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Renten am Morgen: Ist Fed-Strategie Start für Renditeanstiege?

(Bloomberg) -- Trotz der anstehenden Rede des US-Notenbankpräsidenten, Jerome Powell, haben sich die Bondinvestoren über weite Teile des Handelstag am Donnerstag nicht sonderlich vorsichtig gegeben. Die Renditen der Staatsanleihen aus dem Euroraum und auch der Treasuries gingen bis weit in den Nachmittag hinein teils deutlich zurück. So wurde die deutsche deutsche Zinskurve zwischenzeitlich wieder vollständig negativ, weil der Renditerückgang am langen Ende der Zinskurven deutlich ausfiel.

Bis zum gestrigen Handelsschluss blieb davon aber nichts mehr übrig. Vielmehr legten die Renditen im Vergleich wieder zu. Das zog sich durch alle Länder des Euroraums. Etwas ausgeprägter fielen die Renditeanstiege bei den Semi-Kernländern sowie auf der iberischen Halbinsel aus.

Powells Auftritt erwies sich also als “Game Changer” - wobei es einige Zeit dauerte, bis die Anleger seiner Aussagen zu verarbeiten begannen. Bis zum Ende seiner Rede am Nachmittag gingen die Renditen sogar zurück. Mit dem Übergang zu einem durchschnittlichen Inflationsziel von 2% wird die Fed jedoch höhere jährliche Teuerungsraten zulassen, sofern sie vorher lange Zeit unter dem Zielwert lagen. Zugleich kündigte der Notenbankchef an, der Qualität der Entwicklung des Arbeitsmarktes mehr Bedeutung bei geldpolitischen Entscheidungen einzuräumen.

Die Strategieänderung mit dem Schwenk auf ein durchschnittliches Inflationsziel wird die Fed-Funds-Zielzone für lange Zeit auf dem aktuellen Niveau zementieren. Zugleich dürften die Inflationserwartungen zunehmen, was anziehenden Renditen am langen Ende der US-Zinskurve zur Folgen habe könnte - genau die Bewegung, die man am Donnerstagnachmittag beobachten konnte.

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Tendenziell dürfte die US-Zinskurve steiler werden, was nicht ohne Wirkung auf die Staatsanleihen aus dem Euroraum, insbesondere der Kernlandbonds, bleiben würde. Auch hierzulande dürften als Nebeneffekt der Strategieänderung der Fed die Zinskurven theoretische steiler werden.

Die Fed-Beobachter werden künftig darüber Rätselraten, welche Teuerungsrate über der 2% noch zugelassen wird und wie lange der Zeitraum sein wird, in dem ein Überschießen über die 2% geduldet wird. Der Präsident der St. Louis Fed, James Bullard, brachte die Dudlung einer Teuerungrate von 2,5% über einen längeren Zeitraum ins Spiel.

Die Änderung der geldpolitischen Strategie auch unter expliziter Einbeziehung des Arbeitsmarktmandates hat jedoch Nebenwirkungen. Entsprechend positionierten sich die Anleger breits im Vorfeld des Auftritts von Powell, was die Rendite der 10-jährigen Treasuries - inklusive des Sprungs von gestern Abend - seit Beginn der Woche um etwa 14 Basispunkte steigen ließ.

Wenn die geänderte geldpolitische Strategie tatsächlich zu steigenden Kapitalmarktrenditen und damit einer allgemeinen Anhebung des Renditeniveaus - konstante Spreads unterstellt - führen sollte, wäre das gerade in der aktuellen Verfassung der US- und Weltwirtschaft kontraproduktiv.

Die Fed müsste dann unter Umständen über andere Maßnahmen wie Quantative Easing über den verstärkten Ankauf von Anleihen gegen einen Zinsanstieg ansteuern. Daher hat die kommende Tagung des FOMC Mitte September durchaus eine gewisse Brisanz. Sollte ein Anstieg der Kapitalmarktrenditen tatsächlich Fahrt aufnehmen, müssten die Fed wohl bald gegensteuern.

Ob die anpasste geldpolitische Strategie der Fed jedoch tatsächlich greift, hängt davon ab, ob der Anstieg der Teuerung in absehbarer Zeit längerfristig über die 2%-Marke geht. Zurzeit ist das jedenfalls nicht absehbar.

Möglicherweise wird die De-Globalisierung einen Beitrag zu steigenden Preisen leisten, was vermutlich jedoch erst über einen langen Zeitraum sichtbar werden würden. Selbst die von den USA erhobenen Einfuhrzölle, die im Zuge des Handelkonflikts eingeführt wurden, hinterließen kaum Spuren. Und durch Energierpreis-induzierte Verteuerungen dürften sowohl Notenbanker als auch Finanzmärkte hinwegsehen.

Letztlich wird es darauf ankommen, wie die Anleger das Risiko von langfristig höheren Inflationsraten bewerten. Zurzeit zeichnet es sich jedenfalls nicht ab, dass es zu einem Preisschub kommen wird. Daher ist es trotz Inflationserwartungen in den USA, die nunmehr das Vorkrisennivevau erreichten - Maßstab 5 Jahre, 5 Jahre Inflationsswapsatz - wahrscheinlich, dass das Niedrigzinsniveau auch am langen Ende der Zinskurve erhalten bleiben wird. Gegen einen zu starken Anstieg dürfte die Fed sowieso gegensteuern. Die Entwicklung der US-Staatsverschuldung dürften die Notenbanker auch im Blick haben.

Für den Euroraum stellte der Chefvolkswirt der Europäischen Zentralbank, Philip Lane, am Donnerstag klar, dass die Notenbank zusätzlich geldpolitisch unterstützen werden, falls das notwendig wird.

In Europa könnten die Gespräche zwischen Vertretern des Europäischen Parlaments und dem Europäischen Rat über den die mittelfristige Haushaltsplanung, dessen Bestandteil auch der Aufbaufonds ist, für Bewegung bei den Renditen der Staatsanleihen aus dem Euroland sorgen. Die europäischen Parlamentarier verlangen erhebliche Nachbesserungen bei den Budgetplanungen.

Es ist zwar unwahrscheinlich, dass die EU-Abgeordneten den Aufbaufonds scheitern lassen werden. Es dürfte für mehr Volaitilität bei Renditen und insbesondere Peripheriespreads ausreichen, dass allein das Risiko eines Scheiterns besteht. Außerdem könnten die Verhandlungen mit EU-Abgeordnetzen die Implementierung des Aufbaufonds verzögern.

Der Tag mit Bloomberg: Powell stützt; Sorgen um Abe & Bayer-Deal

Die Investoren werden am Freitag die Implikationen der geänderten Strategie der Fed weiterhin verarbeiten. Die Vorgaben aus dem asiatischen Handel deuten darauf hin, dass die Kurse der Anleihen aus den Kernländern zu Handelsbeginn weiter nachgeben werden. Die Rendite der 10-jährigen Bundesanleihen dürfte die -0,4% überschreiten.

Die Peripherie dürfte zumindest zu Handelsbeginn ebenfalls Renditeanstiege hinnehmen müssen. Im Tagesverlauf könnte sich die Entwicklung an den Bondmärkten jedoch wieder stabilisieren, da die Risiken für ein nachhaltiges Anziehen der Teuerung insbesondere im Euroraum zurzeit gering sind. Ein höheres Renditeniveau könnte durchaus Schnäppchenjäger anlocken.

Konjunkturdaten

In Anbetracht der von Powell losgetretenen Diskussion über die Behandlung der Inflationsentwicklung als Teil der geldpolitischen Strategie dürfte der ersten Schnellschätzungen für Konsumentenpreisdaten aus Frankreich für den August etwas mehr Bedeutung zukommen. Sofern die Prognosen zutreffen, dürfte das Ergebnis ernüchternd sein. Nicht Inflation, sondern die Verhinderung von deflationären Tendenzen wird dann das Thema sein.

Die endgültigen Informationen zur Entwicklung des Bruttoinlandsprodukts aus verschiedenen Euroländern für das zweite Quartal werden ebenso wenig Einfluss auf die Rentenkurse nehmen wie die zahlreichen Erzeugerpreisdaten aus dem Juli.

Ob sich die Änderungsrate für die BIPs um einen Prozentpunkt mehr oder weniger ändert, wird keine Rolle spielen. Die Rezession ist tief. Allerdings hätten leichte Verbesserungen durchaus Wirkung, nämlich auf Defizit- und Verschuldungsquoten.

Stimmungsindikatoren werden von der Europäischen Kommission sowie aus Italien für den August gemeldet. Diejenigen aus Italien könnten zumindest kurzfristig Einfluss auf die Renditeentwicklung der BTPs nehmen, wenn sie sich wie erwartet oder sogar noch etwas besser entwickelten.

Der Nachmittag ist durch Daten mit Informationen über den privaten Verbrauch sowie Preisdaten gespickt. Die persönlichen Einkommen und Ausgaben aus dem Juli werden einen Eindruck darüber vermitteln, wie ausgabenfreudig die Konsumenten noch sind. Dass die Einnahmen erneut im Monatsvergleich zurückgehen sollen, ist aufgrund der hohen Arbeitslosigkeit keine Überraschung. Hier werden die Augustdaten von Interesse sein, da die zusätzliche Zahlung für Arbeitslose von 600 Dollar pro Woche wegfiel.

Mit der Inflationsdiskussion gerät das präferierte Maß der Fed zur Messung der Teuerungsentwicklung in den Fokus. Die PCE-Deflatoren aus dem Juli dürften aber weit weg von der 2%-Marke im Vorjahresvergleich sein. Durch die Strategieschwenk der Fed wird die Bedeutung der Daten jedoch nicht allzu hoch sein. Der Einfluss auf die Bondnotierungen wird dementsprechend kaum spürbar sein.

Primärmarkt

Das italienische Schatzamt wird sowohl eine neue 5-jährige BTP als auch die Aufstockung der aktuellen 10-jährigen Papiere anbieten. Mit beiden Emissionen zusammen will Italien bis zu 7 Milliarden Euro aufnehmen. Dazu kommt die Aufstockung des bis Mitte Dezember 2023 Floaters, der zusätzliche bis zu 1,25 Milliarden Euro in die Staatskassen spühlen soll.

Unterstützungen die Emissionen durch eine italienische Fälligkeit am 1. September von 24,7 Milliarden Euro zuzüglich Zinsen erhalten. Entsprechend dürfte sich der Einfluss der Platzierungen auf die italienische Zinskurve am Freitag in Grenzen halten.

Mit Blick auf die Emissionstätigkeit in der kommenden Woche könnte sich ein Fenster für die Emission des ersten deutschen grünen Bundeswertpapiers ergeben. Die Vorbereitungen sind mit Investorengesprächen und der Bereitstellung einer Investorenpräsentation jedenfalls abgeschlossen.

“Alles in allem gehen wir davon aus, dass die Anleihe mit einem Abschlag von mindestens 1-2 Bp. gegenüber ihrem konventionellen Zwilling kommen wird,” schrieben Christoph Rieger und Rainer Guntermann von der Commerzbank in Frankfurt am Donnerstag. “Auf diesem Niveau sollte sie angesichts der Angebots-/Nachfrageüberlegungen Potenzial bieten, wobei es kaum möglich sein wird, zwischen einer Prämie für Knappheit und Grün zu unterscheiden,” führten sie weiter aus.

Bonitätseinschätzungen

Als einziges Euroland soll Irland eine Aktualisierung der Bonitätseinschätzung am Abend durch Fitch erfahren. Moody’s plant, die Überprüfung der Ratings von EFSF und ESM zu veröffentlichten.

Änderungen der Bonitätsnoten sind nicht zu erwarten, da die Ausblicke auf die Ratings bei allen drei zu überprüfenden Ländern bzw. Institutionen auf stabil stehen. Sofern es zu einer Anpassung kommen sollte, dürfte allenfalls der Ausblick gesenkt werden, wofür zumindest bei den beiden europäischen Institutionen kein unmittelbarer Anlass bestehen sollte.

Hinsichtlich Irland ist es von Interesse, ob Fitch die steigende Verschuldung und das Budgetdefizit als Risiko für die Bonität einstuft und wie die entlastenden Effekte der Anleiheankäufe sowie durch den Aufbaufonds eingeschätzt werden.

Hinweis in eigener Sache: Die Renten am Morgen pausieren bis zum 4. September. Die nächste Ausgabe erscheint am Montag, den 7. September.

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