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Warum Lutz und nicht Pofalla Bahnchef wird

Bahn-Finanzvorstand Richard Lutz soll nach Informationen des Handelsblatts die Nachfolge von Rüdiger Grube antreten. Auch weitere Vorstandsposten des Staatskonzerns dürften neu besetzt werden.

Nach Informationen des Handelsblatts hat sich die Große Koalition darauf verständigt, dass Richard Lutz den Vorstandsvorsitz der Bahn übernehmen soll. Der derzeitige Finanzvorstand sei fachlich der beste Kandidat gewesen, hieß es zur Begründung. Er kenne das Unternehmen lange, sei in einem guten Alter und gebe dem Unternehmen damit auch eine Perspektive. „Er ist definitiv kein Übergangskandidat“, hieß es in Bahnkreisen.

Entgegen anderslautenden Meldungen war Lutz nicht vom derzeitigen Vorstand Ronald Pofalla vorgeschlagen worden. Vielmehr habe Pofalla großes Interesse gehabt, die Position selbst zu besetzen. Allerdings hatte sich die Bundesregierung dagegen entschieden, die Position politisch zu besetzen, was mit dem ehemaligen Chef des Kanzleramtes der Fall gewesen wäre.

Lange Zeit war ein Kandidat gesucht worden, der die Position für zwei Jahre besetzen könnte, um dann Pofalla Platz zu machen. Dies sei dann aber verworfen worden. CDU-Mann Pofalla war bei den Sozialdemokraten auf erhebliche Gegenwehr gestoßen. Ihre Vertreter im Aufsichtsrat drohten an, gegen eine Nominierung Pofallas zu stimmen. Eine Kampfabstimmung im Aufsichtsrat der Bahn um den neuen Chef des Unternehmens war allerdings keine Option. Lutz soll in der kommenden regulären Vorstandssitzung am 22. März gewählt werden.

Darüber hinaus sollen nach Informationen des Handelsblatts die anderen Vorstandspositionen neu gewichtet werden. So sollen die wichtigen Felder des Güterverkehrs und der Digitalisierung in dem Bundesunternehmen besondere Bedeutung erhalten. Es ist die Rede von einem Vorstand Güterverkehr und einem Vorstand Digitalisierung. Dies sei auf Drängen des Bundesverkehrsministeriums entschieden worden, hieß es.

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Wie die Zeitung „Welt“ unter Berufung auf Kreise des Bahn-Aufsichtsrats berichtete, ist der bisherige Siemens-Manager Siegfried Russwurm als neuer Technik-Vorstand vorgesehen. Russwurm hatte seinen Vertrag bei Siemens nicht verlängert und verlässt den Konzern Ende März. Er war auch als neuer Bahn-Vorstandschef im Gespräch. Die bisherige Chefin der Berliner Verkehrsbetriebe (BVG), Sigrid Nikutta, ist laut „Welt“ als neue Leiterin des Schienengüterverkehrs vorgesehen.

„Die objektiv bedeutsamen Bereiche sollen gestärkt werden“, hieß es in Koalitionskreisen. Die derzeitigen Vorstände werden nicht in Frage gestellt, hieß es. Stattdessen sollten die weiteren Vorstandspositionen „im normalen Verfahren“ besetzt werden, also auf Vorschlag des Vorstandsvorsitzenden. Darüber hinaus gilt es, für das Unternehmen einen neuen Technikvorstand zu finden sowie mittelfristig einen neuen Personalvorstand.

Nach Informationen des Handelsblatts aus Koalitionskreisen wird der Aufsichtsratschef Utz-Hellmuth Felcht seine Position behalten. Er habe „jetzt eine verantwortungsvolle Aufgabe“ hieß es, da die nach dem Rücktritt von Bahnchef Rüdiger Grube entstandene Krise bei der Bahn maßgeblich von Felcht in der letzten Aufsichtsratssitzung nicht verhindert worden sei. Nun sei es an ihm, „die Neuordnung positiv zu begleiten“, hieß es.

Der langjährige Bahnchef Rüdiger Grube war im Streit über seine Vertragsverlängerung Ende Januar ausgeschieden. Mit Lutz hat sich die Bundesregierung auf die einfachste Lösung verständigt. Externe Kandidaten wie etwa der Chef der Schweizer Bundesbahnen SBB), Andreas Meyer, kamen nicht zum Zuge. Lutz ist seit 1994 im Unternehmen. Er übernahm nach verschiedenen Stationen im Jahr 2003 den Bereich Konzerncontrolling, 2010 rückte er dann in den Vorstand auf.

KONTEXT

Die Baustellen der Bahn

Fernverkehr

Im Herbst hat die Bahn den neuen ICE 4 vorgestellt - und sich im Fernverkehr Einiges vorgenommen. Um 25 Prozent soll das Angebot bis 2030 ausgebaut, fünfzig Millionen neue Fahrgäste gewonnen werden. Tatsächlich schafft es die Bahn mit ihrer Preisoffensive, etwa mit den 19-Euro-Tickets, mehr Fahrgäste in die Züge zu locken. Aber die Rendite leidet.

Güterverkehr

Der Güterverkehr der Bahn ist ein Sanierungsfall. Zwar verbesserte sich das Ergebnis von DB Cargo im ersten Halbjahr 2016, aber die Sparte ist defizitär - und das schon seit Jahren. Zwischen 2007 und 2015 stagnierte die Verkehrsleistung, und das in einer boomenden Wirtschaft. Private Anbieter, auch auf der Straße, machen der Bahn zunehmend Konkurrenz.

Pünktlichkeit

174,63 Millionen Minuten haben die Personen- und Güterzüge der Bahn 2015 an Verspätungen eingefahren. Hauptursache ist die wachsende Zahl von Baustellen. Zwar schneidet die Bahn im ersten Halbjahr 2016 besser ab. Aber: Das Bemühen um pünktliche Züge ist laut Bahnchef Grube "mit großen Kraftanstrengungen verbunden".

Infrastruktur

Die Bahn investiert viel Geld in die Infrastruktur: Gut 5,2 Milliarden Euro flossen 2015 etwa in die Instandhaltung von Schienenwegen und Brücken. Doch es hapert bei der Koordinierung der vielen Baustellen. Und so verursacht die von Konzernchef Grube gefeierte "größte Modernisierungsoffensive in der Bahn-Geschichte" vor allem eines: Verspätungen.

Privatisierung

Die Bahn braucht Geld, um den Schuldenanstieg zu bremsen. Geplant war deshalb ein Verkauf von maximal 40 Prozent der britischen Tochter Arriva und des Transport- und Logistikkonzerns DB Schenker. Arriva sollte im zweiten Quartal 2017 an der Londoner Börse starten, Schenker danach in Frankfurt. Doch die Pläne sind jetzt vom Tisch.

Stuttgart 21

Bahnchef Grube feierte kürzlich die Grundsteinlegung für den Stuttgarter Tiefbahnhof, aber das Großprojekt bleibt umstritten. Beim Volksentscheid 2011 war noch von 4,5 Milliarden Euro Kosten die Rede. Der Bundesrechnungshof hält nun offenbar zehn Milliarden Euro für möglich, Grube selbst spricht von 6,5 Milliarden Euro.