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Remco Steenbergen soll die Finanzen von Lufthansa richten

Frei von Allüren, einer, der zuhören kann, aber auch weiß, was notwendig ist: Der neue Finanzchef der Airline genießt in der Branche einen guten Ruf.

Remco Steenbergen, 52, wechselt zu einer ausgesprochen schwierigen Zeit zu einer Fluggesellschaft. Mitten in der Corona-Pandemie, in der das Reisen zu einem wertvollen Gut geworden ist, übernimmt der Niederländer das über Monate brachliegende Finanzressort bei der Lufthansa. Steenbergen muss nun eintauchen in die komplexe Welt der Luftfahrt.

Finanzchef Ulrik Svensson musste sein Amt aus gesundheitlichen Gründen bereits im Frühjahr aufgeben. Vorübergehend übernahm Vorstandsmitglied Thorsten Dirks die Aufgabe, Aufsichtsratschef Karl-Ludwig Kley wollte sich Zeit lassen bei der Suche nach einem qualifizierten Nachfolger für Svensson. Als kurze Zeit später auch Dirks das Unternehmen verließ, übernahm Konzernchef Carsten Spohr selbst die Finanzen. Er wird froh sein, jetzt an Steenbergen abgeben zu dürfen.

Der Niederländer gibt mit seinem Wechsel einiges auf. Steenbergen kommt von Barry Callebaut, dem Schweizer Schokoladen-Spezialisten. Schokolade schätzt er nach eigenen Aussagen schon seit der Kindheit. Auch Ski fährt er gerne, in der Schweiz sicherlich einfacher zu realisieren als in der Main-Metropole Frankfurt, dem Sitz der Lufthansa.

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Auch finanziell dürfte sich Steenbergen nicht unbedingt besserstellen. Weil Lufthansa mit Staatshilfen der Länder Deutschland, Schweiz, Österreich und Belgien im Volumen von neun Milliarden Euro vor dem Aus gerettet werden musste, sind Bonuszahlungen vorerst tabu, die Festgehälter sind eingefroren. Eine Sonderregelung gibt es auch für Steenbergen nicht.

Vielleicht ist es die Marke, die lockt. Beim Namen Lufthansa bekommen noch immer viele Manager leuchtende Augen. Während der Karriere einmal bei dem Konzern gearbeitet zu haben macht sich gut im Lebenslauf. Daran ändert auch die aktuell desolate Situation der Airline nichts. Schließlich wurde sie durch die Pandemie ausgelöst, ist nicht selbst verschuldet.

Oder aber es ist die enorme Aufgabe, die Steenbergen reizt. Er ist es, der dafür sorgen muss, dass Lufthansa-Chef Spohr sein oberstes Ziel schnell erreichen kann: die Ablösung der Staatshilfen und damit das Zurückerlangen der Eigenständigkeit der „Hansa“.

„Steenbergen bringt dafür die richtigen Qualitäten mit“, heißt es im Umfeld von Lufthansa. Er habe gezeigt, dass er beim Thema „Geld beschaffen“ durchaus innovativ denke. Unter anderem wird auf „nachhaltige Anleihen“ verwiesen, die er für Barry Callebaut erfolgreich entwickelte. Zweimal platzierte er zudem für den Schokoladenkonzern erfolgreich Schuldverschreibungen.

Der neue Finanzchef bringt viel Erfahrung mit

Das ist Rüstzeug, das Lufthansa bestens gebrauchen kann. Zweimal hat der Konzern seit der Staatshilfe und der Beteiligung des deutschen Staates an der Airline-Gruppe den Kapitalmarkt getestet. Mit Erfolg: Beide Male waren die platzierten Instrumente deutlich überzeichnet. Steenbergen soll nun schauen, ob da noch mehr möglich ist.

Wenn dem Vater dreier erwachsener Kinder das gelingt, könnte sich Lufthansa schneller als gedacht wieder von den Staatshilfen lösen. Vielleicht muss der Konzern diese dann nicht einmal in vollem Umfang in Anspruch nehmen. Bisher sind nur drei der insgesamt vereinbarten neun Milliarden Euro geflossen.

Steenbergen bringt viel Erfahrung mit. Bevor er vor gut drei Jahren bei dem Schokoladenhersteller einstieg, war er viele Jahre für den Philips-Konzern tätig. Seine Laufbahn begann er bei dem Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsunternehmen KPMG. Er war beruflich viel unterwegs – in Großbritannien, Taiwan, Belgien, Irland und den USA.

Spannend dürfte indessen sein, wie Steenbergen im Führungsteam von Lufthansa klarkommen wird. Er gilt als jemand, der zuhören kann - und auch zuhören will. „Für Führungskräfte gibt es die Zeit des Zuhörens und die Zeit des Entscheidens. Gelingt es, die Balance zu finden, kommen die richtigen Entscheide fast von selbst", beschrieb er einmal gegenüber der Schweizer Wirtschaftszeitung „Finanz und Wirtschaft“ seinen Führungsstil.

Bei Lufthansa haben sich Externe in der Vergangenheit zuweilen schwergetan. Einige gestandene Lufthanseaten neigen dazu, Kollegen, die bisher nicht in der Luftfahrt tätig waren, etwas von oben herab zu betrachten. Da ist es gut, dass Wegbegleiter von Steenbergen dem Manager auch eine gehörige Portion Gelassenheit und Ruhe bescheinigen. „Er kann sehr energisch sein, ist durchsetzungsstark und denkt strategisch“, heißt es im Umfeld von Barry Callebaut. Und er denke über das Finanzressort hinaus. Bei dem Schokoladenkonzern habe er zum Beispiel das komplexe System aus global verteilten Tochtergesellschaften geordnet.

In Zürich jedenfalls trauert man dem Manager nach. „Remco wird als Finanzchef bei der Lufthansa vor ganz anderen Herausforderungen stehen - möglicherweise halten Airlines derzeit für Finanzchefs sogar die größten Herausforderungen bereit“, sagte Antoine de Saint-Affrique, der Chef von Barry Callebaut, kürzlich der Schweizer „Handelszeitung“: „Diesem Reiz konnte er offenbar nicht widerstehen. Wir werden ihn vermissen, aber wir haben mit Ben De Schryver einen sehr guten internen Nachfolger.“