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Razzia bei der Deutschen Bank macht Investoren misstrauisch

Die Deutsche Bank kann sich aus dem Abwärtssog, den die Geldwäsche-Razzia vergangene Woche ausgelöst hat, nicht befreien. Am Mittwoch rutschte der Aktienkurs zeitweise erneut unter die Marke von acht Euro.

Auch die Risikoprämien von Kreditausfallversicherungen für Schulden der Bank schnellten auf 2,2 Prozentpunkte und damit auf den höchsten Stand seit dem Krisenherbst 2016. Damals drohte der Bank eine Milliardenstrafe aus den USA.

Mit Blick auf die Durchsuchungen sind noch einige Fragen offen: Nach der auffälligen Großrazzia am Donnerstag hatte sich die Staatsanwaltschaft am Freitagabend zu einer gemeinsamen Stellungnahme mit der Bank durchgerungen, in der sie dem Institut Kooperationsbereitschaft bescheinigte. Erläuterungen, wie es zu der Stellungnahme kam, gibt es weder von der Bank noch von der Behörde.

Eine mögliche Erklärung dafür lieferten mehrere mit den Vorgängen vertraute Personen dem Handelsblatt. Den Fahndern gehe es demnach weniger um die Bank, sondern in erster Linie um Kunden des Instituts, die Dienste bei der verdächtigten ehemaligen Offshore-Tochter wahrgenommen hatten, sagten sie. „Unter den 900 Kunden der Offshore-Tochter befinden sich etwa 50 bis 60 Personen aus Deutschland“, so einer der Insider.

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Allerdings können Strafverfolgungsbehörden bei Banken nicht einfach Informationen über bestimmte Kunden einholen, die sie beispielsweise der Steuerhinterziehung verdächtigen. An diese Unterlagen kommen sie nur, wenn sie auch der Bank etwas vorwerfen können, was mit diesem Delikt in Zusammenhang steht. Weder die Bank noch die Staatsanwaltschaft wollten dazu Stellung nehmen.

Sollte der Fokus der Fahnder tatsächlich eher auf den Kunden der Bank liegen, würde das aber erklären, warum Vorstandschef Sewing das Risiko einging, sich per Interview vor die zwei verdächtigten Mitarbeiter der Bank zu stellen.

Zu einem Vorbild in Sache Geldwäsche-Prävention macht dies das Kreditinstitut aber nicht. Die deutsche Finanzaufsicht Bafin hatte dem Geldhaus im September einen Sonderbeauftragten ins Haus geschickt, der die Fortschritte des Instituts bei der Einführung vernünftiger Geldwäsche-Prozesse überwachen soll. Der Sonderbeauftragte gilt als letzte Warnung der Aufsicht, bevor der Bank harte Sanktionen drohen.

Druck auf Garth Ritchie

Der Warnschuss gilt dabei nicht in erster Linie der für Compliance-Fragen zuständigen Vorständin Sylvie Matherat, sondern vor allem dem Chef der Investmentbanking-Sparte, Garth Ritchie, wie in informierten Kreisen zu hören ist. „Die Investmentbanker haben die Mitarbeiter aus der Compliance-Abteilung einfach ignoriert“, heißt es in Finanzkreisen.

Bringe die Bank ihre Mitarbeiter in den Geschäftsbereichen nicht bald auf Linie, habe die Aufsicht mit personellen und finanziellen Konsequenzen gedroht. Vorstandschef Sewing hat die Botschaft verstanden: Für die Verbesserung und Automatisierung der Know-Your-Customer-Prozesse, also derjenigen Prozesse, mit der die Bank sicherstellt, dass sie weiß, wer genau ihre Kunden sind, ist seit einigen Monaten Frank Kuhnke zuständig.

Der IT- und Organisationschef der Bank gilt als durchsetzungsstark. Auch wenn die Bankenaufseher die Defizite bei den Geldwäschesystemen eher in Ritchies Geschäftsbereich sehen, so ist die größte Wackelkandidatin im Vorstand aktuell dennoch Compliance- und Regulierungschefin Matherat. Sie hat in ihrer Amtszeit aus Sicht der Bank nicht genug Fortschritte erzielt. Am Donnerstag tagt der Aufsichtsrat.

Allerdings galt Matherat zumindest vor der Razzia nicht als akut gefährdet. Jenseits möglicher Verwerfungen personeller Natur hat die durch die Razzia ausgelöste Unsicherheit bei Investoren für die Bank auch ökonomische Konsequenzen: Der Anstieg der Risikoprämien bei den Kreditausfallversicherungen auf mehr als zwei Prozentpunkte ist ein Problem.

„Es gibt manche Kunden, die ab einer gewissen Grenze nicht mehr mit der Bank Geschäfte machen dürfen“, heißt es in Finanzkreisen. Auch wenn das nicht für eine große Kundengruppe gilt, ist das für ein Institut, das gerade seine Ertragsprognose senken musste, ein schmerzlicher Schlag. Darüber hinaus ist auch die Risikoprämie bei ausstehenden Anleihen des Instituts gestiegen.

Zwar hat sich die Refinanzierung am Kapitalmarkt in diesem Jahr für Banken ganz generell verteuert. „Allerdings haben sich die Risikoprämien der Deutschen Bank besonders deutlich erhöht“, sagt Michael Hünseler, Geschäftsführer des Vermögensverwalters Assenagon. „Daraus entsteht ein Wettbewerbsnachteil für das Institut, denn die Bank kann sich nicht ausschließlich über Einlagen refinanzieren“, sagt er.

Auf das laufende Geschäftsjahr werden sich die höheren Risikoaufschläge nicht mehr auswirken, weil die Bank mit ihrem Refinanzierungsprogramm weitgehend durch ist, aber für 2019 wäre ein solcher Renditeabstand eine Hypothek.

Dafür kommt dem Institut aber eine deutsche Besonderheit zugute: In Deutschland zählen klassische Bankenanleihen gesetzlich zu einer möglichen Abwicklungsmasse bei einer Bankpleite, wie die EU sie neuerdings fordert. Deshalb muss die Deutsche Bank nicht extra solche – teuren – Anleihen platzieren wie etwa vor kurzem Unicredit.

Durch die deutsche Rechtslage hat die Bank sogar mehr „Abwicklungsmasse“ als nötig. „Das führt nun dazu, dass ein Institut wie etwa die Deutsche Bank nicht benötigte Anleihen, die von einer Abwicklung betroffen wären, durch günstigere bevorzugte Anleihen ersetzen kann und daraus einen Gewinn erzielt“, erklärt Hünseler.

So einen Fall gab es im August: Die Bank platzierte relativ sichere Anleihen, die nicht zur Abwicklungsmasse zählen, und kaufte kurz darauf abwicklungsfähige Anleihen zurück, für die Anleger deutlich höhere Zinsen verlangen.