Rückenwind durch sinkende Importpreise: Deutschland holt Kaufkraftverlust von 120 Milliarden Euro bis 2024 wieder auf, laut Ifo
Wenn in Deutschland über Energiepreise diskutiert wird, geht es meist um die Gas- und Stromrechnung einzelner Haushalte oder Unternehmen. Die Preisschocks haben aber auch tiefe Spuren in Deutschlands Wohlstand als Nation hinterlassen. Deutschland ist ärmer geworden. Jetzt aber gibt es gute Nachrichten: Die Entwicklung kehrt sich um. Deutschland hat laut Ökonomen des Ifo-Instituts sogar gute Chancen, den Verlust der gesamtwirtschaftlichen Kaufkraft schnell aufzuholen.
Darum geht es: Die aktuelle Inflationswelle wurde vor allem durch Preisschocks für Güter ausgelöst, die Deutschland importiert. Viele Importwaren wurden teurer, weil Lieferketten infolge des Corona-Pandemie rissen. Dann trieb Russlands Überfall auf die Ukraine die Energiepreise in die Höhe. Für Deutschland verteuerten sich die Importe insgesamt im Rekordtempo. 2022 lag die Teuerungsrate in der Spitze bei über 30 Prozent.
Die Preise für Waren, die Deutschland ins Ausland verkauft, stiegen bei weitem nicht so stark. Dadurch verschlechterte sich das Verhältnis der Import- und Exportpreise. Dieses Austauschverhältnis im Außenhandel wird auch „Terms of Trade“ genannt. Anders gesagt: Deutschland musste für den Gegenwert der gleichen Menge an Waren, die es im Ausland kauft, mehr Waren an das Ausland liefern. Die gesamtwirtschaftliche Kaufkraft ging zurück.
So minderten Preisschocks Deutschlands Wohlstand
Die Terms of Trade schwanken ständig und meist langsam. In diesem Fall aber war es dramatisch. Die Verschlechterung der Terms of Trade machten Deutschland in den Jahren 2021 und 2022 um rund 120 Milliarden Euro ärmer, errechnete das Ifo-Institut. Dieses Geld steht hier weniger zur Verfügung – für Löhne und Gehälter, aber auch für private und staatliche Investitionen und den sozialen Ausgleich.
Die folgende Grafik zeigt den Effekt der Veränderung der Terms of Trade auf die gesamtwirtschaftliche Kaufkraft in den blauen und grauen Balken. Die Grafik zeigt zudem, dass das Bruttoinlandsprodukt (BIP) 2021 und 2022 zwar gestiegen ist (rote Linie), der Realwert des BIP, also die Kaufkraft aber zurückging (grüne Linie). In der Prognose des Ifo-Instituts wird diese Lücke nun wieder geschlossen.
Denn die Entwicklung hat sich gedreht. Die Importpreise für Deutschland gehen seit März sogar zurück. Die Preise für Waren, die Deutschland exportiert, entwickeln sich deutlich günstiger. Deutschlands Terms of Trade verbessern sich. Für die gleiche Menge an Importen und Exporten nimmt Deutschland unter dem Strich deutlich mehr Geld ein. Die Kaufkraft wächst.
„Nach unserer aktuellen Prognose werden die gesamtwirtschaftlichen Kaufkraftverluste, die sich durch die Verschlechterung der Terms of Trade in den Jahren 2021 und 2022 ergeben haben, bis zum Jahr 2024 wieder durch entsprechende Gewinne ausgeglichen“, sagte Ifo-Konjunkturchef Timo Wollmershäuser auf Anfrage von Business Insider.