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ROUNDUP 2: Alltag Homeoffice - geht noch mehr?

(neu: Juso-Chefin und weitere Aspekte)

BERLIN (dpa-AFX) - Es ist für Millionen von Beschäftigten die neue Normalität: Arbeiten von zuhause. Vor Beginn der Corona-Pandemie war Homeoffice die Ausnahme, nun ist die Arbeit im heimischen Wohnzimmer oder am Küchentisch für viele zum Alltag geworden. Aber geht noch mehr und soll es statt Appellen der Politik Vorgaben für Firmen geben, um die Ausbreitung des Virus einzudämmen? Angesichts der Verlängerung des Lockdowns bis Ende Januar hat die Debatte wieder Fahrt aufgenommen.

Bund und Länder hatten nach ihren Beratungen am Dienstag die Arbeitgeber "dringend gebeten", großzügige Homeoffice-Möglichkeiten zu schaffen, um bundesweit den Grundsatz "Wir bleiben zuhause" umsetzen zu können. Zugleich aber sollten Schulen und Kitas geschlossen bleiben - auch wenn es nun in Ländern frühere Öffnungen gibt. Auf Twitter setzte eine Debatte ein unter dem Schlagwort #MachtBueroszu. Nutzer erzählen etwa Geschichten aus ihrem Alltag über eine Präsenzpflicht und dass sie dann mit der U-Bahn ins Büro fahren müssen, trotz der hohen Corona-Neuinfektionszahlen.

Die neue Juso-Chefin Jessica Rosenthal forderte Bund und Länder am Freitag auf, Arbeitgeber stärker in die Pflicht zu nehmen. "Es ist doch ein Armutszeugnis, dass man sich nicht dazu durchringen konnte, mehr zu formulieren als eine freundliche Bitte, doch Homeoffice möglich zu machen." Arbeitnehmer müssten besser geschützt werden. Die Grünen-Politikerin Beate Müller-Gemmeke sagte: "Wir brauchen ein Recht auf Homeoffice und ein Homeoffice-Gebot, das sich an die Arbeitgeber richtet."

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Der Präsident des Digitalverbandes Bitkom, Achim Berg, sagte der dpa: "Für die gesamte Dauer der Pandemie ist es ein zwingendes Gebot, ausschließlich im Homeoffice zu arbeiten, sofern es die berufliche Tätigkeit zulässt." Am größten sei der Handlungsbedarf in der öffentlichen Verwaltung. Das noch immer weit verbreitete Festhalten an der Präsenzkultur sei anachronistisch.

Aktuell arbeitet jeder vierte Berufstätige ausschließlich im Homeoffice, wie eine repräsentative Befragung im Bitkom-Auftrag von Anfang Dezember ergab. Das entspreche 10,5 Millionen Berufstätigen. Auf weitere 20 Prozent treffe das zumindest teilweise zu. Vor dem Beginn der Pandemie hatten demnach nur 3 Prozent der Berufstätigen ausschließlich im Homeoffice gearbeitet, weitere 15 Prozent teilweise. Der am meisten genannte Nachteil: Der fehlende persönliche Austausch mit den Kollegen.

In vielen Branchen ist allerdings Homeoffice gar nicht möglich, das gilt etwa für den Lebensmitteleinzelhandel, den Pflegebereich oder Industriefabriken, in denen zum Beispiel Autos gefertigt werden - und einen kompletten Lockdown, in dem auch Produktionswerke dicht machen müssen, gibt es nicht.

"Fast 60 Prozent der Beschäftigten in Deutschland können nicht von zu Hause aus arbeiten, häufig weil ihre Arbeit einen Dienst an anderen Menschen beinhaltet", sagte der Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung, Marcel Fratzscher. Unternehmen hätten bereits jetzt zu kämpfen, diese Pandemie zu überleben. Die Regierung sollte sie stärker unterstützen. Mit gesetzlichen Vorgaben zum Homeoffice würde die Regierung mehr Schaden anrichten als helfen.

Gewerkschaften fordern klare Regeln. "Niemand will die Arbeit am Band bei Daimler oder die Altenpflege ins Homeoffice verlagern", sagte der DGB-Vorsitzende Reiner Hoffmann. "Aber da, wo mobiles Arbeiten möglich ist, sollte man den Menschen einen Anspruch auf mehr Zeitautonomie gewähren." Das beinhalte beispielsweise das Recht auf Nichterreichbarkeit oder eine geregelte Arbeitszeiterfassung. "In Deutschland werden jährlich mehr als eine Milliarde Überstunden geleistet, die von den Arbeitgebern nicht entlohnt werden. Das ist nichts anderes als Lohndiebstahl. Das darf sich durch mehr Homeoffice nicht weiter verschlimmern", sagte Hoffmann.

Dazu kommt: "Oft wünschen sich Beschäftigte mobiles Arbeiten, aber der Arbeitgeber erfüllt ihnen diesen Wunsch nicht", wie Verdi-Chef Frank Werneke der dpa sagte. Genau da will Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) ansetzen. Ein Gesetzentwurf sieht vor, dass Arbeitnehmer das Recht bekommen sollen, einen Wunsch nach regelmäßigem mobilen Arbeiten mit ihrem Arbeitgeber zu erörtern. Ein ursprünglich angedachtes Recht auf Homeoffice allerdings ist nicht mehr geplant - die Union ist dagegen.

"Das Homeoffice derzeit ist eher eine Notmaßnahme", sagte Oliver Stettes vom Institut der deutschen Wirtschaft. "Die Diskussion um Regelungen sollte sich auf das Homeoffice im Regelbetrieb beziehen. Dazu gehören dann auch Fragen der Erreichbarkeit und der technischen Ausstattung." Ein Rechtsanspruch sei der falsche Ansatz. "Homeoffice kann nur produktiv sein, wenn beide Seiten das für sinnvoll erachten, Arbeitnehmer und Arbeitgeber."

In der Debatte geht es aber auch um die Begleiterscheinungen vom Homeoffice. Für viele Familien bedeutet das einen Spagat zwischen Job und Kinderbetreuung - vor allem, wenn Schulen und Kitas geschlossen sind. Viele Menschen wünschten sich zwar mehr mobiles Arbeiten, sagte Werneke. Viele Beschäftigte wollten es aber auch nicht, weil sie eine klare Trennung zwischen Arbeitswelt und Privatleben bevorzugten, denn es könne auch Konflikte geben. Deswegen sei beim mobilen Arbeiten ein starkes Mitbestimmungsrecht der Betriebs- und Personalräte nötig.

Arbeitgeberpräsident Rainer Dulger sagte, die Unternehmen hätten in der Corona-Krise schnell und pragmatisch gehandelt. "Sie haben flexiblere Arbeitszeiten in systemrelevanten Branchen, virtuelle Betriebsratsarbeit, und eine unbürokratische Umsetzung von Homeoffice ermöglicht."

Der Gesetzentwurf Heils zum mobilen Arbeiten befindet sich innerhalb der Bundesregierung noch in der Ressortabstimmung. Beschlossen wurde für die Jahre 2020 und 2021 eine steuerliche Homeoffice-Pauschale von 5 Euro pro Tag und maximal 600 Euro im Jahr. Die Pauschale wird auf den Werbungskostenpauschbetrag angerechnet. Aber reicht das, werden damit höhere Kosten etwa fürs Heizen oder Strom, für bessere Internetverbindungen kompensiert?/bw/DP/nas