ROUNDUP 2: EU-Kommission will Genehmigungen für Windkraft stärker digitalisieren
(neu: EU-Kommissionsbericht zur Lage der Energieunion)
BRÜSSEL (dpa-AFX) - Für einen deutlichen Ausbau der Windkraft in Europa sollen nationale Genehmigungsverfahren nach dem Willen der EU-Kommission stärker digitalisiert werden. Die Brüsseler Behörde will die EU-Länder besser unterstützen, wie aus am Dienstag vorgestellten Plänen hervorgeht. Demnach soll es finanzielle Hilfen für die Schulung von Behörden geben sowie aktualisierte Empfehlungen und Leitlinien. Von der Beantragung bis zum Bau von Windrädern dauert es derzeit europaweit mehrere Jahre.
Bis 2030 sollen erneuerbare Energien 42,5 Prozent des Gesamtenergieverbrauchs in der EU ausmachen. Um dieses Ziel zu erreichen, muss die Windkraft in der Staatengemeinschaft deutlich ausgebaut werden - nach Angaben der Kommission müssen die Kapazitäten mehr als verdoppelt werden: Mehr als 500 Gigawatt installierte Leistung seien bis 2030 notwendig. Ende vergangenen Jahres waren den Angaben nach 204 Gigawatt installiert.
Neben langen Genehmigungsverfahren stellen die Industrie auch etwa die Inflation, wachsender internationaler Wettbewerb und hohe Preise vor Herausforderungen, wie die Kommission mitteilte.
Damit mehr Geld in den Ausbau fließen kann, will die Kommission den Zugang zu EU-Finanzmitteln erleichtern und ermutigt die Länder, im Rahmen der Möglichkeiten die Windkraftindustrie mit staatlichen Beihilfen zu unterstützen. Um sicherzustellen, dass der Windsektor unter gerechten Bedingungen arbeiten kann, will die Behörde außerdem mögliche unfaire Handelspraktiken überwachen, die ausländische Windkraftanlagenhersteller begünstigen.
Nach Plänen der Kommission sollen weiterhin auch die Ausschreibungsverfahren verbessert werden. Bislang darf in der Regel derjenige Projektentwickler einen Windpark bauen, der bei einer Auktion den niedrigsten Preis bietet. Den neuen Plänen zufolge sollen die Mitgliedsstaaten auch andere Faktoren berücksichtigen - etwa Nachhaltigkeit oder Cybersicherheit.
Angesichts der voraussichtlichen Zunahme des Windenergieausbaus müsse zudem sichergestellt werden, dass genügend Arbeitskräfte in der EU verfügbar seien und sie über die richtigen Fähigkeiten verfügten, hieß es. Daher solle eine Akademie für den Windsektor die Länder bei der Weiterbildung und Umschulung von Arbeitnehmern unterstützen.
Der Verband kommunaler Unternehmen begrüßte das Maßnahmenpaket - beim Ausbau der Windkraft brauche Europa dringend einen "Turbo Booster", eigentlich sei er bereits überfällig. "Stadtwerke und kommunale Energieversorger begrüßen alle Punkte, die einen schnellen Ausbau der Windkraft unterstützen", sagte Hauptgeschäftsführer Ingbert Liebing.
Auch neben dem Ausbau der Windkraft müsse noch einiges getan werden, um das Ziel von 42,5 Prozent Erneuerbarer zu erreichen, hieß es von der Kommission bei der Vorlage des diesjährigen Berichts zur Lage der Energieunion. 2021 habe der Anteil bei 21,8 Prozent gelegen. In den kommenden Jahren werde ein deutlich schnelleres Wachstum erforderlich sein als der bisherige durchschnittliche jährlichen Anstieg um 0,67 Prozentpunkte seit 2010.
Bis 2050 will die EU klimaneutral sein. Im Jahr 2022 gingen die Treibhausgasemissionen der EU dem Bericht zufolge um 3 Prozent zurück und waren damit um 32,5 Prozent niedriger als 1990. Etwa in der Landwirtschaft bleibe aber in dieser Hinsicht noch viel zu tun, sagte EU-Klimakommissar Wopke Hoekstra.
Zwischen 2021 und 2027 werden schätzungsweise 578 Milliarden Euro aus dem EU-Haushalt für Klimaausgaben vorgesehen, so die Kommission - das entspreche einem Anteil von 32,6 Prozent. Investitionen aus dem EU-Haushalt müssten jedoch durch nationale und private Investitionen ergänzt werden, um Klimaneutralität zu erreichen, hatte es zuvor geheißen.
Die Gaseinfuhren aus Russland und die Gasnachfrage in der EU sind nach dem Angriff Russlands auf die Ukraine erheblich zurückgegangen, wie die Kommission weiter mitteilte. Zwar sei die EU vor dem bevorstehenden Winter besser darauf vorbereitet, die Energieversorgungssicherheit zu gewährleisten. Während die Gasspeicher vor dem vergangene Winter etwa zu 95 Prozent gefüllt waren, seien sie es nun zu 98 Prozent. Es gebe aber keinen Grund, "die Hände in den Schoß zu legen, auch wenn die schlimmsten Auswirkungen der Energiekrise hinter uns liegen dürften".