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Rekrutierung über Facebook, Zahlung per Paypal: Mit dieser neuen Masche fälschen Amazon-Händler Produktbewertungen

200 Millionen. So viele gefälschte Produktrezensionen hat die US-Versandhandelsplattform Amazon nach eigenen Angaben im vergangenen Jahr weltweit auf seinen Webseiten gelöscht. Immer wieder gibt es Berichte über gefälschte Bewertungen für Produkte, die auf Amazon von Dritthändlern verkauft werden.

Das Geschäft dahinter ist riesig: Es gibt eigens Agenturen und Unternehmen, die mit den erkauften und gefälschten Bewertungen Geld machen. Ihr Kalkül ist einfach: Händler können diese Agenturen engagieren, damit diese sich für sie um positive Bewertungen kümmern – ohne, dass dies negativ auf sie zurückzuführen sei. Hierzu rekrutieren diese Agenturen oder Einzelpersonen Verbraucher, schicken ihnen das Produkt umsonst zu und im Falle einer positiven Bewertung bekommen diese das Geld für das Produkt zurückerstattet. In manchen Fällen gibt es für die Tester obendrauf auch noch einen Obolus für den erwiesenen Dienst.

Da die beschriebenen Maschen mittlerweile aber längst bekannt sind, entwickeln die Händler sowie die Unternehmen, deren Geschäftsmodell von den Rezensionen abhängt, dabei immer wieder neue Methoden, um an positive, beziehungsweise gefälschte Rezensionen zu gelangen.

Rezensenten werden über Facebook gesucht

Einige Anbieter gehen mittlerweile dazu über, die Käufer in sozialen Medien, beispielsweise in geschlossenen Gruppen bei Facebook zu rekrutieren. Business Insider hat in einigen geschlossenen Gruppen, die ursprünglich etwa dem Austausch von Garten-Tipps dienten, solche Produkttestangebote entdeckt.

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So lautete das Angebot eines angeblich “kleine[n] familiäre [n] Unternehmen, welches auf Amazon Fuß fassen möchte und durch die Vielzahl an chinesischen und amerikanischen Verkäufern, mit der Qualität herausstechen möchte” in einem Facebook-Beitrag:

Hier habt Ihr die Möglichkeit kostenlos hochwertige Schmuck- und Gadgetartikel zu testen.

Das ist super einfach und dabei besteht keinerlei Risiko für dich! Warum?!
1. Den Gesamtpreis für das jeweilige Produkt überweisen wir dir im VORFELD via Paypal
2. NACHDEM du das Geld erhalten hast, bestellst du das Produkt auf Amazon
Bedeutet: Du gehst nicht in Vorkasse, hast eine sichere Abwicklung und darfst den Artikel im Nachgang sogar behalten! - versprochen.

Facebook-Post mit dem Angebot für einen kostenlosen Produkttest

Dazu wurde ein Foto mit den zu testenden Produkten gepostet, die sich die Facebook-Nutzer aussuchen dürfen. Wer teilnehmen wolle, solle dem Verfasser einfach eine Privatnachricht schreiben.

Die Kaufsumme wird vorab per Paypal überwiesen

Relativ neu ist, dass der Betrag für das Produkt vorab per Paypal überwiesen wird und der Tester das Produkt erst nach Erhalt des Geldes über Amazon kauft, als würde er es regulär kaufen. Nach Erhalt des Produktes schreibt der Facebook-Nutzer eine Bewertung – meistens eine positive, denn er hat ja für die Ware nichts bezahlt. Im Vorfeld wird den Nutzern versprochen, dass sie das Produkt nach der Bewertung kostenlos behalten dürfen. Damit erkaufen sich die Anbieter die guten Bewertungen.

Im Gegenzug verlange der Verfasser “Im Bestfall außer einer positiven Bewertung auf Amazon, nichts!”. Der Facebook-Nutzer, der interessanterweise auch als Moderator der geschlossenen Garten-Gruppe zugelassen ist, hier aber hauptsächlich Schmuck- und keine Garten-Artikel bereitstellt, schreibt, dass dies keine "Geschenk gegen Bewertung"- Aktion sei. "Das kostenlose Produkt ist keineswegs eine Voraussetzung für die Abgabe einer Bewertung", schreibt er. Sollte ein Tester mit dem Produkt nicht zufrieden sein, stehe es ihm frei zu bewerten oder nicht.

Dass das vermeintliche Familienunternehmen mit den verschenkten Produkten vor allem eine positive Platzierung bei Amazon erlangen will, verheimlicht der Verfasser nicht einmal: "Durch die ersten Verkäufe und Bewertungen auf Amazon werden unsere Produkte an Aufmerksamkeit gewinnen und in den Suchergebnissen höher gelistet. Oder würdest du etwa Produkte auf der 7. Seite kaufen, wenn du nach etwas bestimmten suchst?"

Es klingt einfach und verlockend, vor allem ohne Risiko für die Verbraucher, denn das Geld soll ihnen ja vorab zugeschickt werden. Doch funktioniert das wirklich so einfach? Und verlangt der Händler im Nachhinein nicht doch eine positive Bewertung, nachdem der Tester das Produkt umsonst bekommen hat?

Das berichtet eine Produkttesterin

Business Insider hat von einer Produkttesterin, die bei dem genannten Shop bereits mehrfach bestellt hat, erfahren, dass die versprochenen Bedingungen zum Großteil eingehalten werden. Ihr wurde das Geld tatsächlich im Vorfeld per Paypal überwiesen, anschließend bestellte sie das jeweils vorher besprochene Produkt, das sie sich aussuchen durfte. In diesem Falle handelte es sich um Modeschmuck. ,Die Produkttesterin war meistens sehr zufrieden, weshalb sie meist eine gute Bewertung abgab.

Einmal war die Facebook-Nutzerin mit einem Produkt des gleichen Amazon-Shops jedoch nicht zufrieden und wollte in der Rezension nur 3 Sterne geben. Der Anbieter, den sie zuvor über den Aufruf bei Facebook angeschrieben hatte, "meinte, 3 Sterne sind eher schlecht als gut und es wäre nicht der Sinn eines Produkttests", so die Testerin. Sie hätte die Wahl gehabt, auch keine Bewertung abzugeben, "eine schlechte wollte ich nicht, da ich ja auch das Produkt kostenlos bekommen habe und er sich an die Abmachungen gehalten hat", sagt sie. Da sie aber noch weitere Artikel habe testen wollen, habe sie schließlich 4 Sterne gegeben und der Kontaktmann sei damit zufrieden gewesen. Dieser Austausch zeigt: Die Bewertungen der Produkte erfolgen nicht nur aufgrund der Erfahrung der Tester, sondern aus einem Gefühl der Gefälligkeit heraus und sind verhandelbar. Da die Tester und Testerinnen den Kontaktmann für die kostenlose Zusendung des Produkts jedes Mal persönlich anschreiben müssen, entsteht dadurch ein Druck, das kostenlos erhaltene Produkt positiv zu bewerten – allein, um beim nächsten Mal wieder mitmachen zu können.

Dass die Masche der Händler oder Rezensionen-Agenturen nicht gerade seriös sind, haben aber auch bereits einige Facebook-Nutzer erkannt. Eine Nutzerin fragt in den Kommentaren nach dem Namen des Amazon-Shops, denn sie wolle auch ohne Geschenk ein Produkt bei dem Händler bestellen. In dem vermeintlich verlockenden Angebot nennt der Verfasser nämlich weder einen Händler-, noch einen Unternehmens- oder Amazon-Shop Namen. Deshalb auch die Bitte, ihn per Privatnachricht zu kontaktieren, damit so schnell niemand einen Rückschluss auf den Shop ziehen kann. Die Nutzerin bleibt hart: "Wenn deine Angebote seriös sind, kannst du ja gerne deinen Anbieter-Namen nennen. Ansonsten ist die Sache hier für mich eine Geschenk-gegen-Bewertung-Aktion und verfälscht die Bewertungsstatistik."

Das tut Amazon gegen die Fake-Bewertungen

Da bei dieser neuen Masche keine klare Gegenleistung verlangt wird und die Nutzer regulär über Amazon bestellen und echte Käufer sind, ist es für den US-Konzern schwer, dagegen vorzugehen. Laut Amazon wurden 2020 erheblich mehr falsche Bewertungen gelöscht als noch vor wenigen Jahren. Mittlerweile gibt das Unternehmen weltweit 700 Millionen Dollar im Jahr für Mitarbeiter und Software aus, um Betrug und Manipulationen vorzubeugen beziehungsweise aufzudecken. "Dafür setzen wir leistungsstarke Programme des maschinellen Lernens und erfahrene Prüfteams ein, um wöchentlich mehr als 10 Millionen Rezensionen zu analysieren", sagt eine Amazon-Sprecherin. Der Tech-Konzern will versuchen, missbräuchliche Bewertungen zu unterbinden, bevor sie überhaupt veröffentlicht werden.

Im Kampf gegen die gefälschten Rezensionen kooperiert Amazon scheinbar auch mit Facebook und Co.: "Wir arbeiten auch proaktiv mit Sozialen Medien zusammen, indem wir diejenigen melden, die mit schlechten Absichten missbräuchliche Rezensionen außerhalb unseres Stores erstellen, und wir haben Tausende von ihnen verklagt, weil sie versuchten, unser Bewertungssystem zu manipulieren", so die Sprecherin weiter. Der Konzern hat seit 2018 allein in Deutschland 30 Prozesse gegen derartige Unternehmen und Agenturen angestrengt, wie Amazon im Juli mitteilte.

Im Falle eines Verstoßes ergreife der Konzern letztendlich Maßnahmen wie eine vorübergehende Sperre, einen dauerhaften Ausschluss oder rechtliche Schritte.

Habt ihr schon einmal Produkte mit gefälschten Bewertungen bestellt oder selbst Produkte kostenlos getestet und dafür Bewertungen geschrieben? Oder arbeitet ihr in einer Rezensionsagentur? Wenn ihr über eure Erfahrungen sprechen wollt, dann meldet euch bei uns per Mail an wirtschaft@businessinsider.de oder gerne auch anonym über Telegram: www.t.me/BI_Handel