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Rückzug von Rolls-Royce ist ein herber Schlag für Boeing

Die tatsächliche Tragweite der Entscheidung wird man wohl erst in der Zukunft wirklich beurteilen können. Fest steht: Die Nachricht hat es sich. Der Triebwerks-Hersteller Rolls-Royce zieht seine Bewerbung als Motorenlieferant für den von Boeing angedachten neuen Langstrecken-Jet 797 zurück.

Die zeitlichen Vorgaben für die neue Triebwerksserie „Ultrafan“ und für das neue Flugzeug würden nicht zueinander passen, begründete Rolls-Royce am Donnerstag die Entscheidung. Nun wird das geplante Flugzeug nicht ohne Antrieb dastehen. Noch sind die Triebwerks-Lieferanten CFM (Safran und GE) und Pratt & Whitney im Rennen.

Doch klar ist: Für Boeings Pläne ist der Rückzug ein herber Schlag. Denn er macht die Entscheidung von Boeing-Chef Dennis Muilenburg nicht einfacher, ob er die 797 entwickeln und bauen soll oder nicht. Erst vor wenigen Wochen hatte er erklärt, dass man über den neuen Jet doch nicht wie angekündigt in diesem, sondern erst im kommenden Jahr befinden werde. Ursprünglich war eine Entscheidung sogar schon 2018 erwartet worden.

Der Rückzug von Rolls-Royce ist damit auch eine Warnung an die gesamte Branche. Die Entwicklung komplett neuer Verkehrsflugzeuge war schon immer eine riskante wirtschaftliche Entscheidung. Aber mittlerweile führt sie selbst Großkonzerne wie Boeing oder Airbus an die Grenze der Belastbarkeit. Erst vor wenigen Wochen musste Airbus mangels Nachfrage die Fertigung des A380 einstellen. Damit sind Entwicklungskosten von mindestens zwölf Milliarden Euro endgültig verloren.

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Wie heikel es ist, einen völlig neuen Jet zu entwickeln und in den Markt zu geben, lässt sich sehr gut am Beispiel der 797 zeigen. Es geht um ein Flugzeug für den sogenannten „Middle of the market“ – kurz MoM. Es ist ein Jet mit 228 bis 268 Sitzen und geeignet für Langstrecken. Er würde eine Lücke zwischen den Mittelstreckenjets A320 und 737 und den Großraum-Flugzeugen beider Hersteller füllen.

Boeing hatte bis 2004 die 757 im Angebot – mit gut 1000 gebauten Exemplaren eine durchaus erfolgreiche Maschine, die Platz für bis zu 295 Passagiere bot. Seit deren Ende gibt es kein vergleichbares Flugzeug.

Konkurrent Airbus will die Nische erobern

Das Problem: Keiner weiß belastbar, wie groß der Markt für ein neues Flugzeugmuster wirklich ist. Airbus etwa hatte die Nachfrage für die A380 beim Entwicklungsstart völlig falsch eingeschätzt. Boeing selbst taxiert den Bedarf für die MoM-Flugzeuge auf bis zu 5000 Flugzeuge.

Doch Airbus hat schon begonnen, die Nische zu erobern – über einen anderen, weitaus risikoärmeren Weg: die Weiterentwicklung des bestehenden Modells A321neo, die mit zusätzlichen Tanks als LR- und künftig sogar XLR-Version auch lange Strecken bewältigen soll. Angeblich nimmt Airbus bereits Vorbestellungen für die XLR-Version an.

Der Jet könnte 2023 den Linienverkehr aufnehmen, zwei Jahre vor der für 2025 geplanten 797. Ein potenzieller Interessent für die XLR ist zum Beispiel Lufthansa. Boeing-Chef Muilenburg gibt sich davon zumindest nach außen unbeeindruckt. Es gebe eine Marktnachfrage für das neue Flugzeug, sagte er, als er Ende Januar erklärte, dass man erst 2020 über die 797 entscheiden werde.

Gleichzeitig räumte er aber ein, dass man den „Business Case“ erst noch abschließend analysieren müsse. Sprich: Auch Boeing weiß noch nicht, ob sich der Jet wirtschaftlich rechnen wird. Bislang haben einige Airlines Interesse an der 797 angemeldet, darunter etwa United Airways und Delta.

Einsatz neuer Materialien wird zum Problem

Neben der Frage, wie groß der tatsächliche Markt für ein neues Flugzeug sein wird, gibt es noch ein anderes Risiko: das der Entwicklungskosten. Ein komplett neues Flugzeug muss deutliche Effizienzvorteile bringen, damit es die Fluggesellschaften kaufen. Dafür gibt es im Wesentlichen zwei Wege: das Gewicht des Jets etwa über den Einsatz anderer Materialien zu reduzieren und die Motoren effizienter zu gestalten. Beide Wege sind riskant.

Die massiven Probleme mit den neu entwickelten Triebwerken der A320neo-Familie zeigen, wie technisch anspruchsvoll es ist, einen neuen Motor schnell so zur Reife zu bringen, dass er auch den Belastungen des täglichen Linienverkehrs standhält. Das ist wohl auch ein Grund dafür, dass sich Rolls-Royce nun gegen eine Beteiligung an der 797 entschieden hat.

Nicht weniger heikel ist der Einsatz von neuen Materialien. Boeing hatte eigentlich vor, bei der neuen 797, deren potenzielle Entwicklungskosten bislang auf rund 15 Milliarden Dollar geschätzt werden, auf moderne Verbundmaterialien zu setzen. Doch schon länger kursieren Informationen, dass der Konzern doch wieder zu Metall/Aluminium als Material für den Rumpf zurückgekehrt sei – vor allem aus Kostengründen.

Nun ist die erfolgreiche A350 von Airbus ein Beleg dafür, dass die Neukonstruktion eines Flugzeugs nach wie vor gelingen kann. Aber die Herausforderungen für die Hersteller wachsen. Gleichzeitig wird es kaum ausreichen, auf komplette Neuentwicklungen zu verzichten und nur noch vorhandenes Gerät zu ertüchtigen.

Ein möglicher Weg, das Entwicklungsrisiko zu reduzieren, ist sicherlich der Einsatz von Daten und Künstlicher Intelligenz – etwa für Simulationen. Aber vielleicht müssen auch die Kunden – also die Airlines – künftig ihre Erwartungen an die Effizienzsprünge neuer Flugzeuge etwa zurückschrauben.