Werbung
Deutsche Märkte öffnen in 1 Stunde 56 Minute
  • Nikkei 225

    37.700,63
    -759,45 (-1,97%)
     
  • Dow Jones 30

    38.460,92
    -42,77 (-0,11%)
     
  • Bitcoin EUR

    60.005,04
    -2.596,68 (-4,15%)
     
  • CMC Crypto 200

    1.390,02
    -34,08 (-2,39%)
     
  • Nasdaq Compositive

    15.712,75
    +16,11 (+0,10%)
     
  • S&P 500

    5.071,63
    +1,08 (+0,02%)
     

Reich werden wie die Quandts: Eine Geschichte erfolgreicher Unternehmensbeteiligungen

Die Familie Quandt ist äußerst verschwiegen. Jetzt schildern Gabriele Quandt und das Management von HQ Capital, wie sie den Reichtum der Familie verwalten.

Das Quandt-Imperium wird von Bad Homburg aus regiert, einem Taunus-Städtchen vor den Toren der Finanzmetropole Frankfurt. Nicht weit entfernt von der Spielbank und dem Kurpark laufen die Fäden für die Verwaltung des milliardenschweren Vermögens zusammen.

Die Stadt und ihre Bürger wissen, wie wichtig die Dynastie für die Kommune ist. Zur Adventszeit wird der imposante, fast 30 Meter hohe Weihnachtsbaum auf dem Gelände der Firmengruppe mit 5000 LED-Leuchten illuminiert, drei Mal muss dafür die Feuerwehr zum Schmücken anrücken.

Den wichtigsten Grundstein für den Reichtum und den Einfluss von heute legte Gabriele Quandt aus dem Familienzweig von Harald Quandt vor 30 Jahren in den USA. Harald und sein Bruder Herbert erbten 1954 zahlreiche Firmenbeteiligungen vom Familienpatriarchen Günther Quandt und investierten gemeinsam in Unternehmen.

WERBUNG

Nach dem Tod von Harald Quandt wurden zu Beginn der 70er-Jahre die Vermögen schrittweise entflochten. Sein Bruder Herbert übernahm dabei die Beteiligung an BMW, der die Anteile an seine jüngsten Kinder Stefan Quandt und Susanne Klatten vererbte.

Im anderen Familienzweig vermehrte Gabriele Quandt, die Cousine der BMW-Erben, ihr Vermögen nicht mit Aktien, Anleihen oder Rohstoffen wie Gold, sondern mit unternehmerischen Beteiligungen.

„Wir starteten vor 30 Jahren als Erbengemeinschaft, wobei wir Schwestern zunächst wenig Erfahrung mit Finanzgeschäften hatten. Damals erkannten wir aber schnell, dass New York für Private Equity genau der richtige Ort war“, erzählt Gabriele Quandt im Gespräch mit dem Handelsblatt.

Pionierzeit in New York

Es war eine Pionierzeit, gemeinsam mit dem damaligen Manager Marcel Giacometti baute sie in Manhattan das Geschäft auf und beteiligte sich an Unternehmen. Heute steht der Name Quandt einerseits für deutsches Unternehmertum, das mittelständisch geprägt ist, andererseits für angelsächsisches Know-how bei den Investments.

HQ Capital verwaltet ein Vermögen von 6,8 Milliarden Dollar. HQ Capital, so haben die Töchter im Gedenken an ihren Vater Harald Quandt ihre Vermögensverwaltung genannt. Inzwischen gehört sie zu den wichtigsten deutschen Spielern im weltweiten Geschäft mit Beteiligungen. „Unser Investmentansatz ist global, und wir analysieren im Jahr rund 2000 Private-Equity-Fonds, in etwa 50 investieren wir“, erklärt Bernd Türk, Sprecher der Geschäftsführung von HQ Capital.

Schätzungen zufolge hat das Family Office der Familie Harald Quandt strategisch rund 40 Prozent seiner Mittel in Private Equity angelegt – das ist deutlich mehr als bei vergleichbaren Vermögensverwaltungen. Mittlerweile hat sich die Familie für andere Investoren geöffnet, der Großteil der Gelder stammt von institutionellen Anlegern aus Deutschland.

Diese Summen wollen erst einmal investiert sein. „Jährlich geben wir zwischen 600 Millionen und einer Milliarde Euro an ausgewählte Private-Equity-Fonds. In den ersten drei Quartalen dieses Jahres wurden rund 500 Millionen Euro in 23 Fonds investiert“, ergänzt Anlagestratege Türk. Ein besonderer Fokus liegt dabei auf Beteiligungshäuser, die global in kleinere und mittelständische Firmen investieren – auf diese Weise sind die Quandts an fast 7000 Unternehmen von Amerika über Europa bis hin nach Asien engagiert.

Aufstieg einer Branche

Private-Equity-Fonds übernehmen in der Regel die Mehrheit an Unternehmen, restrukturieren sie über mehrere Jahre und reichen sie dann weiter an andere Finanzinvestoren oder strategische Käufer aus der Industrie. Die Branche hat einen atemberaubenden Aufschwung genommen. Im Jahr 1990 gab es gerade einmal 273 Fonds, heute sind es mehr als 7000, das Volumen der Transaktionen stieg von 13 Milliarden auf 1,5 Billionen Dollar im Jahr 2018.

Ein Grund für den beispiellosen Aufstieg sind die hohen Renditen im globalen Private-Equity-Geschäft. In den vergangenen 25 Jahren legte der Aktienindex MSCI World um jährlich etwa sieben Prozent zu, der Index für Private Equity dagegen um 13,5 Prozent. Die Zeiten, als noch Renditen von durchschnittlich 20 Prozent erreicht werden konnten, sind allerdings vorbei.

Das war vor 30 Jahren. „Aufgrund gestiegener Nachfrage, höherer Markttransparenz und dem Zinsumfeld erwarten wir im Private Equity-Bereich niedrigere Renditen von zehn bis 15 Prozent. Die Renditekompression holt auch Private Equity ein“, analysiert Türk.

Wer nicht gerade ein paar Millionen mitbringt, für den ist der Private-Equity-Markt kaum zugänglich. Den Markt dominieren weltweit die Profianleger aus Versicherungen, Pensionskassen und Versorgungswerken. Normale Sparer können sich über Umwege aber trotzdem an dem Geschäft beteiligen.

Am leichtesten, indem sie in die Aktien börsennotierter Beteiligungsfirmen wie beispielsweise KKR oder der Partners Group investieren. Beide Aktien legten in den vergangenen zwölf Monaten um mehr als ein Viertel zu. Im Zeitalter der Digitalisierung bieten auch neue Plattformen den Zugang zu großen Beteiligungsfonds ab Investitionssummen von vergleichsweise bescheidenen 100.000 Euro.

Die Profi-Investoren sorgen dafür, dass Private Equity in ihren Portfolios nur eine Beimischung bleibt. Allerdings werden bei einigen Großanlegern heute schon recht hohe Quoten zwischen zehn und 20 Prozent genannt.

Hausgemachte Probleme

Im zu Ende gehenden Jahr musste sich Gabriele Quandt nicht nur als wichtigste Anlegerin, sondern vor allem auch als Krisenmanagerin der Gruppe beweisen, vor allem bei der breiter aufgestellten Vermögensverwaltung HQ Trust, bei der gleich drei Geschäftsführer das Weite suchten. Bei HQ Capital folgte der heutige Geschäftsführer Türk auf Georg Wunderlin, der „auf eigenen Wunsch“ zum 31. März 2019 aus der Geschäftsführung ausschied.

Man entwickle sich weiter und gründe einen gemeinsamen Aufsichtsrat für alle Finanzdienstleister der Gruppe, erläutert Quandt. Dafür habe man Joachim Faber von der Deutschen Börse gewinnen können. Die übrigen Mitglieder des Gremiums würden wahrscheinlich erst nächstes Jahr dazustoßen, erläutert sie.

„Natürlich kommt es vor, dass der eine oder andere Mitarbeiter seine Zukunft ohne uns sieht oder man unterschiedliche Auffassungen hat. Damit muss man umgehen“, sagt die 67-jährige Managerin. Die neue Struktur stehe so weit, sei aber „noch nicht vollständig implementiert“.

Härtere Zeiten für Finanzinvestoren

Viele Marktteilnehmer im Private-Equity-Geschäft stellen sich auf härtere Zeiten ein. Die hohen Bewertungen der Firmen in den Portfolios der Fonds sind ebenso ein Risiko wie die konjunkturelle Abkühlung, außerdem sind die anhaltenden geopolitischen Spannungen weltweit Belastungsfaktoren.

Die Wirtschaft habe eine der historisch längsten Aufschwungsphasen erlebt, die Anleger wissen aber, dass der Winter naht“, warnt Jeremy Coller, Chief Investment Officer vom prominenten Investor Coller Capital. „ Die Geldgeber für die Private-Equity-Fonds gingen davon aus, dass Unterschiede in der Qualität der Strategien und der Teams wieder zu einer erheblichen Divergenz in den Renditen führen würden – wie bereits vor zehn Jahren während der globalen Finanzkrise. Trotzdem rechnen 80 Prozent der institutionellen Investoren damit, dass sie in den kommenden Jahren mindestens elf Prozent Rendite pro Jahr erzielen werden – angesichts der Nullzinspolitik der Europäischen Zentralbank ist das nach wie vor mehr als auskömmlich.“

Kein Wunder, dass auch die Quandts an ihrer Strategie festhalten. „Es ist gut, dass wir relativ unabhängig von den Aktienbörsen investieren können. Wir werden auch zukünftig unsere hohe Private-Equity-Quote aufrechterhalten. Wir glauben an den Erfolg der Anlageklasse“, so die Managerin.

Nach der Analyse von Coller Capital profitieren Investoren wie die Quandts davon, dass die Kosten für Private-Equity-Investments voraussichtlich sinken werden. 61 Prozent der Pensionskassen, Stiftungen, Versorgungswerke und Versicherungen gehen davon aus, dass die Managementgebühr in den nächsten fünf Jahren niedriger ausfällt, weitere 19 Prozent rechnen mit fallenden Gewinnbeteiligungen der Fonds.

2019 sei das Jahr der Fokussierung und Stabilisierung gewesen, meint HQ-Capital-Chef Türk. Jetzt spreche man wieder mehr über Expansion. „Für die kommenden Monate denken wir über eine Erweiterung unseres Angebots an alternativen Anlagen und die Erschließung neuer Märkte nach. Das deutsche Geld sucht verstärkt Anlagen in Asien, das ist ein starker Trend“, meint Türk.

Branchenbeobachter können sich auch vorstellen, dass HQ Capital künftig in den Bereich der privaten Kreditfonds oder Infrastruktur-Investments expandiert. Beide Anlageklassen waren zuletzt stark gefragt, weil sich die Banken nicht mehr so aggressiv im Kreditgeschäft engagieren.

Kleine, aber feine Beteiligungen

Beim aktuellen Private-Equity-Fonds gibt man sich bei HQ Capital bescheiden. „Unser Fonds wird voraussichtlich 650 Millionen Euro groß. Wir brauchen keine Milliardengröße, um unsere Strategie umzusetzen“, erläutert Türk. Etwa 85 Prozent des global verfügbaren Kapitals bei Private Equity jage gerade einmal rund zwei Prozent der Unternehmen weltweit.

Der Rest des Geldes stehe für rund 200.000 kleine und mittlere Firmen zur Verfügung. Hier lassen sich Türk zufolge noch attraktive Gelegenheiten finden. Die besten Fonds für kleine und mittelgroße Unternehmen erzielten regelmäßig eine höhere Rendite als die Top-Fonds für große Konzerne.

Außerdem erlitten diese Fonds geringere Bewertungsverluste, wenn die Aktienbörsen abrutschten, ergänzt Marc Zünd, Leiter des Private-Equity-Investment-Teams beim Vermögensverwalter Unigestion.

Gabriele Quandt plant jedenfalls, ihren Reichtum weiter mit Firmenbeteiligungen abzusichern. Und sie bereitet langsam den Stabwechsel vor. „Das war damals eine Pionierzeit, das ist heute ähnlich, weil eine neue Generation in die Verantwortung wächst“, sagt sie im Rückblick auf die Anfänge vor 30 Jahren. Die neue Generation der Quandt-Erben zähle 15 Köpfe, und einige interessierten sich sehr stark für das Investmentgeschäft und engagierten sich bereits in der Gruppe.