Werbung
Deutsche Märkte geschlossen
  • DAX

    17.917,28
    -171,42 (-0,95%)
     
  • Euro Stoxx 50

    4.939,01
    -50,87 (-1,02%)
     
  • Dow Jones 30

    37.983,65
    -477,27 (-1,24%)
     
  • Gold

    2.339,60
    +1,20 (+0,05%)
     
  • EUR/USD

    1,0734
    +0,0033 (+0,31%)
     
  • Bitcoin EUR

    59.810,23
    -472,11 (-0,78%)
     
  • CMC Crypto 200

    1.386,88
    +4,31 (+0,31%)
     
  • Öl (Brent)

    82,57
    -0,24 (-0,29%)
     
  • MDAX

    26.043,18
    -302,89 (-1,15%)
     
  • TecDAX

    3.266,76
    -32,84 (-1,00%)
     
  • SDAX

    13.995,77
    -211,86 (-1,49%)
     
  • Nikkei 225

    37.628,48
    -831,60 (-2,16%)
     
  • FTSE 100

    8.078,86
    +38,48 (+0,48%)
     
  • CAC 40

    8.016,65
    -75,21 (-0,93%)
     
  • Nasdaq Compositive

    15.522,64
    -190,11 (-1,21%)
     

Der Reise-Sommer droht zum Desaster zu werden

In den europäischen Urlaubszielen herrscht zu Beginn der Hauptsaison Flaute. Bleibt es dabei, wäre das für die Wirtschaftsleistung dieser Länder verheerend.

Das Trajansforum ist fast menschenleer. Foto: dpa
Das Trajansforum ist fast menschenleer. Foto: dpa

Das Meer glitzert türkisblau, eine leichte Brise trägt sanfte Wellen an den nahezu menschenleeren Strand: Wer in diesen Tagen die Webcam am Strand El Arenal von Mallorca anschaut, der traut seinen Augen nicht. Da, wo sonst um diese Jahreszeit Handtuch an Handtuch Ballermann-Touristen in der Sonne braten, herrscht jetzt Idylle pur. Es sind ideale Urlaubsbedingungen – doch der Tourismus kommt hier, genau wie anderswo in Europa, nicht in Schwung.

Die ersten Wochen der Sommersaison beginnen in den klassischen europäischen Urlaubsdestinationen wenig ermutigend. Hoteliers und Tourismusverbände berichten von verhaltener Nachfrage. In Spanien sorgte das Pilotprojekt auf den Balearen für Enttäuschungen, weil nur ein Bruchteil der erwarteten Touristen kam.

WERBUNG

Ähnlich ist die Lage in Italien. Griechenland hat Urlauber just mit verschärften Einreiseregeln verschreckt, und die Türkei leidet darunter, dass unter anderem Deutschland seine Reisewarnung für das Land aufrechterhält. Der Corona-Sommer 2020 wird die Wirtschaft wichtiger europäischer Volkswirtschaften erheblich belasten. Die Lage europäischer Urlaubsländer im Überblick.

Spanien: Pilotversuch bleibt hinter den Erwartungen zurück

Vor Beginn der Sommersaison wollten die balearischen Inseln der Welt beweisen, dass man dort auch in Corona-Zeiten sorgenfrei Urlaub machen kann. Ab dem 15. Juni und damit noch vor der grundsätzlichen Öffnung der spanischen Grenzen lud die Inselregierung 10.900 Deutsche ein, um mit ihnen die Sicherheitsprotokolle zu testen. Doch in der ersten Woche kamen gerade einmal 2000 Deutsche. In der zweiten Woche waren die spanischen Grenzen dann doch schon offen, sodass sich die Testgruppe mit den regulären Besuchern mischte.

Der deutsche Reiseveranstalter Tui bewertete das Pilotprojekt zwar als Erfolg. „Wir haben in den zwei Wochen 4.200 Urlauber auf die Balearen gebracht, das lag im Rahmen unserer Erwartungen“, erklärt ein Sprecher. Der Konzern war jedoch der einzige deutsche Veranstalter, der sich beteiligte. Seine Gästezahl dürfte deshalb von einigen Einzelreisenden abgesehen der Teilnehmerzahl des auf zwei Wochen angelegten Projekts entsprechen.

Die Hoteliers vor Ort sind enttäuscht. „Es sind deutlich weniger Leute gekommen, als wir gehofft hatten“, sagt Gabriel Llobera, Chef der mallorquinischen Hotelgruppe Garden Hotels, der auch Präsident des balearischen Hotelverbands ist. Bis Ende Juni erhielt er in seinen drei Hotels mehr Stornierungen als neue Reservierungen.

Lesen Sie auch: Wie gefährlich sind die Corona-Mythen für die Demokratie?

„Jetzt dreht sich das Verhältnis zwar gerade um – auf dem spanischen Festland stärker als auf Mallorca“, sagt er. Allerdings bleiben die Buchungen auf sehr niedrigem Niveau: In seinem Hotel in Huelva an der Costa de la Luz ist die Belegung für den Juli von 20 auf 33 Prozent gestiegen.

Grund dafür sind die Buchungen von spanischen Touristen, die langsam mehr Vertrauen schöpfen. Llobera hofft, dass sie auch auf Mallorca die Sommersaison etwas in Schwung bringen. Die Insel lebt normalerweise vor allem von ausländischen Touristen.

Spanien ist weltweit das zweitbesuchte Reiseziel nach Frankreich. Der Tourismus trägt als größte Branche des Landes gut zwölf Prozent zur Wirtschaftsleistung bei und beschäftigt 13 Prozent aller Arbeitnehmer. „Wenn der Tourismus in der Sommersaison in Spanien und den übrigen europäischen Urlaubsländern nicht anzieht, ist das fatal für die Volkswirtschaften insgesamt“, sagt Philip Moscoso, Tourismus- und Einzelhandelsexperte der spanischen Business School IESE.

„Die Branche hat in Ländern wie Spanien, Italien oder Griechenland ein erhebliches Gewicht, und der Konjunktureinbruch dort wird vor allem davon abhängen, wie gut es gelingt, das Minus im Tourismus in Grenzen zu halten.“

Der spanische Branchenverband Exceltur rechnet in seiner aktuellen Prognose damit, dass die Branche in diesem Jahr 55 Prozent weniger umsetzt als 2019. „Diese Prognose erscheint anhand der Daten, die wir bisher haben, optimistisch“, sagt dagegen Llobera.

Dafür sprechen auch die Suchanfragen nach Spanien-Flügen: Eine Auswertung der Tourismusberatung Mabrian Technologies für das Handelsblatt zeigt, dass im Juni 73 Prozent weniger Spanien-Flüge im Web und in Reisebüros gesucht wurden als im vergangenen Jahr. „Den Effekt des Pilotversuchs auf den Balearen sieht man bei den Anfragen aber deutlich“, sagt Carlos Cendra von Mabrian. „Nach dem Beginn des Piloten sind die Suchen für Mallorca-Flüge um 50 Prozent gestiegen, das spricht für einen Erfolg des Projekts.“

Weniger groß als bei den Flugsuchen ist das Minus bei den Kapazitäten, die Airlines bis Ende Juni für die Hochsaisonmonate Juli und August nach und innerhalb von Spanien bereitgestellt haben: Mit 17,5 Millionen Plätzen liegen sie 41 Prozent unter dem Niveau des Vorjahres. Vor allem im August sinkt das Minus auf „nur“ noch 25 Prozent. „Allerdings ist die Lage derzeit so unsicher, dass man nicht weiß, wie viele der geplanten Verbindungen tatsächlich stattfinden“, sagt Mabrian-Experte Cendra.

Doch für den Top-Monat August ist auch Hotelier Llobera optimistischer. „Dann fahren die meisten Spanier in den Urlaub, und auch die Briten werden hoffentlich wiederkommen“, sagt er. Britische Touristen fielen bislang als Besucher aus, weil für sie eine 14-tägige Quarantänepflicht bei der Rückkehr nach Hause galt.

Inzwischen aber hat die britische Regierung eine Liste mit 59 Ländern veröffentlicht, in die Briten reisen dürfen, ohne danach in Hausarrest zu müssen. Dazu gehört auch Spanien. Briten stellen dort die größte Touristengruppe vor den Deutschen.

Spanien ist mit offiziell 28.392 Corona-Toten gemessen an der Einwohnerzahl nach Belgien und Großbritannien das Land mit den meisten Toten weltweit. Mit Blick auf die hohe Übersterblichkeit in Spanien – also darauf, wie viele Menschen mehr gestorben sind als in anderen Jahren – sind es noch viele Tausend Todesfälle mehr. Die balearischen und kanarischen Inseln waren jedoch deutlich weniger betroffen. Die Balearen zählen 224 Todesfälle.

Doch der Urlaub in diesem Jahr wird in Spanien so oder so anders aussehen als in anderen Jahren: Besucher müssen im Flugzeug einen Gesundheitsfragebogen ausfüllen und ihre Telefonnummer angeben. Nach dem Zufallsprinzip werden sie während ihres Urlaubs von den Behörden angerufen und nach ihrem Befinden befragt.

Die Hotels weisen Gäste per Beschriftung am Boden an, wie und in welcher Richtung sie zum Buffet gehen dürfen und wo sie sich vorher die Hände desinfizieren können. Auf der Straße müssen Gäste wie Einwohner Atemmasken tragen, wenn sie den Mindestabstand nicht einhalten können.

Die beliebten Orte in Rom sind im Sommer 2020 nur spärlich besucht. (Bild: Getty Images)
Die beliebten Orte in Rom sind im Sommer 2020 nur spärlich besucht. (Bild: Getty Images)

Italien: Der große Flop

Auch in Italien ist die Freiheit eingeschränkt: In Hotels, Restaurants, Geschäften, Museen und am Strand gelten Abstandsregeln, Tische müssen ebenso im Voraus reserviert werden wie Strandliegen. In geschlossenen Räumen ist Mundschutz vorgeschrieben, in der Lombardei auch im Freien.

Die Saison schickt sich an, ein Reinfall zu werden. Der Chef des Tourismusverbands Assoturismo Confesercenti, Vittorio Messina, spricht vom „schlimmsten Einbruch in der Geschichte des italienischen Tourismus“. Die italienische Tourismuszentrale Enit geht in Prognosen vom Juni davon aus, dass in diesem Jahr 49 Prozent weniger ausländische Touristen nach Italien reisen als 2019, als 63 Millionen kamen.

Erst 2023 sei man wieder zurück bei Vor-Corona-Zeiten, erwartet Enit. Allein das Fernbleiben der Touristen aus den USA, für die die europäischen Grenzen weiterhin geschlossen sind, führt zu einem Loch von 1,8 Milliarden Euro, heißt es beim Agrar- und Verbraucherverband Coldiretti.

„Wir sehen keine Touristen“, sagt auch Marina Lalli, die Präsidentin des Tourismusverbandes Federturismo, „besonders ausländische Urlauber fehlen.“ Erschwert wird die Lage durch eine verschärfte Quarantäneregel: Gesundheitsminister Roberto Speranza erklärte Anfang Juli, Italien fahre eine Strategie der Vorsicht gegenüber den Ländern außerhalb des Schengen-Raums. Die müssen bei der Einreise nach Italien in Quarantäne.

Lesen Sie auch: Nach dem Blick in die Sonne: Warum sehen wir Punkte?

Italien wirbt daher für Urlaub im eigenen Land. Die Branche trage mit Zulieferern 13 bis 14 Prozent zum Bruttoinlandsprodukt bei, sagte Premier Giuseppe Conte, seine Regierung werde die dort arbeitenden Menschen unterstützen. Italienischen Familien, die dieses Jahr ihre Ferien in der Heimat verbringen und weniger als 40.000 Euro verdienen, zahlt er bis zu 500 Euro.

Deutsche stellen die größte Besuchergruppe in Italien – sieben Millionen kamen allein im vergangenen Sommer. Italien hat schon Anfang Juni seine Grenzen wieder geöffnet, und auch die Österreicher erlauben seitdem wieder die Fahrt über den Brenner gen Süden.

Bei einem Besuch in Rom hatte Außenminister Heiko Maas die Deutschen allerdings zu Vorsicht aufgerufen. „Viele Deutschen wollen diesen Sommer wieder nach Italien kommen“, sagte er. Es sei aber wichtig, sich „besonders verantwortungsvoll zu verhalten“ und die Corona-Regeln zu befolgen, damit die Fallzahlen weder später in Deutschland noch im Urlaubsland wieder steigen. Eine weitere Rückholaktion für Deutsche wie im März werde es nicht noch einmal geben, heißt es beim Auswärtigen Amt.

Denn trotz mittlerweile rückläufiger Zahlen ist die Gefahr durch Covid-19 in Italien noch nicht gebannt. Der Zivilschutz meldet täglich neue Infizierte und Tote, wenn auch nicht im ganzen Land verteilt, sondern vor allem im Norden. Italien hat mit mehr als 240.000 Ansteckungen und mehr als 34.500 Toten besonders stark unter der Pandemie gelitten. Bis zum 31. Juli 2020 gilt noch der Notstand. Conte hat jedoch erklärt, dass Italien eine zweite Welle aushalten könnte, ohne noch einmal einen strengen Lockdown anzuordnen.

Griechenland testet einreisende Urlaub auf das Coronavirus. (Bild: Getty Images)
Griechenland testet einreisende Urlaub auf das Coronavirus. (Bild: Getty Images)

Griechenland: Hoffen auf den Herbst

Auch in Griechenland bleiben bislang die meisten Betten leer. Noch im Januar hatte das Land mit einem neuen Besucher-Rekord gerechnet, 2020 wollte es erstmals mehr als 35 Millionen ausländische Urlauber begrüßen. Das wäre der achte Rekord in Folge gewesen. Aber daraus wird nichts. „Vier Monate sind bereits verloren“, sagt Andreas Patiniotis, Besitzer des Hotels „Volcano View“ auf der Kykladeninsel Santorin.

Der Wirtschaftsprüfer Ernst & Young erwartet, dass in diesem Jahr nur 14,5 Millionen ausländische Urlauber kommen. Das wäre ein Rückgang von 58 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Griechische Branchenexperten sind noch skeptischer: Sie rechnen mit einem Einbruch von 75 Prozent.

Für kein anderes europäisches Mittelmeerland, Zypern ausgenommen, hat der Tourismus eine so große wirtschaftliche Bedeutung wie für Griechenland: Im vergangenen Jahr steuerte er 21 Prozent zum Bruttoinlandsprodukt bei. Jeder vierte Job hängt am Fremdenverkehr. Vor allem vom Tourismus hängt ab, wie tief Griechenland in diesem Jahr in die Rezession rutscht. Das Land kann mit den wenigsten Corona-Sterbefällen aller Mittelmeeranrainer punkten, die Reproduktionszahl „R“ liegt bei nur 0,31.

Lesen Sie auch: Zug auf Brücke: Ungewöhnliches Luxus-Hotel

Die Deutschen sind die wichtigste Urlaubernation: Über vier Millionen deutsche Gäste kamen 2019 ins Land und brachten 2,96 Milliarden Euro mit, rund 16 Prozent aller Tourismuseinnahmen. Die Deutschen sind gern gesehene Gäste, auch weil sie vergangenes Jahr statistisch pro Kopf 735 Euro in Griechenland ausgaben, gegenüber 533 Euro im Schnitt aller ausländischen Urlauber.

Seit dem 1. Juli sind die griechischen Regional- und Inselflughäfen wieder für den internationalen Verkehr geöffnet. Aber jetzt verunsichert die Athener Regierung potenzielle Urlauber mit komplizierten Online-Anmeldeverfahren und Corona-Tests, die in letzter Minute eingeführt wurden. Viele Hoteliers wollen in diesem Jahr gar nicht erst aufmachen.

Hotelbesitzer Patiniotis auf Santorin hofft auf den Herbst. „Für den Juli hatte ich vor vier Wochen gar keine Buchungen, jetzt bin ich wenigstens zu 20 Prozent belegt – das ist besser als nichts“, sagt der Unternehmer. Mit diesem Wert ist er nicht allein: Nach Angaben des Präsidenten der griechischen Hotelkammer, Grigoris Tasios, liegt die Auslastung derjenigen griechischen Hotels, die überhaupt geöffnet haben, bisher im Durchschnitt bei 20 Prozent.

In Ankara in der Türkei herrscht gähnende Leere. (Bild: Getty Images)
In Ankara in der Türkei herrscht gähnende Leere. (Bild: Getty Images)

Türkei: Reisewarnungen schaden

In der Türkei erwirtschaftete der Tourismus im vergangenen Jahr nach einer Erhebung des World Travel & Tourism Council (WTTC) rund elf Prozent des Bruttoinlandsprodukts und schaffte 2,6 Millionen Arbeitsplätze, was rund neun Prozent der gesamten Beschäftigung entspricht. Allein aus Deutschland kamen 2019 rund fünf Millionen Touristen.

Doch in diesem Jahr ist alles anders. Der Strand in der Urlauberhochburg Antalya ist wie leer gefegt. Mehrere Länder, darunter Deutschland, halten eine Reisewarnung für die Türkei aufrecht. „Diese Reisewarnung ist aus Sicht unseres Verbandes sehr unerfreulich“, erklärte der Präsident des Deutschen Reiseverbandes, Norbert Fiebig, auf einer Tourismus-Konferenz in Istanbul.

Die Türkei gilt in Europa als Risikogebiet in Sachen Coronavirus. Die EU beklagt die mangelnde Transparenz des Landes bei den Daten. Das Auswärtige Amt hatte sich zudem zuletzt im Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“ über unangemessene Behandlungsmethoden beschwert.

Nach türkischen Angaben aber hat das Land bei ähnlicher Einwohnerzahl nur etwas mehr als halb so viele Tote wie Deutschland zu beklagen. Seit Anfang Juni verzeichnet Antalya maximal acht neue Infektionen pro Tag. Auch gilt das türkische Gesundheitssystem als eines der fortschrittlichsten im OECD-Raum. In Ankara vermuten daher viele, dass die Reisewarnung politische Gründe hat.

„Die türkischen Ferienregionen zählen zu den Orten mit den geringsten Infektionsraten“, erklärte der türkische Minister für Kultur und Tourismus, Mehmet Nuri Ersoy, im Gespräch mit dem Handelsblatt. Seiner Meinung nach gibt es keinen Grund, die Reisewarnung aufrechtzuerhalten.

Sein Ministerium hat ein spezielles Zertifizierungssystem für Hotels mit über 130 Maßnahmen eingeführt. Überprüft wird das Programm vom Tüv Süd. Wer sich auf die Reise traut, wird mit viel Platz am Buffet und am Strand belohnt. Einschränkungen gibt es keine, wenn man von den Hygienemaßnahmen wie dem Tragen einer Maske im Hotelgebäude absieht.

Auch in Paris sind die beliebten Tourismusorte aktuell nur wenig besucht. (Bild: Getty Images)
Auch in Paris sind die beliebten Tourismusorte aktuell nur wenig besucht. (Bild: Getty Images)

Frankreich: Publikumsmagnet Paris

Frankreich macht sich ebenfalls Sorgen um die Sommersaison. „Der französische Tourismus steht ohne Zweifel vor der härtesten Herausforderung der modernen Zeit“, sagte der inzwischen zurückgetretene Premier Edouard Philippe. Mit acht Prozent ist der Anteil der Branche an der Wirtschaftsleistung zwar geringer als in anderen europäischen Urlaubsländern. Frankreich ist aber das Land mit den meisten Besuchern weltweit.

Dazu trägt vor allem die Hauptstadt Paris bei. Im vergangenen Jahr kamen 50 Millionen Menschen und bescherten der Ile de France 22 Milliarden Euro an Einkünften. Für diesen Sommer rechnet die Tourismusbranche dort mit einer Verbesserung gegenüber dem Frühjahr, allerdings auf einem sehr niedrigen Niveau.

99 Prozent der Anbieter geben an, dass sie durch den Lockdown ab März deutlich an Geschäft verloren haben: 81 Prozent büßten die Hälfte oder mehr ihrer Einnahmen ein, 35 Prozent gar drei Viertel. Doch ab Juni ging es dank der internen Lockerungen und der Grenzöffnung wieder aufwärts. Anders als andere französische Regionen profitiert die Ile de France von Alleinstellungsmerkmalen: Sandstrände, Radwege und Klettertouren sind bis zu einem gewissen Grad austauschbar, den Eiffel-Turm und den Montmartre gibt es nur in Paris.

Lesen Sie auch: Genesungswünsche und Kritik nach Bolsonaros Corona-Diagnose

Rund die Hälfte des Umsatzes der französischen Hotel- und Reisebranche stammt von Ausländern. Für den Fall, dass viele von ihnen fernbleiben, soll ein stärkeres nationales Geschäft einen Teil der Ausfälle auffangen. Die Regierung wirbt seit Monaten für einen Urlaub innerhalb des Hexagons.

Gleichzeitig unterstützt sie die Branche mit Milliardenhilfen in Form von Garantien, Zuschüssen, niedrigeren Tarifen für öffentliche Dienstleistungen und gesenkten Sozialbeiträgen. „Bei uns ist sicher, dass der nationale Tourismus die Saison retten wird“, sagt Anne Berthelot von der Tourismuszentrale Nice-Côte d’Azur. Es gebe auch Interesse aus Deutschland, der Schweiz, den Niederlanden, Belgien und Skandinavien. Die Flugverbindungen mit diesen Ländern funktionierten wieder.

Sicher scheint, dass die besonders zahlungskräftigen Amerikaner und Asiaten in diesem Jahr ausfallen. Sie stehen nicht auf der Liste der Länder, deren Bürger ohne Probleme in die EU reisen dürfen. Sollten gar keine Touristen aus Nicht-EU-Staaten kommen, würde der französischen Reisebranche ein Drittel der Einnahmen wegbrechen, 62 Milliarden Euro. Eine detaillierte Prognose für 2020 stellt der Verband in dieser Woche vor.

Die fällt jedoch nicht leicht: „Die Kunden entscheiden sich derzeit in der letzten Minute“, stellt Berthelot fest. Statt in die Stadt reisen sie lieber aufs Land – und verstärken damit einen Trend der vergangenen Jahre: „Slow Tourismus, Öko-Tourismus sind in diesem Jahr besonders gefragt, die Menschen wollen raus ins Grüne“, bemerkt die Französin.

Österreich: Deutsche sollen den Sommer retten

Für Österreich spielt der Fremdenverkehr eine Schlüsselrolle: Er liefert annähernd 16 Prozent des Bruttoinlandsprodukts. Seit Jahresbeginn ging die Zahl der Übernachtungen um rund ein Drittel auf 43 Millionen zurück. Das gab die Statistik Austria vor wenigen Tagen bekannt.

Interessant: Von Januar auf Mai sanken die Übernachtungen von Österreichern um über 41 Prozent, die der ausländischen Besucher dagegen nur um 30 Prozent. Schon seit Ende Mai dürfen alle Hotels und Ferienwohnungen in der Alpenrepublik wieder öffnen.

Das Neun-Millionen-Einwohner-Land ist mit 700 Toten und rund 17.000 Infizierten im europäischen Vergleich nur unterdurchschnittlich betroffen und gehörte zu den Ersten, die den Lockdown beendeten und die Grenzen wieder öffneten. Das ist ein Grund dafür, warum die Wirtschaftsleistung in der Alpenrepublik vergleichsweise moderat fällt

Während der Internationale Währungsfonds für die Euro-Zone insgesamt einen Einbruch von zehn Prozent erwartet, rechnen die beiden führenden Wirtschaftsforschungsinstitute, Wifo und IHS, für Österreich mit sieben und 7,3 Prozent. Hauptgrund ist die verhaltene Entwicklung des Tourismus.

Die mit Abstand größte Besuchergruppe kommt seit Jahrzehnten aus Deutschland. Um eine Pleitewelle in der Tourismusbranche zu vermeiden, hat die österreichische Regierung sehr früh auf offene Grenzen zu Deutschland gesetzt. Angesichts der Einschränkungen im Flugverkehr hoffen Hoteliers, Reiseveranstalter und Wirte darauf, dass zumindest deutsche Urlauber kommen. Der wirtschaftliche Druck ist enorm, denn viele Hoteliers haben sich bis zur Halskrause verschuldet.

Besonders hart trifft die Coronakrise die früher so beliebte Hauptstadt Wien. In der Donaumetropole ist noch immer die Mehrheit der Betten leer. Etliche Luxushotels haben erst gar nicht aufgemacht. Insbesondere teure Modemarken leiden unter dem Ausfall der Städtetouristen. Vor allem die kaufkräftige Klientel aus Asien und Nordamerika fehlt in Wien, das in den vergangenen Jahren einen Besucherrekord nach dem anderen hinlegte. Aber auch die Deutschen fehlen derzeit noch.

Dabei können sich Touristen in Österreich weitgehend frei bewegen. Eine Mundmaske wird weder für Hotels oder Wirtshäuser noch zum Shopping verlangt. Nur bei öffentlichen Verkehrsmitteln ist die Maske noch Pflicht.

Lesen Sie auch: Corona-Ausbruch in Kroatien: Was ist mit unserem Urlaub?