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Wie Reisende jetzt an Entschädigungen kommen

Nach der Insolvenz der Air-Berlin-Tochter Niki sitzen Zehntausende Reisende fest. Die Unsicherheit ist groß: Sollen Niki-Fluggäste zum Flughafen fahren? Und wann gibt es Geld? Antworten auf die wichtigsten Fragen.

40.000 Passagiere der einstigen Air-Berlin-Tochter Niki sitzen derzeit an ihren Urlaubsorten fest, die meisten davon auf der Baleareninsel Mallorca. Zwar sind für mehr als die Hälfte davon die Reiseveranstalter verantwortlich, die Urlaubsreisen mit Niki im Paket verkauften. Doch immerhin 15.500 Tickets gingen einzeln über den Ladentisch – und damit ohne die Absicherung einer Pauschalreise. Folgende Hinweise gilt es für Geschädigte zu beachten:

Sollen von der Insolvenz betroffene Niki-Passagiere, auch wenn ihre Flüge ausfallen, trotzdem zum Flughafen anreisen?

Nein. Dennoch sei es sinnvoll, Beweismaterial für den Flugausfall zu sichern, rät Reiserechtsexpertin Sabine Fischer-Volk von der Verbraucherzentrale Brandenburg. „Es reicht“, sagt sie, „die Homepage mit den Flugausfällen zu fotografieren.“

Wie helfen die Flughäfen?

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Da Niki die eigene Homepage abgeschaltet hat, müssen die Flugausfälle über die Airport-Homepage recherchiert werden. „Meist erfährt man dort über die Hotline auch, ob Ersatzflüge geplant sind“, sagt Stefanie Müller, Expertin beim Flugrechte-Portal Flightright.

Gibt es zwei Klassen von betroffenen Fluggästen?

Ja. Wer den Flug im Paket einer Pauschalreise gebucht hat, für den hat der Veranstalter kostenfreien Ersatz zu besorgen. Tickets als Einzelleistungen werden dagegen zunächst einmal wertlos. Betroffene können ihre Ausgaben zwar in der Insolvenztabelle anmelden. Die Rückerstattung dürfte dabei jedoch nur im niedrigen einstelligen Prozentbereich liegen.

Wo muss ich meine Insolvenzansprüche anmelden?

Obwohl Niki seinen rechtlichen Sitz in Wien hat, läuft das Insolvenzverfahren beim Amtsgericht Berlin-Charlottenburg. Denn von der deutschen Hauptstadt wurde die Airline operativ geführt. Zum vorläufigen Insolvenzverwalter wurde Lucas Flöther bestellt. Dort müssten Geschädigte ihre Ansprüche in der Insolvenztabelle anmelden.

Gibt es Unterstützung anderer Airlines?

Ja. Eurowings, Tuifly und Condor versprechen den an den Urlaubsorten festsitzenden Touristen ohne Pauschalreiseabsicherung, sie zum halben Preis in die Heimat zurückzufliegen. Und das bis zum 31. Dezember. Einzureichen sind dazu nur die Flugbestätigung von Niki und das am Urlaubsort erworbene Ersatzticket. Condor bestätigt zudem auf Anfrage, dass man Niki-Kunden von den Urlaubsorten gratis zurückfliegen will, wenn sie an den Flughäfen erscheinen und noch Restplätze zur Verfügung stehen.

Gibt es Ansprüche gegen Lufthansa oder Eurowings?

Wahrscheinlich nicht. Anders als zunächst von Eurowings-Chef Thorsten Dirks dargestellt, hat die Lufthansa-Tochter den Ferienflieger Niki wohl nicht über einen Chartervertrag („Wet-Lease“) an sich gebunden, sondern nur mit Krediten in der Luft gehalten. Nur dort, wo Flüge über Eurowings gebucht wurden, die dann von Niki ausgeführt werden sollten, bestünde ein Anspruch gegenüber der Kranich-Airline.

Was ist mit Ansprüchen aus früheren Flugverspätungen von Niki?

Mit der Insolvenz der Airline, berichtet Flightright-Expertin Stefanie Müller, gebe es keine Hoffnungen mehr auf Schadensersatzzahlungen. „Das Geld ist ebenso futsch wie das für die gekauften Tickets“, sagt sie.

Können Pauschalurlauber auf Entschädigungen hoffen?

Ja. „Die Insolvenz eines Flugcarriers ist kein Entlastungsgrund für die Reiseveranstalter“, sagt Verbraucherschutz-Expertin Sabine Fischer-Volk. Ab der fünften Verspätungsstunde kann der Tagesreisepreis stündlich um fünf Prozent gekürzt werden. Zudem hat der Veranstalter für entgangene Urlaubsfreuden 70 Euro pro Tag und pro Person zu zahlen.

KONTEXT

Was die geplatzte Niki-Übernahme bedeutet

Was bedeutet die geplatzte Übernahme für Reisende?

Falls die Niki tatsächlich abrupt ihren Flugbetrieb einstellen muss, könnten Tausende Passagiere ihre bereits gebuchten Flüge nicht antreten. Sofern sie in Verbindung mit einer Pauschalreise gebucht sind, müsste der Veranstalter für Ersatzflüge sorgen. Wer seine Tickets direkt gekauft hat, müsste selbst Ersatzflüge suchen und diese auch bezahlen. Sollte sich kein neuer Käufer für die österreichische Airline finden, verschwände erneut die Kapazität von 20 Flugzeugen aus dem mitteleuropäischen Markt, was nach den Erfahrungen aus der Air Berlin-Pleite zu Engpässen und höheren Durchschnittspreisen bei den verbleibenden Anbietern führen dürfte.

Wer hat nun noch Chancen, die Niki zu übernehmen?

Letztlich werden die Karten im Übernahmepoker neu gemischt. Auch nach einem "Grounding" könnten zumindest die Niki-Slots für den Sommerflugplan ab Mitte März noch einen gewissen Gegenwert darstellen und Käufer anlocken. Trotz der bislang erfolglosen Gespräche und zwischenzeitlichen Absagen könnten erneut die Großkonzerne IAG (British Airways, Iberia, Vueling) und Thomas Cook (Condor) Interesse haben. Insidern zufolge tagte bereits am Mittwochnachmittag der Thomas-Cook-Verwaltungsrat, bei dem das Thema zur Sprache kam. Sie sind jetzt gegenüber dem Insolvenzverwalter Frank Kebekus in einer sehr starken Position.

Was wird aus den Arbeitsplätzen?

Falls Niki Insolvenz anmeldet, stehen kurz vor Weihnachten 1000 Mitarbeiter auf der Straße, wie Kebekus als Generalbevollmächtigter der Air Berlin klargemacht hat. Das betrifft nicht nur Österreich. Viele Besatzungen sind in Deutschland stationiert und bringen Passagiere von hier aus zu Badezielen etwa ans Mittelmeer. Piloten und Flugbegleiter haben aber wohl gute Chancen, bei der Lufthansa-Tochter Eurowings unterzukommen. Die soll nun aus eigener Kraft wachsen. Viele Flugzeuge aus der Air-Berlin-Gruppe hat Lufthansa schon von Leasingfirmen gekauft. Es fehlen praktisch nur noch die Besatzungen. Falls ein anderer Käufer den Zuschlag für die Niki bekommt, könnten dort Jobs erhalten bleiben.

Wie geht die Lufthansa jetzt weiter vor?

Die umsatzstärkste Fluggesellschaft Europas will zunächst in Brüssel retten, was noch zu retten ist, nämlich die zweite Air-Berlin-Tochter LG Walter. In diesem nicht insolventen Flugbetrieb sind derzeit 20 Propellermaschinen und 14 Airbus A320 registriert, die samt eigenem Personal Verbindungen für die Lufthansa-Tochter Eurowings fliegen. Sie verfügt über zusätzliche Start- und Landerechte aus dem Air-Berlin-Erbe, die aber auch noch Gegenstand von Verhandlungen mit den unerwartet strengen Brüsseler Wettbewerbshütern werden könnten. Mittelfristig will Lufthansa die Eurowings nun aus eigener Kraft wachsen lassen. Es wird aber deutlich länger dauern, als wenn man die 20 Niki-Jets samt eingearbeiteten Crews hätte übernehmen können.

Warum hatte die Lufthansa überhaupt den Zuschlag für den Großteil von Air Berlin erhalten?

Nach Aussage von Air-Berlin-Sachwalter Lucas Flöther haben die Lufthansa und Easyjet schlicht am meisten Geld geboten. "Entgegen allen Verschwörungstheorien haben wir an diejenigen verkauft, die das beste Angebot vorgelegt haben", sagte er im November der "Süddeutschen Zeitung". Die British-Airways-Mutter IAG, die sich die Niki für ihre spanische Tochter Vueling einverleiben wollte, zog ebenso den Kürzeren wie der Ferienflieger Condor. Allerdings haben die Beteiligten die EU-Kommission falsch eingeschätzt. Kebekus rechnete zwar mit Auflagen der Behörde. "Das heißt aber nicht, dass der gesamte Deal infrage gestellt wird", sagte er.

Bekommt der Staat seinen Überbrückungskredit von 150 Millionen Euro zurück?

Die Bundesregierung sagt selbst, dass der Kredit möglicherweise nur zum Teil an die KfW zurückgezahlt werden kann. Sollte sich kein neuer Käufer für die Niki finden, könnte es bei einem mittleren zweistelligen Millionenbetrag bleiben, für den größeren Rest müsste der Steuerzahler aufkommen, da der Staat gebürgt hat. 40 Millionen Euro fließen von der britischen Easyjet, 18 Millionen Euro von der Lufthansa für die LG Walter und ein unbekannter Betrag für die Air Berlin Technik, die vom Berliner Logistikunternehmen Zeitfracht übernommen worden ist.

Was bedeutet das Scheitern der Übernahme für den Wettbewerb?

Das lässt sich erst genauer sagen, wenn das Schicksal der Niki klar wird. Findet sich noch ein Käufer, entsteht besonders auf dem Markt der Ferienflüge möglicherweise ein größeres Gegengewicht zur Eurowings der Lufthansa. Bleibt Niki hingegen komplett am Boden, könnte gerade die Eurowings schnell in die Lücken stoßen, das frei werdende Personal einstellen und auf den neu verteilten Slots zusätzliche Flüge anbieten.