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ROUNDUP 2: Geld für profitable Firmen? Regierung bei Gasumlage in Erklärungsnot

(neu: VNG-Reaktion)

BERLIN (dpa-AFX) - Milliarden für Unternehmen, die nicht in Not sind? Wegen der Gasumlage kommt die Bundesregierung immer mehr in Erklärungsnot. Auch in der Ampel-Koalition mehrt sich die Kritik, Forderungen nach Nachbesserungen werden lauter. Die Bundesregierung hält bisher an der Umlage fest, die ab Herbst für deutliche Preissteigerungen bei den Gaskunden sorgt.

Mit der Umlage sollen durch die Drosselung russischer Gaslieferungen stark erhöhte Beschaffungskosten von Großimporteuren wie Uniper <DE000UNSE018> ausgeglichen werden, um diese vor der Pleite und das deutsche Energiesystem vor dem Kollaps zu bewahren. Alle Gaskunden sollen dafür zusätzlich 2,4 Cent pro Kilowattstunde bezahlen, Privathaushalte ebenso wie Firmen. Etwa die Hälfte aller Wohnungen in Deutschland wird mit Gas beheizt.

Zur Umlage gibt es aber breite Kritik - weil von ihr auch Firmen profitieren könnten, denen es wirtschaftlich gut geht. Ausgleichsansprüche haben nach Angaben von Trading Hub Europe, ein Gemeinschaftsunternehmen der Gas-Fernleitungsnetzbetreiber, zwölf Unternehmen angemeldet. Mehr als 90 Prozent der 34 Milliarden Euro, die laut Wirtschaftsministerium für die Gasumlage anfallen, sollen nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur an Uniper und die bisherige Gazprom <US3682872078> Germania gehen. Uniper ist der größte Importeur russischen Gases, die Bundesregierung hatte wegen dessen finanziell angespannter Lage ein milliardenschweres Rettungspaket beschlossen.

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Der Präsident der Bundesnetzagentur, Klaus Müller, sagte der "Neuen Osnabrücker Zeitung": "Ich kann den Ärger verstehen, es geht aber nur ein kleiner Teil der Umlage an Unternehmen, die das nicht wirklich benötigen, um eine Insolvenz abzuwenden. Ich bin mir sicher, dass mit künftigen Gesetzesnovellen für mehr Transparenz gesorgt werden kann. Aber ich glaube, die Umlage ist zielgenauer als ihr Ruf, auch wenn das so bisher nicht offen nachvollziehbar ist."

RWE <DE0007037129> und Shell <GB00BP6MXD84> hatten bereits erklärt, Verluste selber tragen zu wollen. Diesem Beispiel könnten nun andere folgen: Ein Sprecher des österreichischen Energiekonzerns OMV <AT0000743059> sagte am Donnerstag, die deutsche Tochter habe Ausgleichsansprüche als Gasimporteur im Sinne des Gesetzes bekannt gegeben. "Ob und in welcher Höhe Ansprüche bestehen und ob diese in Anspruch genommen werden, hängt von weiteren Prüfungen und Entscheidungen ab."

OMV hat im ersten Halbjahr Milliardengewinne gemacht. Einen Überschuss erzielten etwa auch der Schweizer Energiehändler Axpo und der deutsche Energiekonzern EnBW <DE0005220008>, dessen Tochter VNG einen finanziellen Ausgleich durch die Umlage will.

Eine VNG-Sprecherin sagte, ausfallende russische Mengen müssten am Markt zu massiv gestiegenen Preisen nachgekauft werden, um die Kunden zu ihren ursprünglich vereinbarten Konditionen weiter zu beliefern. Dies habe erhebliche Verluste bei der VNG erzeugt. Um absehbar weitere Verluste zu mildern, habe sich der Vorstand der VNG entschieden, die Gasumlage zu beantragen. "Das Umlagesystem ermöglicht für die VNG keine Gewinne, sondern mindert Verluste."

Antragsberechtigt für den Kostenausgleich sind laut Wirtschaftsministerium Importeure von russischem Erdgas nach Deutschland. Sie müssten von einem Ausfall von Gasimportverträgen und entsprechenden Mengen unmittelbar betroffen sein. Die Verträge müssten eine direkte, physische Lieferung in das deutsche Gasmarktgebiet vorsehen.

Die rechtliche Lage ist das eine - die politische Bewertung eine andere. "Natürlich stört es auch mein Gerechtigkeitsempfinden, wenn Unternehmen, die an anderen Stellen große Gewinne machen, jetzt ihre Kosten frühzeitig auf die Verbraucherinnen und Verbraucher umlagern wollen", sagte die Grünen-Co-Vorsitzende Ricarda Lang am Donnerstag in Berlin. Zugleich aber sei es rechtlich ziemlich schwierig, die Datenlage nur auf einzelne Unternehmen, die systemrelevant oder insolvenzbedroht seien, zu beschränken. Daher brauche es nun politische Lösungen, sagte Lang - und bekräftigte ihre Forderung nach einer Übergewinnsteuer für Energiekonzerne. Das aber dürfte mit dem Koalitionspartner FDP nicht zu machen sein.

Die FDP wiederum forderte Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) zu Nachbesserungen auf. "Als Freie Demokraten setzen wir uns dafür ein, dass mit der Gasumlage ausschließlich Unternehmen unterstützt werden, die sich in einer marktgefährdenden Schieflage befinden", sagte der energiepolitische Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, Michael Kruse.

Auch die SPD sieht offene Fragen. "Die SPD Fraktion wird darauf drängen, dass nur Anträge auf finanzielle Entlastung von den Unternehmen erfolgreich sein können, die durch die aktuelle Preisentwicklung in ihrer Existenz bedroht sind", sagte Fraktionsvize Matthias Miersch. "Das muss sichergestellt sein." Nicht umsonst habe der Bundestag hat im Energiesicherungsgesetz ein zweimonatiges Interventionsrecht des Parlaments verankert. "Zugleich ergeben sich Fragen, inwieweit wir alternative Wege der Entlastung für diese Unternehmen gehen können - jenseits einer Umlage, wie durch den Einsatz von Steuergeldern."

Diesen Weg über Steuergelder wollte die Bundesregierung aber bisher auch unter Verweis auf knapper werden Haushaltsmittel nicht gehen. Und einen anderen Weg dürfte die Ampel mit ihrer Mehrheit im Bundestag verhindern: Die CDU will die Gasumlage im Bundestag kippen. "Diese Gasumlage gehört abgeschafft", sagte CDU-Generalsekretär Mario Czaja. Die Unionsfraktion werde in der nächsten Bundestagswoche beantragen, sie zurückzunehmen. Dies könne der Bundestag nach dem Energiesicherungsgesetz beschließen.

"Dass die Union die Gasumlage im Bundestag stoppen möchte, zeigt, dass sie ihren energiepolitischen Blindflug der letzten Jahre fortsetzt und nichts aus den Fehlern der Vergangenheit gelernt hat, die uns erst in die aktuelle Lage gebracht haben", sagte Kruse.