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ROUNDUP 2: Brexit-Gespräche hängen an Fischerei

LONDON/BRÜSSEL (dpa-AFX) - Die Verhandlungen über einen Brexit-Handelspakt zwischen der EU und Großbritannien hängen am seidenen Faden. Die Verhandlungen würden scheitern, wenn die EU ihre Position vor allem beim Knackpunkt Fischereirechte nicht "wesentlich" verändere, zitierten britische Medien am Sonntag Regierungskreise in London. Es werde wahrscheinlicher, dass ein Abkommen scheitere.

Nach langen technischen Gesprächen auf Expertenebene berieten am Sonntagnachmittag wieder die Chefunterhändler Michel Barnier und David Frost, wie EU-Kreise mitteilten. Großbritannien habe ein Kompromissangebot der EU zu Fangrechten europäischer Fischer in britischen Gewässern zurückgewiesen, erfuhr die Deutsche Presse-Agentur aus Verhandlungskreisen. Die EU-Küstenstaaten seien jedoch nicht bereit, noch weiter zu gehen. Darüber hinaus gebe es immer noch sehr umstrittene Punkte beim Thema gleiche Wettbewerbsbedingungen, hieß es weiter.

Das Europaparlament hatte eine letzte Frist bis zum späten Sonntagabend gesetzt. In London hieß es hingegen, der einzige Stichtag sei der 31. Dezember.

Vor allem die Fangrechte werden also die Entscheidung über Abbruch oder Einigung bringen. Beobachter fühlen sich an das Lied der deutschen Techno-Band Scooter erinnert: "How much is the fish?" - wie teuer ist der Fisch? Dabei ist der Industriezweig vergleichsweise klein: Das Münchner Ifo-Institut schätzt den Gesamtwert der EU-Fangmengen in britischen Gewässern auf etwa 520 Millionen Euro - ein Bruchteil des Handelsvolumens in Höhe von mehreren Hundert Milliarden Euro.

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Doch die Fischerei ist längst auf beiden Seiten - und im Staatenbund vor allem in Frankreich, das auf knapp ein Drittel des EU-Anteils kommt - zu einer hochpolitischer Frage geworden. "Wir können keinen Deal akzeptieren, der uns nicht die Kontrolle über unsere eigenen Gesetze oder Gewässer lässt", hieß es dazu in London. Premierminister Boris Johnson hat immer wieder die zentrale Bedeutung des Themas anerkannt. Schließlich gilt die britische Fischerei als eine wichtige Antriebskraft des Brexits - dabei ist die Branche vom EU-Markt abhängig, der 80 Prozent des Exports ausmacht.

Das Ifo Institut betonte: "Auch deutsche Fischer wären betroffen, da sie über die Hälfte ihrer Fänge in britischen Gewässern tätigten." Die Ökonomen schlugen vor, im Gegenzug für den Verzicht auf Fischereirechte in britischen Gewässern die EU-Branche für ihre Verluste zu kompensieren - ansonsten drohe bei einem Scheitern der Gespräche ein deutlich höherer finanzieller Verlust, und zudem könne das Patt endlich überwunden werden.

Großbritannien ist bereits Ende Janar 2020 aus der Gemeinschaft ausgetreten, ist aber in einer Übergangsphase bis Jahresende noch Mitglied des EU-Binnenmarktes und der Zollunion. Kommt kein Brexit-Handelsvertrag zustande, würden vom 1. Januar 2021 an höhere Zölle und andere Handelshemmnisse in Kraft treten. Das wäre ein harter Schlag für die Wirtschaft, würde aber auch Schwierigkeiten für Reisende, Behörden und andere Gebiete mit sich bringen.

Der Brexit ähnele einem schrecklichen Adventskalender, schrieb Experte Fabian Zuleeg vom European Policy Centre in Brüssel auf Twitter. "Neue unlösbare Probleme warten hinter jedem Türchen." Nur seien die Probleme dieselben wie immer.

Wegen der schleppenden Verhandlungen laufen auf beiden Seiten Vorbereitungen für einen No Deal. Doch dem Brexit-Ausschuss des britischen Parlaments gehen die Planungen der Regierung beileibe nicht weit genug. Entscheidungen seien "zu spät" getroffen worden, die Kommunikation mit Unternehmen sei "bestenfalls lückenhaft", hieß es in einem am Samstag in London veröffentlichten Bericht. Am Freitag hatte das Europaparlament für Notfallmaßnahmen im Falle eines No-Deal-Brexits gestimmt. Dabei geht es um Pläne für die Bereiche Fischerei, Flugsicherheit sowie Flug- und Straßenverkehr.

Die Ungewissheit über den Ausgang des Brexit-Dramas sorgt auch für ein Verkehrschaos. Vor dem britischen Hafen Dover am Ärmelkanal sowie vor dem Eurotunnels stauten sich auch am Wochenende Lastwagen kilometerweit. Viele Häfen sind bereits wegen des Weihnachtsgeschäfts und Lieferungen medizinischer Gütern in der Corona-Pandemie überlastet. Schon seit Wochen kritisieren Handelsverbände verstopfte Häfen und hohe Frachtpreise.