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„Der richtige Schritt zur richtigen Zeit“

Bayer-Vorstandschef Baumann wirbt für den Monsanto-Kauf. Doch er bekommt Gegenwind: Die Aktionäre monieren die fehlende Abstimmung über den Deal – und stellen sich gegen die Wiederwahl von Aufsichtsrat Paul Achleitner.

Einen kurzen Moment muss Bayer-Chef Werner Baumann gleich zu Beginn seiner Rede innehalten. Aus dem Aktionärspublikum im Bonner Kongresszentrum kommen laustarke Zwischenrufe: „Stop Bayer-Monsanto“. Aufsichtsratsvorsitzender Werner Wenning muss eingreifen und die Kritiker zur Mäßigung auffordern.

Rund 2500 Aktionäre hatten sich am Freitag zur Hauptversammlung von Bayer in Bonn aufgemacht. Sie wurden vor dem World Congress Center von Gegnern der Grünen Gentechnik und industrialisierten Landwirtschaft erwartet – die Demonstrationen waren aber mit knapp 200 Teilenehmern übersichtlich.

An der geplanten Übernahme des US-Saatgutherstellers Monsanto reiben sich allerdings nicht nur Öko- und Umweltverbände. Die 66 Milliarden Dollar schwere Übernahme ist das Hauptthema auf der Hauptversammlung. Der Deal macht die Aktionäre und Investoren nervös. Zwar stützten viele Redner das Bayer-Management mit Blick auf den strategischen Sinn der Übernahme – und lobten auch den Mut, dass ein deutscher Konzern an der Weltspitze mitspielen möchte. Doch sie fürchten, dass sich die aus ihrer Sicht seit Jahren erfolgreiche Bayer AG verhebt und verlangen mehr Klarheit über die Folgen.

Das Thema Monsanto schürt die Emotionen. Vorstandschef Baumann entschied sich für eine sehr sachlich orientierten Rede, in der er die Motive für die Übernahme erläuterte. Es sei eine der „drängendsten Fragen unserer Zeit“, wie die Weltbevölkerung von fast zehn Milliarden Menschen im Jahr 2050 ernährt werden könne, sagt er. Dazu wolle Bayer mit Monsanto beitragen. Es sei der „richtige Schritt zur richtigen Zeit“, sagt Baumann und versprach den Aktionären, dass der Monsanto-Kauf „langfristig erheblichen zusätzlichen Wert“ schaffen werde. „Wir wollen Bayer weiter stärken.“

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Genau darum aber sorgen sich die Aktionäre. Der Leverkusener Konzern wird sich durch den Monsanto-Kauf voraussichtlich mit 40 Milliarden Euro verschulden. „Vor Monsanto war Bayer ein gut geführter Konzern auf solidem Wachstumskurs mit wenig Schulden“, sagte Ingo Speich von der Fondsgesellschaft Union Investment. „Nun muss Bayer gewaltige Schulden und die Integration eines Schwergewichts stemmen.“ Baumann erneuerte sein Versprechen, dass der Monsanto-Kauf nicht auf Kosten der anderen Geschäftsbereiche gehen werde. „Die Mittel für Investitionen in unsere Standorte und kleinere Übernahmen werden weiter zur Verfügung stehen“, sagte er.


Aktionärsvertreter spricht Management Vertrauen aus

Aktionärsvertreter Marc Tüngler von der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz forderte, dass die von Bayer gewohnte jährliche Dividenden-Erhöhung nicht durch Monsanto gefährdet werden dürfe. Er sprach dem Management aber großes Vertrauen aus, dass sie das Projekt erfolgreich machen könne. Doch nicht nur er fürchtet um den guten Ruf. „Monsanto steht in der Öffentlichkeit für Gentechnik, für patentgeschützte Pflanzeneigenschaften und für gefährliche Pflanzenschutzmittel“, sagte Winfried Mathes, Fondsmanager bei Deka Investment. „Wie wollen Sie diesem Reputationsrisiko begegnen?“

Baumann ging auf diese Sorgen länger ein: „Natürlich ist uns bewusst, dass Monsanto vor allem in Europa keinen guten Ruf hat. Und man kann darüber streiten, ob das Unternehmen in der Öffentlichkeit immer glücklich agiert hat“, sagte er. Das Image von Monsanto sei eine große Herausforderung. Man wolle sich dem mit „Offenheit, Kompetenz und Verantwortung stellen und das kombinierte Geschäft „ohne Wenn und Aber nach Bayer-Maßstäben“ führen.

Mehrere große Fondsgesellschaften kritisierten scharf, dass Bayer keine außerordentliche Hauptversammlung einberufen hat, auf dem die Aktionäre über den Monsanto-Kauf abstimmen durften. Baumann begründete dies mit den damit verbundenen „weitreichenden Risiken“. „Wir müssten mit Anfechtungsklagen einzelner Aktionäre gegen den Beschluss rechnen“, argumentierte er. „Langwierige Rechtsunsicherheit könnte die Transaktion gefährden.“

Doch der Unmut über diese Entscheidung blieb. Für Hendrik Schmidt von der Deutsche Asset Management war es Grund genug, sich bei der Entlastung des Vorstands und Aufsichtsrats zu enthalten. „Wir sehen hier eine Einbeziehung der Hauptversammlung als oberstes, beschlussfassendes Organ der Gesellschaft nicht nur als gerechtfertigt, sondern auch als zusätzliche Legitimation für den Aufsichtsrat und den Vorstand an“, sagte er.

Gegenwind gab es von einigen Aktionären auch bei der Neubesetzung des Bayer-Aufsichtsrats. Die Wiederwahl von Werner Wenning befürworteten die Aktionäre, an der erneuten Kandidatur von Deutsche-Bank-Aufsichtsratschef Paul Achleitner allerdings rieben sich einige Investoren.

Union-Investment-Manager Speich kündigte an, gegen die Wiederwahl von Achleitner zu stimmen. „Im Hinblick auf Unabhängigkeit sollten Sie dem Gremium nicht länger als 15 Jahre angehören, um die nötige kritische Distanz wahren zu können“, rief er ihm zu. Auch Deka, die Investmentgesellschaft der Sparkassen, will gegen Achleitner stimmen. „Sie werden bei der Deutschen Bank dringender gebraucht“, sagte Fondsmanager Mathes.

Knapp neun Stunden dauerte die Aussprache auf der Hauptversammlung. Kurz vor 19 Uhr war sie zu Ende. Ungeachtet der zum Teil skeptischen Äußerungen mit Blick auf den Monsanto-Deal votierten die Aktionäre am Ende klar im Sinne der Verwaltung.

Alle Punkte der Tagesordnung wurden nach Angaben von Bayer mit mehr als 90 Prozent des vertretenen Kapitals angenommen, darunter auch die Neuwahlen zum Aufsichtsrat.

Für die Entlastung des Vorstandes stimmten 96,7 Prozent des Kapitals, für die Entlastung des Aufsichtsrats 95,4 Prozent. Die Zustimmungsraten waren damit nur geringfügig niedriger als im Vorjahr, als die beiden Gremien mit 98,4 und 95,67 Prozent entlastet wurden.

Neu einziehen in den Aufsichtsrat sollen Norbert Bischofberger, Forschungschef des US-Biotechunternehmens Gilead und Colleen Goggins, die früher das Geschäft mit verschreibungsfreien Medikamenten bei Johnson & Johnson leitete.

KONTEXT

Die größten Chemiekonzerne der Welt

Platz 10

PPG Industries (USA)Mit 15,33 Milliarden US-Dollar Jahresumsatz landet das US-Unternehmen mit Firmensitz in Pittsburgh (Pennsylvania) auf dem zehnten Platz der umsatzstärksten Chemieunternehmen weltweit.Zu den Produktbereichen gehören Kunstglasprodukte, Kunstharze und Beschichtungswerkstoffe für Raumfahrt, Architektur und Industrie.

Quelle: Unternehmensangaben, Statista 2017 / Gesamtjahr 2016, jeweils letzte verfügbare Angaben

Platz 8

Air Liquide (Frankreich)Auf Platz acht des aktuellen Rankings landet das führende, französische Unternehmen bei Gasen für Industrie, Medizin und Umweltschutz. 19,08 Milliarden US-Dollar Jahresumsatz in 2016 machen dies möglich. Mit Linde und Praxair zählt Air Liquide zu den drei größten Industriegasherstellern der Welt.

Platz 7

Henkel (Deutschland)Der Düsseldorfer Konzern gliedert sich in drei Unternehmensbereiche: Wasch-/Reinigungsmitte, Schönheitspflege und die Klebstoffe und fuhr 2016 einen Jahresumsatz von 19,69 Milliarden US-Dollar ein. In naher Zukunft möchte der Siebtplatzierte sowohl die US-Firma Darex Packaging Technologies für mehr als 1,05 Milliarden US-Dollar übernehmen als auch den mexikanischen Anbieter von Friseurprodukten Nattura Laboratorios aufkaufen. Der Düsseldorfer Konsumgüterkonzern will so vor allem das eigene Friseurgeschäft in Mexiko und den USA ausbauen.

Platz 9

Linde (Deutschland)Der deutsche Technologiekonzern mit dem Kerngeschäft um Gase und Prozess-Anlagen hat im letzten Jahr 17,83 Milliarden US-Dollar Umsatz gemacht und erreicht so den neunten Platz im Unternehmensranking.

Platz 6

DuPont (USA)24,6 Milliarden US-Dollar Umsatz und Platz sechs für den Konzern für Chemie, Materialien und Energie. Im Dezember 2015 gaben DuPont und der Konkurrent Dow Chemical bekannt, dass sie fusionieren wollen. Danach soll das Gemeinschaftsunternehmen in drei börsennotierte Unternehmen für Agrarchemikalien, Spezialchemikalien und Kunststoffe aufgespalten werden.

Platz 5

Lyondell Basell (USA)Im Mittelfeld des Rankings und mit 29,18 Milliarden US-Dollar Jahresumsatz landet Lyondell Basell. Der weltweit größte Produzent von Polyolefinen und Katalysatoren betreibt zudem Erdölraffinerien und produziert Treibstoffzusätze wie MTBE.

Platz 4

Saudi Basic Industries (Saudi-Arabien)Unverändert auf dem vierten Platz befindet sich der saudi-arabischer Chemie- und Metall-Konzern Saudi Basic Industries. Mit 39,5 Milliarden US-Dollar Jahresumsatz reichte es für Metallkonzern nicht für den Sprung unter die Top-3-Chemiekonzerne. Neben Grundchemikalien wie Methanol und Ethanol stellt das Unternehmen aus dem Nahen Osten auch Düngemittel her.

Platz 2

Bayer (Deutschland)Der zweitplatzierte deutsche Konzern (49,2 Milliarden US-Dollar Umsatz 2016) mit Schwerpunkt auf der chemischen und pharmazeutische Industrie plant eine Megafusion mit Monsanto. Damit möchte das Unternehmen seine Agrarchemie-Sparte um genverändertes Saatgut erweitern. Um diese umstrittene Fusion unter Dach und Fach zu bringen, sollen Bayer und Monsanto bereit sein, Firmenteile für 2,5 Milliarden Dollar zu verkaufen.

Platz 3

Dow Chemical (USA)Mit 48,16 Milliarden US-Dollar Umsatz fiel der zukünftige Fusionspartner von DuPont um einen Platz im Vergleich zum Vorjahr. Die Hauptgeschäftsbereiche des US-Unternehmens aus Midland (Michigan) erstrecken sich auf die Kunststoffherstellung, Vorprodukte für die Wasseraufbereitung, Klebstoffe, Insektiziden, Saatgut und die Herstellung von Grundstoffen wie Chlor und Natronlauge.

Platz 1

BASF (Deutschland)Unveränderter Spitzenreiter mit 60,54 Milliarden US-Dollar Jahresumsatz: BASF. Der nach Umsatz und Marktkapitalisierung weltweit größte Konzern, mit Hauptsitz in Ludwigshafen am Rhein, wird sich angesichts der Megafusionen in der Branche künftig neu positionieren müssen. Dabei würde aber, laut Unternehmensführung, mehr Wert auf die Wettbewerbsfähigkeit der bestehenden Geschäftsfelder, als an Größe an sich gelegt werden.