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Renault macht Rekordverlust – Kursminus setzt CEO de Meo unter Druck

Die Finanzmärkte haben den Renault-Chef bei seiner ersten Bilanz-Pressekonferenz abgestraft – auch für seine Ehrlichkeit. Dabei war Renault sogar in einigen Bereichen erfolgreich.

Bei seiner ersten Bilanz-Pressekonferenz an diesem Freitag musste Luca de Meo einen Rekordverlust vermelden. Dass der Renault-CEO, seit gut einem halben Jahr im Amt, zunehmend angeschlagen wirkte, hatte aber einen anderen Grund: Je länger de Meo sprach, desto stärker gab der Aktienkurs nach. Bis zu 5,4 Prozent waren es am Morgen. Statt Zuversicht zu verbreiten schienen seine Worte wie ein Brandbeschleuniger zu wirken.

Frankreichs Wirtschafts- und Finanzminister Bruno Le Maire, derzeit auf Tour in der Region Burgund, sprang de Meo gar aus der Ferne zur Seite: „Wir haben volles Vertrauen in die Führung von Renault, der Plan für die Stärkung des Unternehmens ist überzeugend.“ Acht Milliarden Euro Verlust hat der Autokonzern im vergangenen Jahr gemacht, ein finanzieller Tiefschlag.

Doch das kommt nicht überraschend: Fünf Milliarden Euro davon stammen vom Partner Nissan und waren bereits seit Tagen bekannt. Der Rest erklärt sich durch das erste Halbjahr 2020, als Renault stärker als die meisten Wettbewerber von den Auswirkungen der Coronakrise auf die Autobranche erwischt wurde.

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Im zweitem Halbjahr 2020, in dem de Meo bereits die Verantwortung hatte, ist es allerdings schon wieder aufwärtsgegangen: „Wir haben eine Marge von dreieinhalb Prozent erreicht, das Autogeschäft schreibt wieder schwarze Zahlen“, wiederholte der Italiener mehrfach.

Wenn die Finanzmärkte Renault und damit de Meo dennoch abstrafen, hat das wohl einen anderen Grund: Die Märkte denken an die nächsten drei Monate, der CEO dagegen an die nächsten vier Jahre. „Wir wollen 2025 der grünste Autohersteller sein“ formulierte der Vorstandsvorsitzende seine Ambitionen.

Dieses Jahr sei für ihn nur ein Übergang, er wolle „keinen Ausblick für 2021 geben“. Die Lage sei zu ungewiss. 2021 werde „ein weiteres schwieriges Jahr“, ergänzte er. Das ist zwar ehrlich, enttäuschte aber die Erwartungen der Anleger und überdeckte die positiven Nachrichten, die es an diesem Freitag auch gab: Viel früher als erwartet hat Renault fast zwei Drittel seiner Fixkostensenkung – zwei Milliarden Euro sollten es 2023 werden – verwirklicht.

Das Sparziel wird nun wohl schon zur Jahreswende 2021/22 erreicht.

De Meo ist direkt, verbindlich und wohlwollend

Es ist das erste Mal, dass der 53-Jährige bei einem großen Autohersteller den Chefposten innehat. Innerhalb des VW-Konzerns war de Meo Chef von Seat und zeigte dort, dass er ein Händchen hat für die Markenführung und Verbesserung der Produktion. Doch anders als jetzt war er nicht der Hauptverantwortliche des Konzerns.

Heute dagegen wird jedem seiner Worte eine große Bedeutung beigemessen. Und de Meo ist einer, der die Dinge klar ausspricht. Das macht ihn so angenehm: Der Mann ist direkt, bleibt dabei aber immer verbindlich und wohlwollend. Er ist viel mehr ein Primus inter Pares als beispielsweise der schneidige Carlos Tavares vom direkten Konkurrenten Stellantis, dem fusionierten Unternehmen Peugeot und Fiat Chrysler.

Ein Satz, den de Meo bei der Bilanz-Pressekonferenz als Antwort auf die Frage nach den Fehlern der Vergangenheit sagte, ist beispielhaft für seine Art: „Ich will nicht zurückblicken und die Arbeit der Leute beurteilen, das wäre wenig elegant.“ Während Tavares stets wie ein ruheloser Antreiber auftritt, wirkt de Meo eher wie ein Moderator. Er lässt Kollegen wie Chefingenieur Gilles de Borgne und CFO Clotilde Delbos viel Platz auf der Bühne.

Doch seine umgängliche Art sollte besser niemand mit Entscheidungsschwäche verwechseln. De Meo hat gleich zu Anfang die Ausrichtung des Konzerns völlig verändert: weg von der Masse, hin zu mehr Marge. Er hat rund ein Dutzend Projekte gestoppt, die Organisation umgekrempelt, die Regionen an die kurze Leine gelegt, die Preise gesteigert und die Kosten gesenkt.

Renault ist „ein Unternehmen in der Krise“, das hat er von Anfang an klargemacht. Das gilt nicht nur für die Fehler bei der Produkt- und Preispolitik. Sondern auch für die Besessenheit der alten Führung, zum absatzstärksten Autoproduzenten der Welt zu werden, koste es, was es wolle.

Es gilt auch für den Schock, den der Sturz des Alleinherrschers Carlos Ghosn bei Renault ausgelöst hat. Was de Meo will: bei den Mitarbeitern wieder den Stolz auf das Unternehmen und die eigene Leistung wecken. Die Motivation neu entfachen.

Dabei setzt er auf die alte, lange vernachlässigte Stärke bei E-Autos. Die will de Meo aufpolieren. In zwei, drei Monaten soll eine Partnerschaft für die Produktion eigener Batterien stehen. Schon heute seien die Stromer von Renault rentabler als die Verbrenner, „die Herausforderung besteht darin, das auf breiter Front und mit großen Volumina zu schaffen“, analysiert de Meo und lässt Selbstbewusstsein aufblitzen: „Wir stehen in dieser Schlacht ziemlich gut da.“