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„Regulierungsferien können sinnvolle Option sein“

Deutschland soll endlich Gigabit-Internet bekommen. Umstritten ist, die Regulierung für die Telekom im Breitbandausbau zu lockern. CDU und FDP lehnen das ab. Ein bekannter Wettbewerbsökonom hat dafür wenig Verständnis.

Der Düsseldorfer Wettbewerbsökonom Justus Haucap hat sich dafür ausgesprochen, den flächendeckenden Breibandausbau in Deutschland durch eine investitionsfreundliche Regulierung für die Anbieter zu beschleunigen. „Ich bin natürlich auch gegen eine Vorzugsbehandlung einzelner Marktteilnehmer, ganz gleich, ob es die Deutsche Telekom oder ein anderer Marktteilnehmer ist“, sagte der Direktor des Instituts für Wettbewerbsökonomie an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf dem Handelsblatt. „Das heißt allerdings nicht, dass Regulierungsferien automatisch eine schlechte Idee sind – im Gegenteil. Wer in neue Infrastrukturen investiert, sollte durchaus einen gewissen Vorteil gegenüber denen haben, die nicht investieren.“

Haucap warnte: Wenn diejenigen, die nicht bereit seien, riskante Investitionen zu tätigen, gleichwohl als Trittbrettfahrer diese Infrastrukturen risikolos mitnutzen können, werde niemand investieren wollen. „Hier geht es nicht mehr wie vor 20 Jahren um das Aufbrechen alter Monopole, sondern um neue Investitionen“, betonte der Ökonom. Ähnlich wie bei Patenten dem Erfinder ein zeitlich befristetes Monopol gewährt werde, sollte daher der Bundesnetzagentur als nationaler Regulierungsbehörde „die Möglichkeit eingeräumt werden, Investoren bei riskanten Infrastruktur-Investitionen eine gewisse Exklusivität für einen Zeitraum zu gewähren“, schlug Haucap vor. Denn wer bereit sei, das Risiko zu tragen, müsse auch etwas davon haben. „Regulierungsferien“, betonte Haucap daher, „können durchaus eine sinnvolle Option sein, die ich nicht pauschal ablehnen würde.“

In Europa hängt vor allem Deutschland beim schnellen Internet hinterher. Besonders in ländlichen Bereichen gibt es nach wie vor Funklöcher. Deutschland liegt im letzten OECD-Vergleich bei der Versorgung mit schnellen Glasfaseranschlüssen auf Platz 28 von 32 untersuchten Ländern.

Eine mögliche Jamaika-Koalition aus CDU, CSU, FDP und Grünen hat sich vorgenommen, das zu ändern – mit einem flächendeckenden Breitbandausbau in Gigabit-Geschwindigkeit bis 2025. Doch bisher sind weder Art und Weise des Breitbandausbaus noch dessen Finanzierung geklärt. Und nun regt sich auch noch Unmut über die Absicht der EU, mittels Regulierungserleichterungen Investitionen in den Ausbau von Glasfaser- und anderen Gigabit-Netzen zu forcieren.

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Die amtierende Bundesregierung unterstützt das Vorhaben, der CDU-Wirtschafsrat warnt jedoch davor, Anbieter wie die Deutsche Telekom bevorzugt zu behandeln. „Insbesondere eine siebenjährige Freistellung von Regulierung ist mit marktwirtschaftlichen Prinzipien des Wettbewerbs nicht vereinbar“, heißt es in einem Positionspapier des Verbands, das dem Handelsblatt vorliegt. „Regulierungsferien im Glasfaserbereich“, die quasi auf eine Lex Telekom hinauslaufen würden, seien daher abzulehnen. Die Bundesregierung solle eine „klare wettbewerbsfördernde Position“ einnehmen.

Deutschland hat sich jedoch schon auf Regulierungsausnahmen im Rahmen des sogenannten TK-Reviews festgelegt. Das ist eine Überarbeitung der bestehenden europäischen Regeln für Telekommunikationsanbieter, bei der auf deutscher Seite das Bundeswirtschaftsministerium federführend ist. Das spricht von einer „Flexibilisierung“ der Regulierung „unter strengen Voraussetzungen und für begrenzte Zeit“. „Die Bundesregierung hält das für einen sachgerechten und ausgewogenen Ansatz, der zu einem stärkeren Ausbau hochleistungsfähiger Breitbandinfrastruktur in Deutschland und Europa führen kann“, sagte ein Sprecher.

Anbieter wie die Telekom können demnach sieben Jahre von der Regulierung ausgenommen werden, wenn sie ein solches Investment tätigen. Dafür müssen sie lediglich Konkurrenten die Gelegenheit gegeben haben, sich als Co-Investor zu beteiligen. Die Telekom, die noch zu rund 32 Prozent in Staatsbesitz ist, fordert schon lange, im Gegenzug für den weiteren Breitbandausbau von Wettbewerbsauflagen befreit zu werden.


Zypries: „Noch machen wir Regierungsarbeit in Brüssel“

Der Generalsekretär des CDU-Wirtschafsratsrats, Wolfgang Steiger, wirft indes Wirtschaftsministerin Brigitte Zypries (SPD) vor, in den letzten Tagen ihrer Amtszeit mit ihrem Einsatz für die Telekom der künftigen Regierung einen „schweren Mühlstein“ umzuhängen. „Das ist weder demokratisch legitimiert, noch zeugt es von gutem Stil. Der Breitbandausbau in Deutschland funktioniert nur wettbewerblich am besten.“

Für neu errichtete Infrastrukturen könne zwar das Regulierungsregime „unter Umständen modifiziert“ werden, heißt es in dem Positionspapier des Verbands. „Eine vollständige Deregulierung wirkt aber kontraproduktiv und behindert den Ausbau leistungsfähiger Gigabit-Netze.“ Kritisch sieht der Wirtschaftsrat vor allem, dass bereits ein bloßes Angebot für einen gemeinsamen Glasfaserausbau (Co-Investments) oder eine einfache vertragliche Vereinbarung eine bis zu „sieben Jahre dauernde Freistellung von Regulierung auch für marktmächtige Unternehmen“ vorsehe. „Im Falle der Marktbeherrschung bieten vertragliche Vereinbarungen – ohne Kontrolle durch den Regulierer – keine hinreichende Effektivität der Durchsetzung“, warnt der CDU-Unternehmerverband.

Kritik kommt auch von der FDP. Die Liberalen halten ebenso nichts davon, die Regulierungsbedingungen für den deutschen Ex-Monopolisten Telekom zu lockern. Die Handlungsfreiheit der nächsten Bundesregierung beim Breitbandausbau werde durch Zypries‘ Vorgehen „auf null begrenzt“, sagte Generalsekretärin Nicola Beer dem Handelsblatt. „Die Idee, private Investoren zum Glasfaseranbau zu animieren, wird dadurch zunichte gemacht.“

Auch der Ökonom Haucap sieht mit Blick auf die Telekom kritisch, dass die Gefahr einer Vorzugsbehandlung aufgrund der staatlichen Beteiligung „besonders groß“ sei. Von daher teile er nach wie vor die langjährige Forderung der Monopolkommission, dass der Bund sich endlich von allen Anteilen an der Telekom trenne, um Interessenkonflikte zu reduzieren. Dafür plädiert auch die FDP.

Die Kritik an Wirtschaftsministerin Zypries kann Haucap nur begrenzt nachvollziehen. Ob eine Ministerin der SPD, „die ja erklärtermaßen Opposition betreiben will, noch Regulierungspolitik machen sollte“, könne man zwar als „befremdlich“ empfinden. „Gleichwohl wäre es dann an der Bundeskanzlerin, die SPD-Ministerinen und -Minister zu entlassen und zu ersetzen“, sagte Haucap. Die Überarbeitung des europäischen Rechtsrahmens für die Telekommunikation mache nun aber auch nicht wegen Sondierungsgespräche zur Bildung einer möglichen Jamaika-Koalition Pause. „Daher ist es wichtig, dass deutsche Positionen durch das Bundeswirtschaftsministerium in die Debatte eingebracht werden.“ Die Kritik an Zypries halte er daher für „überzogen“.

Zypries selbst hatte jüngst via Twitter auf die Kritik reagiert. „Noch machen wir Regierungsarbeit in #Brüssel“, schrieb die SPD-Politikerin. Mit Blick auf die derzeitigen Gespräche über eine mögliche Jamaika-Koalition fügte sie hinzu: „Alternative: Verhandelt schneller.“