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Revolut greift wieder an – auch in Deutschland

Während der Corona-Pandemie hat Revolut die Expansion auf Eis gelegt. Doch nun meldet Gründer Storonsky eine schwarze Null – und drückt wieder aufs Tempo.

Der Umsatz der britischen Digitalbank Revolut wächst seit Jahren dreistellig, nur bei den Gewinnen hapert es noch. Im November schaffte sie nun immerhin eine schwarze Null – erst zum zweiten Mal in der Firmengeschichte.

Firmengründer Nik Storonsky hofft, dass das in den kommenden Monaten zur Regel wird. „Wir sind gestärkt aus der Coronakrise hervorgegangen“, sagt er im Handelsblatt-Interview. Knapp neun Monate lag die Expansion auf Eis, nun will er wieder angreifen - mit neuen Produkten und in neuen Märkten. „Wir stellen Leute ein, in Indien, Brasilien, Mexiko, den Philippinen“, sagt er. Auch im Berliner Büro sind noch Stellen frei.

Der in London lebende Russe will Revolut zur globalen Super-App für Finanzdienstleistungen ausbauen. Vor fünf Jahren hatte er die Firma mit seinem Freund Vlad Yatsenko gegründet, um Vielfliegern eine Kreditkarte mit günstigen Wechselkursen zu bieten. Seither sind viele Dienstleistungen hinzugekommen.

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Heute ist Revolut die führende Digitalbank Europas, mit 13 Millionen Kunden und einer Bewertung von 5,5 Milliarden Dollar. Diesen Monat stieg das Unternehmen auch ins Acquiring-Geschäft ein, um am Boom der Zahlungsdienstleister teilzuhaben.

Die starke Konkurrenz im Payments-Sektor, von Adyen bis Stripe, fürchtet Storonsky nicht. „Wir haben alle natürlichen Vorteile“, sagt er. Revolut habe bereits Verbraucher und Unternehmen als Kunden, außerdem eine überlegene Plattform und eine bekannte Marke. Deshalb werde es kein Problem sein, die Rivalen zu unterbieten.

Corona verringert Abhängigkeit vom Zahlungsverkehr

Mehr denn je muss der Gründer die von Start-ups gewohnte Aufbruchstimmung verbreiten. Denn das Corona-Jahr 2020 war ein herber Rückschlag. Wegen des weltweiten Reisestopps brachen die Kartentransaktionen im Frühjahr ein – und damit die Haupteinnahmequelle von Revolut. 2019 machte der Zahlungsverkehr 63 Prozent des Gesamtumsatzes aus. Im Lockdown fiel dieser Umsatz in der Spitze um sechzig Prozent.

Die Firma steuerte mit einem harten Sparkurs gegen und entließ mehr als 60 Mitarbeiter. Zugleich jedoch wuchsen die Einnahmen in anderen Unternehmensbereichen: Der Handel mit Aktien und Kryptowährungen boomte, auch die Zahl der zahlenden Premium-Kunden und Geschäftskunden stieg.

Die Folge: Der Zahlungsverkehr macht heute laut Storonsky weniger als 25 Prozent des Gesamtumsatzes aus. Die Coronakrise beschleunigte also die Diversifizierung des Geschäftsmodells. Insgesamt liege der Firmenumsatz heute 40 Prozent über dem Vor-Corona-Niveau im März, sagt der Gründer.

„Wir haben mit Wirecard keinen Cent verloren"

Mitten in der Krise ging im Juni dann auch noch Wirecard pleite. Revolut war der größte Kunde des Münchener Zahlungsdienstleisters. Die Beziehung zu Wirecard sei zwei Jahre lang in jeder Risikodiskussion des Verwaltungsrats Thema gewesen, sagt Storonsky. „Unsere Strategie war es, uns so weit wie möglich von Wirecard unabhängig zu machen. Das hat perfekt geklappt. Wir haben keinen einzigen Cent verloren.“ Doch sorgte die Pleite des Partners für Unsicherheit unter Revolut-Kunden und dürfte das Vertrauen in die Marke nicht eben erhöht haben.

Im wichtigen Markt Deutschland tut Revolut sich bisher schwer. Die Firma hat nach drei Jahren hierzulande nur rund 300.000 Kunden - deutlich weniger als Platzhirsch N26. Als Gründe nennt Storonsky anfängliche Infrastrukturprobleme mit Maestrocard und eine mangelnde Vermarktung. „In manchen Ländern hatten wir kein Glück damit, die richtigen Leute zu finden“, sagt er. Diese Probleme seien jedoch behoben. Das Berliner Team zähle inzwischen rund 90 Köpfe und auch einen neuen Deutschland-Chef werde man „früher oder später“ finden.

Bis Ende 2021 soll die Kundenzahl in Deutschland, Österreich und der Schweiz auf 1,5 Millionen steigen - mithilfe einer Marketing-Offensive. Das Ziel sei „machbar“, sagt Storonsky. „Von jetzt an wird das Wachstum in Deutschland viel höher sein.“

Auch das Geschäftsmodell entwickelt sich weiter. Lange hat Revolut nur mit einer E-Geld-Lizenz gearbeitet, weil es einfacher und günstiger ist. Inzwischen setzt die Neobank jedoch auf traditionelle Banklizenzen, um auch Kredite vergeben zu können.

Das Europageschäft soll künftig von drei Hubs in Litauen, Irland und Großbritannien gesteuert werden. In Litauen hat die Firma bereits eine Banklizenz, in den anderen beiden Ländern läuft der Antrag.

Fünf Jahre nach der Gründung befindet sich das Start-up in einer neuen, reiferen Phase. Das zeigt sich auch an der Führung. Der Verwaltungsrat wird seit einem Jahr vom früheren Chef des Vermögensverwalters Aberdeen Standard Life, Martin Gilbert, geleitet. Der Branchenveteran soll Strukturen schaffen, die einem Unternehmen mit mehr als 2000 Mitarbeitern angemessen sind. Auch soll seine Präsenz Investoren signalisieren, dass ihr Kapital in sicheren Händen ist.

Auf den ersten Gewinn müssen die Anleger weiter warten

Risikokapitalgeber sind während der Pandemie vorsichtiger geworden. Die Fintech-Investitionen in Großbritannien sind eingebrochen, im September warnte die Beratungsfirma McKinsey vor einer „existenziellen Bedrohung“ für die Branche. Revolut-Konkurrent Monzo musste bei seiner Finanzierung im Juni einen Abschlag von 40 Prozent hinnehmen.

Revolut hatte Glück, unmittelbar vor der Pandemie eine große Finanzierungsrunde von 500 Millionen Dollar abgeschlossen zu haben. Im Juni schossen die Investoren noch einmal 80 Millionen Dollar nach – zur gleichen Bewertung. „Für das laufende Geschäft brauchen wir kein zusätzliches Geld“, sagt Storonsky. Für neue Banklizenzen allerdings müsse man jedes Mal mit 40 bis 100 Millionen Pfund Kosten rechnen. Ein Börsengang sei für 2021 jedoch nicht geplant.

Wachstum allein reicht nicht mehr aus, um die Kapitalgeber zu überzeugen. Deshalb betont Storonsky, dass alle Märkte in Europa derzeit profitabel seien. Im Dezember soll die schwarze Null gehalten werden. Auf den ersten Jahresgewinn müssen die Anleger jedoch weiter warten. Im besten Fall fällt der Verlust geringer aus als im vergangenen Jahr. Damals hatte das Minus 107 Millionen Pfund betragen.

Storonsky spürt die Fintech-Krise daran, dass er häufiger von Firmen angesprochen wird, die gekauft werden möchten. „In der Regel verzichten wir“, sagt er. Die meisten Technologien könne man selbst entwickeln. Revolut kaufe nur aus drei Gründen eine andere Firma: um schneller an eine Banklizenz zu kommen, um den eigenen Geschäftskunden schnell eine neue Dienstleistung anbieten zu können oder um das neue Kreditgeschäft auszuweiten.

Kürzlich wurde der Unternehmer von der britischen Zeitung „Daily Telegraph“ zum ersten Tech-Milliardär des Landes ausgerufen. Ausruhen will er sich auf dem Titel nicht, denn noch ist nichts gesichert. „Wenn wir die Nummer eins unter Europas Finanzinstituten sind, lehne ich mich vielleicht ein bisschen zurück", sagt er. „Für zwei Wochen.“