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Rettungsschirm für Kommunen: Bundesländer profitieren völlig unterschiedlich

Olaf Scholz will den Kommunen helfen. Doch die Union findet den Plan „unabgestimmt und unfinanzierbar“. Zudem würde das Saarland pro Kopf zehnmal so viel Geld wie andere Länder bekommen.

Kämmerer Harald Riedel (SPD) hatte für dieses Jahr mit einer schwarzen Null im Haushalt für die Stadt Nürnberg geplant. Dann kam die Coronakrise, und die Planung war dahin. Riedel erwartet nun Mindereinnahmen von rund 148 Millionen Euro, die Stadt wird ein hohes Defizit einfahren. In einer Videokonferenz mit Olaf Scholz brachte Riedel das Problem kürzlich zur Sprache: Ein Rettungsschirm für Kommunen sei unabdingbar, sagte Riedel.

Scholz hörte – und lieferte. Am Samstag legte der Bundesfinanzminister einen 57 Milliarden Euro schweren Rettungsschirm für Deutschlands Kommunen vor. Scholz will den Städten den Einbruch der Gewerbesteuer ausgleichen, die Kosten sollen sich Bund und Länder teilen. Doch der Plan stößt auf starken Widerstand.

Denn Scholz verknüpft die an sich unstrittige Krisenhilfe mit seinem schon lange gehegten Plan, hochverschuldeten Kommunen ihre Altschulden abzunehmen, auch diese Maßnahme sollen Bund und Länder je zur Hälfte finanzieren. Die Union lehnt das strikt ab. Fraktionsvize Andreas Jung sagte dem Handelsblatt: „Der Vorschlag von Olaf Scholz für einen Schuldenpakt ist unabgestimmt und unfinanzierbar. Wir lehnen die Initiative klar ab und werden keiner Grundgesetz-Änderung zustimmen.“

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Gewinner und Verlierer

Zwar sollen laut dem Vorschlag von Scholz Kommunen in allen Bundesländern von dem Altschulden-Abbau profitieren, insgesamt rund 2500. Auch wird der Osten Deutschlands mit Extra-Milliarden bedacht, weil die Gemeinen dort historisch bedingt geringer verschuldet sind. Dennoch produziert der Vorschlag klare Gewinner und Verlierer, wie Berechnungen der Bertelsmann-Stiftung für das Handelsblatt zeigen.

So erhielte das Saarland, wo es viele hoch verschuldete Kommunen gibt, durch den Vorschlag pro Kopf zehnmal so viel Geld wie Bayern oder Baden-Württemberg. Während das Saarland rund 999 Euro je Einwohner bekäme, könnte Bayern nur mit 105 Euro und Baden-Württemberg mit 89 Euro rechnen. Und das, obwohl der Einbruch der kommunalen Gewerbesteuer dort besonders stark ausfällt, weil viele der führenden Industriekonzerne ihren Sitz im Süden haben. Zweitgrößter Profiteur nach dem Saarland wäre Rheinland-Pfalz, das 738 Euro je Einwohner bekäme, knapp vor NRW mit 736 Euro.

Scholz sagte zwar zuletzt, die Entschuldung der Kommunen sei „ein Akt der Solidarität“. Doch wenn es um die Verteilung von Bundesmitteln geht, endet bei vielen Ministerpräsidenten die Solidarität an der Landesgrenze. CSU-Chef Markus Söder bezeichnete Scholz‘ Vorstoß als „unsinnig“, ein falscher Ansatz „vom Inhalt und Stil“.

Die Union ärgert sich insbesondere darüber, von den Plänen nicht vorab informiert worden zu sein. „Bis zur Stunde kennen wir als Unionsfraktion die ausgerufene Schulden-Initiative nur aus den Medien. Das ist ein Unding, so geht man unter Partnern nicht miteinander um“, schimpft Fraktionsvize Jung. Das Finanzministerium verteidigt sich: SPD und Union hätten doch gemeinsam beschlossen, einen Vorschlag zum Abbau der Altschulden vorzulegen.

Der Hauptgeschäftsführer des Landkreistages, Hans-Günter Henneke, hält das Vorgehen dennoch für einen Fehler. „Das Thema Altschulden droht die Verhandlungen über konkrete Krisenhilfen nun zu überschatten. Das ist vollkommen unnötig und birgt die Gefahr, dass die dringend notwendige Hilfe für Kommunen am Ende zu spät kommt.“ Scholz‘ Vorschläge zur Kompensation der Gewerbesteuer seien richtig. „Doch das Thema Altschulden hat mit Corona nichts zu tun“, so Henneke.

Henneke sieht zudem nicht, was die Altschuldenlösung in der akuten Krise bringen soll. „Keine Kommune wird durch Zinskosten auf hohe Kassenkredite erdrückt.“ So zahlt selbst Essen, mit rund zwei Milliarden Euro Kassenkrediten so hoch verschuldet wie kaum eine andere Stadt, dank Niedrigzinsen nur 19 Millionen Euro Zinsen. Scholz glaubt hingegen, ohne die Schuldenlast würden viele Kommunen wieder mehr investieren.

Doch auch Bertelsmann-Kommunalexperte Rene Geißler sagt: „Die Altschuldenfrage ist wichtig, aber momentan nicht drängend.“ Wichtiger sei eine schnelle Lösung für die wegbrechenden Einnahmen der Kommunen, um Sparmaßnahmen zu verhindern. Genau die setze Scholz mit seiner Paketlösung aufs Spiel, weil er für den Altschulden-Abbau eine Grundgesetz-Änderung und einen Staatsvertrag mit jedem Bundesland aushandeln müsse. Geißlers Fazit: „So ist das Paket zu kompliziert.“