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ROUNDUP 2/Brexit: EU bietet Großbritannien intensivere Verhandlungen

(durchgehend aktualisiert)

BRÜSSEL/LONDON (dpa-AFX) - Nach den enttäuschenden ersten Runden nehmen die Europäische Union und Großbritannien neuen Anlauf für die Verhandlungen über ein Handelsabkommen für die Zeit ab 2021. Man sei sich einig, dass "neuer Schwung erforderlich" sei, erklärten beide Seiten nach einem Spitzentreffen per Videokonferenz am Montag. Premierminister Boris Johnson sagte nach dem Gespräch, die Aussicht auf ein Abkommen sei "sehr gut", wenn man sich nun fokussiere. "Was wir jetzt sehen müssen in den Verhandlungen, ist ein bisschen Oomph (Schwung)". Johnson zufolge wäre ein Durchbruch sogar noch im Juli machbar.

Wenn möglich, solle eine frühe Verständigung über die Prinzipien eines Abkommens erreicht werden. Aus London hieß es, man hoffe auf eine Einigung bis Sommerende. Brüssel will ebenfalls auf die Tube drücken, aber keine überstürzten Entscheidungen treffen. Man sei "bereit, einen Tiger in den Tank zu packen, aber keine Katze im Sack zu kaufen", twitterte EU-Ratspräsident Charles Michel nach dem Gespräch. Gleiche Wettbewerbsbedingungen seien essenziell.

Eine Verlängerung der Übergangsphase soll es auf Wunsch der Briten nicht geben, wie noch einmal offiziell festgehalten wurde. Die von den Unterhändlern vereinbarte Intensivierung der Gespräche im Juli begrüßten beide Seiten.

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Seit März hatten Unterhändler in den Gesprächen über ein Handels- und Partnerschaftsabkommen in vier intensiven Runden praktisch keine Fortschritte erreicht. Nun zogen Johnson und die EU-Spitzen bei der Videokonferenz Zwischenbilanz. Auf EU-Seite nahmen daran Kommissionschefin Ursula von der Leyen, Ratspräsident Charles Michel und Parlamentspräsident David Sassoli teil.

Großbritannien war Ende Januar aus der EU ausgetreten. In einer Übergangsfrist bis zum Jahresende gehört das Land aber noch zum EU-Binnenmarkt und zur Zollunion, so dass sich im Alltag fast noch nichts geändert hat. Gelingt kein Vertrag über die künftigen Beziehungen, könnte es Anfang 2021 zum harten wirtschaftlichen Bruch mit Zöllen und anderen Handelshemmnissen kommen.

Johnson ist nach britischen Medienberichten bereit, bei weiterem Stillstand der Verhandlungen einen "No Deal Brexit" zum Jahresende hinzunehmen. Großbritannien werde ab Januar eine unabhängige Handelsnation werden können, "egal was" bei den Verhandlungen mit Brüssel geschehe.

Schon vergangene Woche deutete sich an, dass beide Seiten nun bis Ende Juli noch einmal intensiv verhandeln wollen. Doch sind die Hürden hoch. Die EU bietet dem Vereinigten Königreich ein umfassendes Handelsabkommen mit Zugang zum EU-Markt ohne Zölle und Mengenbegrenzung, fordert aber dafür gleiche Wettbewerbsbedingungen mit hohen Sozial-, Umwelt- und Verbraucherstandards. Großbritannien will jedoch keine Vorgaben der EU akzeptieren. Weitere wichtige Streitpunkte sind der Zugang von EU-Fischern zu den reichen britischen Fischgründen und die Rolle des Europäischen Gerichtshofs bei Streitigkeiten der Vertragspartner.

Aus Sicht Großbritanniens könnte die langfristige Bindung an EU-Standards ein weitreichendes Handelsabkommen mit den USA verhindern. Das Versprechen von der Rückkehr zur globalen Handelsnation war zentral für die Brexit-Kampagne. Allerdings sind sich Experten einig, dass durch ein Abkommen mit Washington der Verlust des EU-Marktzugangs bei Weitem nicht wettgemacht würde.

Ähnlich sieht es bei der Fischerei aus. Sie ist für gerade einmal 0,1 Prozent der Bruttowertschöpfung in Großbritannien verantwortlich. Aber ihre symbolische Bedeutung kann für die einstige Weltmacht zur See kaum überschätzt werden. Zudem steht Johnson im Mai 2021 die erste große Prüfung seit seinem Wahlsieg bevor: Die Parlamentswahl in Schottland. Es sind vor allem die Fischer im Nordosten Schottlands, die sich von der Loslösung der gemeinsamen Fischereipolitik zusätzliche Einnahmen versprechen.

Die deutsche Wirtschaft warnt eindringlich vor einem Bruch ohne Vertrag. "Ein erschwerter Datenaustausch, die Einführung von Zöllen und die Unterbrechung von Lieferketten nach der Übergangsphase wären wahrscheinlich", erklärte DIHK-Hauptgeschäftsführer Martin Wansleben am Freitag. "Definitiv müssten sich die Unternehmen auf unterschiedliche Standards und deutlich längere Abfertigungszeiten für den Transport von Waren an den Grenzen sowie auf Zollanmeldungen gefasst machen."

Die negativen Folgen des Brexits müssten zumindest abgefedert werden. "Es bleibt die Hoffnung, den festgezurrten Gordischen Knoten am Montag gerade in Zeiten der Corona-Krise doch noch etwas zu lockern", meinte Wansleben.