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Wie Putin Russland vor Milliarden Dollar Schadensersatz bewahren will

Russland soll wegen der Yukos-Affäre 50 Milliarden Dollar Schadenersatz zahlen. Daran denkt im Kreml allerdings niemand, denn Putin hat vorgesorgt.

Die Yukos-Affäre lässt Moskau auch 17 Jahre nach dem wohl größten Wirtschaftsskandal in der neueren russischen Geschichte nicht zur Ruhe kommen: Am Dienstag hat ein Berufungsgericht in Den Haag Russland wegen der „gesetzwidrigen Enteignung“ des Ölkonzerns Yukos zu einer Schadenersatzzahlung von 50 Milliarden Dollar verurteilt.

Die Affäre stammt aus den Anfangsjahren der Ära Wladimir Putin und hatte erstmals breite Skepsis an dem zunächst im Westen als Reformer geschätzten Kremlchef aufkommen lassen. 2003 hatte die Staatsgewalt eine bis dahin beispiellose Attacke gegen den größten privaten Ölkonzern des Landes und dessen Chef, den politisch umtriebigen Oligarchen Michail Chodorkowski gestartet.

Am Ende kam Chodorkowski wegen Betrugs, Veruntreuung und Steuerhinterziehung für mehr als zehn Jahre ins Gefängnis. Sein Konzern wurde Ende 2004 in den Bankrott getrieben, zerschlagen und zwangsversteigert. Ironie des Schicksals: Yukos galt damals im Vergleich zu anderen russischen Ölmultis als Vorzeigeobjekt in Bezug auf Transparenz und Steuerdisziplin.

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Über eine dubiose Briefkastenfirma sicherte sich der staatliche Konzern Rosneft für gerade einmal sieben Milliarden Euro das Yukos-Erbe. Dabei hatten Auditoren der Dresdner Kleinwort Wasserstein das Unternehmen damals auf mindestens 15 bis 17 Milliarden Euro taxiert. Der damals als Strippenzieher hinter der Enteignung geltende Vizechef der Präsidialverwaltung Igor Setschin ist als langjähriger Putin-Spezi heute Präsident von Rosneft.

Dauerstreit um Milliarden

Doch zu den Akten gelegt ist der Konflikt bis heute nicht: 2014 hatte ein niederländisches Schiedsgericht GML, einem Konsortium von Yukos-Altaktionären (außer: Chodorkowski) 2014 schon einmal jene 50 Milliarden Dollar zugesprochen. Ein Bezirksgericht in Den Haag hob das Urteil 2016 wieder auf, doch mit dem heutigen Urteil hat GML seine Rechtsansprüche wiederhergestellt.

Tim Osborne, Geschäftsführer von GML, kommentierte die Entscheidung wie folgt: „Dies ist ein Sieg für die Gerechtigkeit. Unabhängige Gerichte haben ihre Integrität bewiesen und Recht walten lassen. Eine brachiale Kleptokratie wurde zur Verantwortung gezogen.“

Auf der anderen Seite bewertete der Vertreter Russlands, Andrej Kondakow das Urteil als fehlerhaft, da Russland überhaupt kein Einverständnis zu einer Verhandlung vor einem Schiedsgericht gegeben habe. Das Justizministerium kündigte an, gegen das Urteil erneut in Berufung zu gehen.

Für Russland ist das durchaus unangenehm. Doch unabhängig vom Ausgang der juristischen Schlacht: Die tatsächliche Zahlung der Strafe steht in den Sternen. GML-Sprecher Jonathan Hill gab sich zwar gegenüber dem Handelsblatt optimistisch und erklärte, die Bedeutung des Urteils bestehe darin, „dass es klar macht, dass Russland zahlen muss“ und die Aktionäre auch gewillt seien, das Urteil umzusetzen. Doch das dürfte kompliziert werden.

Russland zahlt nicht

Im Kreml ist man nämlich keinesfalls gewillt, zu zahlen. Für Putin ist das in dem Fall eine Frage des Prinzips. Und der russische Präsident hat bereits Vorsorgemaßnahmen getroffen: Anfang des Jahres beschwor er mit seinen angekündigten Verfassungsänderungen international Schlagzeilen hervor.

Was bei dem angekündigten Umbau des russischen Machtapparats etwas in den Hintergrund geriet: Putin will dabei auch die Priorität der russischen Gesetzgebung vor internationalen Verträgen und Urteilssprüchen in die Verfassung schreiben lassen. „Forderungen der internationalen Gesetzgebung und Verträge sowie Entscheidungen internationaler Organe gelten auf russischem Territorium nur dann, wenn sie keine Einschränkungen für die Rechte und Freiheiten der Bürger bedeuten und nicht der Verfassung widersprechen.“ Aus politischen Kreisen in Moskau verlautete bereits hinter vorgehaltener Hand, dass genau solche Urteile als Einmischung in die inneren Angelegenheiten in den Wirkungsbereich der Verfassungsänderungen fallen würden.

Das geht übrigens auch aus Putins Rede selbst zumindest ansatzweise hervor, begründete er doch das Primat der russischen Justiz über internationaler Rechtsprechung damit, dass Russland nur als „souveräner Staat“ überleben könne. Diese Souveränität habe sich Russland unter anderem dadurch zurück erkämpft, dass es die Macht der Oligarchen gebrochen habe, sagte er in dem Zusammenhang.

Noch grübelt die Arbeitsgruppe der Duma über die genauen Formulierungen der einzelnen Verfassungsänderungen. Doch Putin macht Druck. Bereits im Februar sollen die Ergebnisse vorliegen, damit die Duma in der eigentlich entscheidenden zweiten Lesung darüber abstimmen kann.

Bereits im April will der Kreml die neue Verfassung quasi in einem Referendum – das wohl allerdings nicht rechtlich bindend ist – von den Bürgern absegnen lassen. Um die Beteiligung an der Abstimmung zu erhöhen, ist Putin sogar bereit, den Russen einen arbeitsfreien Tag zu spendieren. Das Referendum soll nämlich, soviel ist schon bekannt, unter der Woche und nicht am Wochenende stattfinden.

Damit bleibt den ehemaligen Yukos-Aktionären nur noch die Beschlagnahmung russischen Eigentums im Ausland. Doch das ist langwierig und keinesfalls einfach. Denn Russland gibt natürlich keine Liste seiner ausländischen Aktiva heraus. Zudem liegt der Gesamtwert solcher Liegenschaften geschätzt bei nur einem Zehntel der Klagesumme. Anders sieht es natürlich bei Botschaften aus. Doch diplomatisch genutzten Immobilien sind durch die Wiener Konvention geschützt.

Mehr: Russlands Handelsminister Manturow verspricht Wachstum über Zuwachsraten der Weltwirtschaft.