berechnungen zufolge sogar rund 30 beziehungsweise 41 Prozent. Die Forscher gehen davon aus, dass viele Personen wegen der Gebühr auf andere Verkehrsmittel umsteigen würden - insbesondere auf öffentliche, teilweise auch auf das Fahrrad.

Zahlen sollen nicht nur Fahrer von außerhalb, sondern auch Bewohner des rund 44 Quadratkilometer großen Gebiets, in dem die Gebühr erhoben würde - sofern sie ihr Auto bewegen. Gerade in München seien Fahrten der Bewohner für fast 30 Prozent des Verkehrs innerhalb des Mittleren Rings verantwortlich, erklären die Autoren der Studie. Daher wäre eine Anhebung der Parkgebühren in ihren Augen weit weniger wirksam. Allerdings dürfte auch eine politische Umsetzung schwieriger werden.

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Zudem plädieren die Experten dafür, keinerlei Ausnahmen von der Gebühr zuzulassen - auch nicht für ältere oder gehbehinderte Personen. Soziale Härten durch die Gebühr könnten den Autoren zufolge mit Hilfe der Einnahmen aus ihr abgefedert werden - beispielsweise durch eine verkehrsmittelunabhängige Mobilitätshilfe oder Sozialtickets für öffentliche Verkehrsmittel. Weiterhin könne das Geld in den Ausbau des Netzes gesteckt werden.

"Auch für andere Städte in Deutschland wäre eine solche Gebühr vorstellbar", sagte Oliver Falck, Autor und Leiter des Zentrums für Industrieökonomik und neue Technologien am Ifo-Institut. "Wir vermuten, dass die Ergebnisse auch auf andere staureiche Städte übertragbar sind." Für das Grundkonzept gelte dies auf alle Fälle. Andere staureiche Städte sollten daher über ein solches Modell nachdenken.

Als besonders staureiche Städte neben München nannte Falck Berlin, Düsseldorf, Hamburg, Stuttgart, Nürnberg, Köln, Hannover, Bremen und Frankfurt. Eine Gebühr müsste aber immer an die lokalen Gegebenheiten angepasst werden. In Städten mit geringerem Durchschnittseinkommen könnten beispielsweise schon geringere Gebühren eine Wirkung entfalten. In Berlin ist eine City Maut bereits in der Diskussion. Dabei ist allerdings das Thema Klimaschutz der treibende Faktor. Auch in München ist die Debatte nicht neu.

Auf heftigen Widerstand trifft das Konzept beim Handelsverband Bayern. "Wenn man jetzt auch noch für die Fahrt in die Innenstadt Wegezoll zahlen muss, dann ist das der Tod für den innerstädtischen Einzelhandel", sagte Geschäftsführer Bernd Ohlmann. "Dann können wir die Abrissbagger für die Innenstädte bestellen." Er geht davon aus, dass die Gebühr dazu führen würde, dass die Kunden stattdessen in die Einkaufszentren vor den Toren der Städte fahren würden. "Wir leben von der Erreichbarkeit der Geschäfte", betont Ohlmann. Und im Schnitt kauften gerade jene Menschen am meisten, die mit dem Auto kommen.

Auch der ADAC Südbayern kritisiert die vorgeschlagene Gebühr: "Sie schafft Schranken statt attraktive Mobilitätsoptionen ohne Auto und ist doch nur ein anderer Begriff für City-Maut." Sie sei sozial ungerecht, gerade, wenn es keine Ausnahmen für Bewohner gebe.

Der Münchner Oberbürgermeister Dieter Reiter zeigte sich zurückhaltend: Bei einer Gebühr würden "natürlich entsprechend weniger Menschen" mit dem Auto und in die Stadt fahren - und mehr mit öffentlichen Verkehrsmitteln, sagte er. "Bevor man also über so etwas nachdenkt, muss sichergestellt sein, dass der ÖPNV auch entsprechend leistungsfähig ist. Daran arbeiten wir intensiv." Zudem sei es wichtig, wie der soziale Ausgleich konkret erfolgen würde.

Über die technische Umsetzbarkeit haben sich die Autoren noch keine konkreteren Gedanken gemacht. Sie gehen aber davon aus, dass dies in Zeiten vernetzter Autos möglich sein müsste, ohne überall Kameras aufzustellen. Schnell käme eine Gebühr ohnehin nicht: Wenn, dann gehen die Forscher von der zweiten Hälfte des Jahrzehnts aus.

Die bayerische Verkehrsministerin Kerstin Schreyer (CSU) bezweifelte, dass eine gemeindliche Satzung ausreiche, um eine Gebühr zu erheben. Dies könne nur auf Basis eines Gesetzes erfolgen. Eine solche Grundlage liege aber weder auf Bundes- noch auf Landesebene vor. Es gebe noch viele offene Fragen.