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Ein Rückblick: Merkel, die Papageien und das Kleid

Berlin (dpa) - Gerade hat sie in einem Vogelpark in Mecklenburg-Vorpommern australische Loris gefüttert. Sie wird gezwickt, einer der Papageien darf ihr sogar auf den Kopf fliegen, es sieht lustig aus.

Die Leute sind begeistert. «Ein Bild für die Ewigkeit», lautet ein Kommentar bei Instagram. Darüber steht: «Ich glaube, Frau Merkel ist privat so'ne richtig Nette.» Auf den letzten Metern ihrer 16 Jahre langen Kanzlerschaft wird es für Angela Merkel flauschig. Zeit für einen Rückblick abseits der Politik, wobei ein gewisses Abendkleid nicht fehlt.

«Deshalb ist sie schön»

Es fing an mit viel Spott für ihre Helm-Friseur, bis diese einen Relaunch bekam. Udo Walz fand den Schnitt «genial». Das war Selbstlob. Merkel war Kundin des im vergangenen Jahr verstorbenen Berliner Promi-Coiffeurs. Wo sie sich jetzt die Haare schneiden lässt, ist nicht überliefert. Wohl aber, dass Walz ihretwegen in die CDU eingetreten ist.

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Die erste Frau im Kanzleramt, heute 67 Jahre alt, bekam Komplimente und Kritik, Modetipps und Ferndiagnosen. Anfangs als Helmut Kohls «Mädchen» und für ihre Frisur belächelt, sahen sie später auch viele, die nicht CDU wählten, als Weltpolitikerin, die sich im Männerzirkus behauptete. «Ich finde sie sehr sympathisch. Sie hat meinen hohen Respekt dafür, wie sie mit diesen patriarchalischen Strukturen und auch zum Teil persönlichen Beleidigungen so souverän umgeht», sagte die Köchin und Grünen-Politikerin Sarah Wiener. Herbert Grönemeyer attestierte der Physikerin eine «uneitle Klugheit».

Der Schriftsteller Martin Walser ging in einem Essay für den «Spiegel» noch weiter. Merkel sei nicht nur klug, sondern auch schön. «Die meisten Politiker spulen ab, was sie draufhaben. Das kommt auch daher, dass sie mehr sagen müssen, als sie wissen. Bei Frau Merkel werden wir Zeuge, wie Geist und Natur zusammenfinden, und eben deshalb ist sie schön», schrieb Walser 2018.

Was ihre Garderobe und ihr Aussehen angeht, gab es wohl so viel Presse und Debatten wie bei keinem ihrer Vorgänger. Klar, Gerhard Schröder war wegen der teuren Anzüge der «Brioni-Kanzler». Helmut Kohl bekam wegen seiner Pfunde und seiner Figur den Spitznamen «Birne» verpasst.

Das Kleid von Oslo

Aber das ist kein Vergleich zum Echo bei Merkel, etwa als sie 2008 bei einem Opernbesuch in Oslo ein Abendkleid mit Ausschnitt trug und Busen zeigte. Das wurde als mittelschwere Sensation gehandelt. Es war sogar Thema in der Bundespressekonferenz. «Dass dieses Abendkleid, eine Neukomposition, ein Neuarrangement aus dem Bestand der Bundeskanzlerin, für eine solche Furore gesorgt hat (...), lag nicht in der Absicht der Bundeskanzlerin», sagte der damalige Vize-Regierungssprecher Thomas Steg.

Bilder von Merkel wie aus Oslo gab es nie wieder. Die Kanzlerin gewöhnte sich einen einheitlichen Stil aus Hosen und Blazern an. Für Fotos fand sie die Geste der Raute - gerade kopiert von SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz auf dem Titel des «SZ-Magazins». Der italienische Designer Giorgio Armani konnte Merkels Mode durchaus etwas abgewinnen. «Ich fand ihren Stil immer interessant, ihre maßgeschneiderten Jacketts mit dazu passenden Hosen.» Der Stil strahle ruhige Selbstsicherheit aus, sagte Armani dem «Zeitmagazin».

Weniger gnädig fiel seinerzeit das Urteil von Karl Lagerfeld aus. «Frau Merkel müsste so etwas für ihre speziellen Proportionen maßanfertigen lassen», sagte der Modeschöpfer 2013 dem «Focus». «Aber sie will ja keine Ratschläge, habe ich gehört.» Mit Merkels Flüchtlingspolitik ging Lagerfeld später hart ins Gericht. «Man kann nicht, selbst wenn Jahrzehnte dazwischen liegen, Millionen Juden töten, um danach Millionen ihrer schlimmsten Feinde kommen zu lassen», sagte er 2017 in einem in Frankreich heftig diskutierten Interview im Fernsehen.

«Die Zeit der Cohibas ist vorbei»

In der Kulturwelt gibt es einige Menschen, die Merkel persönlich kennen und mögen. So wie der Schauspieler Ulrich Matthes, der sie auch als Theater-Kritikerin schätzt. «Die Gespräche mit Angela Merkel sind immer besonders ausführlich. Sie nimmt sich manchmal nach der Vorstellung lange Zeit und unterhält sich mit mir alleine eine Stunde nur über das Stück», erzählte Matthes dem Redaktionsnetzwerk Deutschland.

Frauenrechtlerin Alice Schwarzer sieht im Leben und im Erfolg von Merkel «Feminismus pur». Was nach dem Ende der Ära Merkel für die Gleichberechtigung bleibt, beschrieb Schwarzer im «Spiegel»-Interview so: «Wir gehen wie immer zwei Schritte vor, einen zurück. Sie hat eine Zäsur markiert auf eine Art und Weise, die sich nicht mehr rückgängig machen lässt. Die Männer können ihn nicht mehr so raushängen lassen, wenn ich das so sagen darf. Die Zeit der Cohibas ist vorbei.» Mit Letzterem spielte Schwarzer auf Zigarren rauchende Politiker wie Ex-Kanzler Gerhard Schröder an.

Den Spitznamen «Mutti» für Merkel findet Schwarzer falsch. «Wenn eine keine Mutti ist, dann sie.» Sie sei «eine Mischung aus Mädchen und Kamerad». Merkels Mix sei ein interessanter Weg, weil er jenseits der Klischees verlaufe. «Sie spielt weder das devote Weibchen in High Heels noch den Kerl. Das würde auch nichts nutzen, der echte Mann ist immer der bessere Mann. Irgendwann machen die Jungs wettpissen, und dann kommt frau zu kurz. Von Merkels Stil könnten Frauen also lernen.»

Zäh am Berg und noch mehr Vögel

Bergsteigerlegende Reinhold Messner kennt die Kanzlerin und ihren Mann Joachim Sauer vom Wandern. In der «Welt am Sonntag» erzählte er: «Angela Merkel ist zäh, nicht nur am Berg, auch im politischen Betrieb um sie herum. Man wird sie nicht so leicht kleinkriegen. Sie bleibt länger wach im Kopf, klarer als andere.»

Nochmal zum Thema Flausch und Tiere - der chinesische Künstler Ai Weiwei hatte bereits Ideen für Merkel als Seniorin: «Ich wünsche ihr, wenn sie in den Ruhestand geht, dass sie ein angenehmes Leben hat. Ich hoffe, dass sie in den Berliner Zoo geht und sich die Pandas dort anschaut.»

Im Vogelpark Marlow fraßen die knallbunten Papageien Merkel aus der Hand. Auch die Wellensittiche waren zutraulich und ließen sich von der scheidenden Regierungschefin mit Hirse füttern. Nur beim Uhu war Merkel zurückhaltend: Die etwa 60 Zentimeter große Eule mit den großen Augen wollte sie dann doch nicht halten. «Ne, ne. Ich habe das bei den Sittichen gut gemacht.»