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Putin ist zurück auf der Weltbühne – und bestimmt die Agenda

Mit Interesse dürfte Russlands Präsident Wladimir Putin die geopolitischen Entwicklungen der vergangenen Tage beobachtet haben. Als sich in Brüssel die Regierungschefs der 29 Nato-Staaten um Verteidigungsbudgets und Donald Trumps Welt-Vorstellungen stritten, rückte die Armee des syrischen Diktators Baschar al-Assad in Deraa ein. Syrien ist eines der Themen, das Putin an diesem Montag mit Trump besprechen wird.

In der Rebellenhochburg Deraa, die nach unzähligen Napalm- und Fassbombenabwürfen, Raketen- und Artillerieangriffen wie Stalingrad im Zweiten Weltkrieg aussieht, hatte im Februar 2011 der Aufstand gegen Assad begonnen. Dass dieser sich im Bürgerkrieg behaupten konnte, lag an Putin.

Sein Eingreifen in den Syrien-Krieg brachte die entscheidende Wende. Putins Soldaten bombten Assads Armee aus der Luft den Weg frei. Dabei ging die russische Luftwaffe ebenso entschlossen wie rücksichtslos vor. Ohne jegliche Rücksicht auf Zivilisten feuerte sich Putin zurück zu einer geopolitisch bedeutenden Rolle im Nahen und Mittleren Osten.

Russland hatte zuvor keine Rolle in der ebenso öl- wie konfliktreichen Region gespielt. Jetzt hat sich der Kreml zwei Militärbasen am Mittelmeer dauerhaft gesichert – und damit nicht nur in Syrien die Karten in der Hand: Auch die arabischen Golf-Staaten – eigentlich enge Verbündete der USA – haben Moskau als Machtfaktor in der Region akzeptiert, schließen inzwischen sogar Waffendeals mit russischen Rüstungskonzernen. Auch das war bisher strikt Washingtons Vorgarten. Und das Ölkartell Opec, einst zusammen mit dem Weißen Haus erbitterter Gegenspieler Russlands und der Sowjetunion, koordiniert seine Förder- und Preispolitik nun eng mit dem Kreml.

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Iran ist nicht nur als Verbündeter an Assads Seite ein enger Partner in Syrien. Teheran braucht den Kreml – den es lange als unzuverlässig und historisch konkurrierend verachtet hat – für den Erhalt des Atomdeals und seiner ausländischen Wirtschaftskontakte.

Hier spielt die UN-Vetomacht Russland zusammen mit den Europäern gegen die USA. Die große Frage für den Trump-Putin-Gipfel in Helsinki wird sein, ob es zu einer Annäherung zwischen beiden Atommächten kommt – auf Kosten des Iran. Der Deal könnte so aussehen: Russland drängt Assad dazu, die Iraner aus Syrien wegzuschicken und Washington lockert im Gegenzug die Sanktionen für den Iran-Handel.

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Von Syrien aus hat Putin noch einen weiteren Hebel: Mit immer brutaleren ethnischen Säuberungen in der Assad-Diktatur kann er einen immer größeren Flüchtlingsstrom entfachen. Und so Europa in immer ärgere politische, moralische wie wirtschaftliche Probleme stürzen.

Denn eines eint Putin und Trump: Den Willen, die EU zu schwächen, zu spalten, zu filetieren. Für die USA ist die Europäische Union ein wirtschaftlich mächtiger Player, für Russland die Vormacht auf einem Kontinent, auf dem Moskau lange Zeit selbst eine Vormachtstellung hatte.

Putin braucht eine Schwächung und Spaltung der EU

Dass Trump dabei ist, sowohl die EU als auch die Nato zu spalten, spielt Putin voll in die Hände. Merkwürdig dabei ist nur aus binneneuropäischer Perspektive, dass die den USA besonders zugewandten osteuropäischen EU-Staaten zwar besonders Moskau-kritisch sind, zugleich aber immer autoritärer regiert werden und sich so Russland immer mehr angleichen.

Putin braucht eine Schwächung und Spaltung der EU, um Russlands Stellung in Europa auszubauen, die EU-Staaten energiepolitisch vom Kreml abhängig zu machen, die Sanktionen gegen sein Land zu vereiteln und seine geostrategische Position zu stärken.

Dazu hat er die Nachkriegsordnung auf dem alten Kontinent durch seine Annexion der ukrainischen Schwarzmeer-Halbinsel Krim sowie den Einsatz seiner Armee in der Ostukraine umgekrempelt. Das ist völkerrechtswidrig und widerspricht gleichzeitig dem Geist einer friedlichen Koexistenz von Ost- und Westeuropa.

Putins Vorteil dabei ist, dass er je nach politischer Opportunität seinen militärischen Einsatz im Donbass hoch- oder runterfahren kann – je nachdem, was er von der EU will. Und Russland hat weitere Hebel, die Putin bedienen kann: die Cyber-Einmischung in den USA oder Europa, die militärische Komponente im Osten der Ukraine und in Syrien oder die Partnerschaft mit China.

Problematisch ist für Putins geopolitische Größe nur die eigene wirtschaftliche Schwäche: Zwar ist Russland Rohstoffriese, aber darüber hinaus hat der Kreml es kaum geschafft, die Industrie zu modernisieren oder auf Feldern der Zukunft zu punkten. Zudem ist das Riesenreich eingeklemmt zwischen Europa und China – je mehr Zoff Putin in der EU macht, desto abhängiger von Peking wird er.

Das „Ende der Geschichte“, nach dem Zusammenbruch der UdSSR von Francis Fukuyama ausgerufen, ist also erst einmal abgesagt. Vielmehr ist es der Anfang einer neuen Geschichte: Der Geschichte von Populisten vom Schlage Trumps und Geostrategen wie Putin.