Werbung
Deutsche Märkte öffnen in 5 Stunden 52 Minuten
  • Nikkei 225

    38.235,80
    +683,64 (+1,82%)
     
  • Dow Jones 30

    38.503,69
    +263,71 (+0,69%)
     
  • Bitcoin EUR

    62.383,89
    -321,61 (-0,51%)
     
  • CMC Crypto 200

    1.435,04
    +20,28 (+1,43%)
     
  • Nasdaq Compositive

    15.696,64
    +245,33 (+1,59%)
     
  • S&P 500

    5.070,55
    +59,95 (+1,20%)
     

Recherche eines Neunjährigen: US-Behörde verbreitete falsche Statistik zum Strohhalm-Verbrauch

Das Gegenteil von Müllvermeidung: in Plastik verpackte Kunststoff-Trinkhalme. Schon 2011 machte sich ein Neunjähriger Gedanken zum Thema. (Bild: AP Photo)
Das Gegenteil von Müllvermeidung: in Plastik verpackte Kunststoff-Trinkhalme. Schon 2011 machte sich ein Neunjähriger Gedanken zum Thema. (Bild: AP Photo)

Eine erschreckend hohe Zahl macht seit Jahren die Runde: Täglich sollen die Amerikaner 500 Millionen Strohhalme verbrauchen. Jetzt stellte sich heraus, dass diese Schätzung von einem neunjährigen Jungen stammte. Der tatsächliche Trinkhalm-Verbrauch ist wohl um ein Vielfaches geringer.

Im Jahr 2011 wollte der damals neun Jahre alte Milo Cress aus Vermont etwas Gutes tun: Mit dem Slogan „Be Straw Free“ (deutsch: „Verzichte auf Strohhalme“) wandte sich der Viertklässler an Restaurants, die ihren Kunden zu jedem Kaltgetränk ein Plastikröhrchen reichten. Sie sollten die Trinkhalme lieber hinter dem Tresen verstauen und sie nur auf ausdrücklichen Wunsch der Kunden herausgeben, fand der Junge. Um seiner Forderung mehr Nachdruck zu verleihen, wollte er sie mit Fakten belegen, die Recherche gestaltete sich allerdings schwierig. Im Netz fand er keine klaren Infos.

„Ich habe diese Statistik erstellt, weil ich nichts zu diesem Thema finden konnte“, erinnert sich der heute 17-Jährige, der mittlerweile in Oregon wohnt, im Interview mit der „New York Times“. „Wenn es andere Zahlen dazu gibt, wie viele Strohhalme wir verwenden, die auf intensiverer Recherche basieren als die, die ich damals angestellt habe, dann freue ich mich darüber.“

WERBUNG

Den „Mittelwert“ von 500 Millionen täglich verbrauchten Strohhalmen in den USA errechnete er anhand eigens gesammelter Daten: Er wählte die Telefonnummer einiger Hersteller und erkundigte sich nach deren Produktionszahlen.

„13-Jähriger aus Bend ist verantwortlich für das Projekt #BeStrawFree“

Die Beharrlichkeit des Neunjährigen erregte schnell das Interesse einiger lokaler Medien, die über seine Müllvermeidungs-Kampagne berichteten. So landete seine Statistik erstmals in den Zeitungen. Im Jahr darauf kam es zur Zusammenarbeit des engagierten Kindes mit der Umweltschutzorganisation Eco-Cycle und dem National Park Service, der US-Bundesbehörde für die Verwaltung der US-Nationalparks, anderer Naturschutzgebiete und Gedenkstätten. So zog Milos Botschaft mitsamt der erschreckenden Statistik immer weitere Kreise.

Die Zahl wurde in den letzten Monaten auch in deutschen Medien immer wieder zitiert. Das Thema gewann an Brisanz, als große Restaurant-Ketten wie Starbucks mitteilten, in Zukunft auf Trinkhalme verzichten zu wollen. Auch Umweltschutzorganisationen wie Greenpeace beriefen sich auf die Statistik des Neunjährigen – immerhin hatte auch eine staatliche Behörde der USA sie verbreitet.

Ein Sprecher der Non-Profit-Organisation Eco-Cycle erklärte nun gegenüber der „New York Times“, dass man durchaus versucht habe, die Zahl zu verifizieren. Doch detaillierte Untersuchungen zu diesem Thema hatten insbesondere Marktforschungsinstitute angestellt, die ihre Statistiken nur für viel Geld zum Verkauf boten.

Nach den neuesten Recherchen der „Times“ kommen diese Unternehmen eher auf eine Zahl zwischen 170 und 390 Millionen täglich verbrauchten Trinkhalmen in den Vereinigten Staaten. Das entspricht 63 bis 142 Milliarden Röhrchen im Jahr. Die Kunden der Marktforschungsinstitute sind auf möglichst genaue Zahlen angewiesen, weil sie darauf basierend unternehmerische Entscheidungen treffen.

Auch der Handelsverband für Verpackungen in den USA (Foodservice Packaging Institute) schätzt die Zahl der verbrauchten Trinkhalme auf unter 250 Millionen in den USA. Die Anzahl der bunten Röhrchen sei allerdings nicht der Knackpunkt, wie die Präsidentin des Verbandes, Lynn Dyer, betont: „Wir sollten das eigentliche Problem nicht aus den Augen verlieren: Strohhalme müssen richtig entsorgt werden und dürfen niemals in der Natur oder im Wasser landen.“